Frischkäse und Elefantenfüsse

Von Wellenklang

Ich bin kein Grossstadtmensch. Wahrscheinlich war ich das noch nie und ich werde es wohl auch nicht mehr werden. Abgesehen davon das diese ganze HerumReiserei durch die Republik, jede Menge Steuergelder ( auch meine eigenen) verschlingt, ist es unveranwortlich meinem Rücken, der Hüfte und den Füssen gegenüber. Ich habe noch kein Hotelbett erlebt, das nicht durchgelegen oder, frisch ausgetauscht, bretthart war. Die Krönung verkorkster Matrazenkunst folterte meine Rückseite vergangene Woche in Offenbach. Dort war die rechte Doppelbetthälfte durchhängender als jede noch so antike Dschungelbrücke in Australien, so dass die noch intakte bequeme Seite, von oben herab, ruhesuchende Dienstreisende herunterpurtzeln liess. Meine Hüfte mag es nicht, ständig zwischen Beton, Wald – und Schotterpisten beim Joggen wechseln zu müssen, auch die “Berge” hier im Hamburger Alstertal sind nichts für meine minderbemittelte Kondition und meine Füsse meutern ob der täglich auf sie wartenden Ballerinas. Meine Beine sind so geschwollen das sie locker der Elefantendame in Hagenbeck’s Tierpark Konkurrenz machen können. Die Schwüle der Statt lässt zudem meine zarten Finger wurstähnlich anmuten. Lägen sie in der Frischetheke im Supermarkt, wären sie schwer von Wiener Würstchen zu unterscheiden. Zur Wochenhalbzeit, dem Bergfest der Pendler, habe ich deswegen CasualMittwoch gefeiert und zur Bermuda die Turnschuhe im Büro zur Schau getragen. Zum Glück ist im Wetterdienst jeder derart mit sich selbst und seiner Priorität beschäftigt das es nicht auffiel.

Es ist kein Vergnügen allwöchentlich die Idylle der Insel gen rauschendem Krawall verlassen zu müssen. Natürlich ist es bequem jeden Tag das Bett gemacht zu bekommen und nicht staubsaugen zu müssen. Andererseits ist so eine Woche auswärts auch eine echte Belastungsprobe für meinen verwöhnten Magen. Kein frischer Smoothie, sondern der aus dem Kühlregal bei EDEKA, Butter aufs Brot statt Frischkäse und Kaffeesahne statt Milch im Kaffee sind nur wenige der täglichen Hindernisse, die gute Laune zu behalten. Ist fast keinem Hotel ist es möglich, vernünftigen Frischkäse aufs morgendliche Brötchen zu bekommen. Dabei ist guter Frischkäse elementar, um einen Tag nicht perfekt, aber doch ganz gut starten zu können. Da kann das Geschirr im GarniHotel noch so antik, die Löffel noch so silbern sein. Fehlt der Frischkäse ist das definitiv kein Pluspunkt. Und spätestens wenn die geschäftigen Asiaten mit ihrer EssKultour mein Gehör und die Nerven stressen verzichte ich auf liebevoll kredenzte frische Erdbeeren, warme Croissaints u, weil weder Radler noch Fussgänger den gestressten Porschefahrern schnell genug die Kreuzung räumen, damit die Blechlawine sich weiter Richtung Innenstadt wälzen kann.

Wie habe ich es zehn Jahre ausgehalten das diese Stadt immer wieder anders stinkt? Es riecht nicht und es duftet auch nicht- es stinkt! Ein Stadtplan ist nicht nötig, dem Geruch nach lässt sich mit ein bisschen Übung jede UBahnStation und jeder Stadtteil erschnüffeln. Über der Stadt hängt eine Glocke die nach verschwitzten Menschen, nicht gewaschenem Haar, zuviel Parfüm und Schminke, Kaffee, Hefe,dem Takeaway an der Ecke und von schräg gegenüber dem Chinamann riecht. Mit Glück gesellt sich zarter Jasminduft dazwischen.  Und überall qualmt es. Seit dem Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden tummeln sich die Nikotinjünger outside. Wurde das Verbot des Drinnenrauchens zum Schutz der mitrauchenden Nichtraucher erlassen, so sollten sich die Politiker Sorgen machen was derzeit, besonders im Sommer, da draussen in die Luft gepafft wird. Bei einem Spaziergang durchs Schanzenviertel düngt mir, die Abgase wären vermutlich einfacher zu ertragen, rauchte ich mit.  Immer überholt oder bedrängt dich ein Passant der einen Glimmstengel zwischen den Fingern hält.Das pulsierende Schanzenviertel mit dem Sammelsurium der verschiedensten Kuluren. Schmelztiegel der Kunst, der Musik und Genussfreude. Hier einzutauchen und Gaumenfreuden renomierter Fernsehköche zu frönen tröstet über Einiges hinweg. Ein anschliessender Bummel an den Auslagen der bunten Designläden vorbei ist erquickend und belebend. Es tut so gut andere Blickwinkel als den in den H&M Katalog zu bekommen und endlich auch mal in ein Kleidungsstück zu passen, ohne fürchten zu müssen das es bei der ersten unbedachten Bewegung zerreißt.  Eigentlich bin ich kein Grossstadtmensch. Doch wenn die Sonne langsam in der Elbe versinkt, die AIDA zum Abschied laut über den Hafen hupt, die Stadt anfängt sich in der Abenddämmerung zu wiegen und einen leisen Blues anzustiimmen bin ich versöhnt und spüre tief in meinem Innern einen Hauch GrossstadtKind