Friends Of Gas
„Carrara“
(Staatsakt)
Es ist egal, aber. Man kann sich der neuen EP der Münchner Kapelle Friends Of Gas natürlich ganz ohne jedes Vorwissen nähern. Kein Hinweis auf das Debüt „Fatal Schwach“, vor zwei Jahren ebenfalls bei Staatsakt erschienen. Keine Geschichten über Marmor, zerklüftete Steinbrüche, wundes, aufgerissenes Erdreich, Carrara, Italien. Der teils monotone, treibende, teils äußerst reduzierte Sound der gut zwanzigminütigen Songtrilogie steht für sich. Aber er lebt eben auch in den Bildern des dazugehörigen Videos. Und setzt Assoziationen frei, die mit Gelesenem, Gehörten verschmelzen und so ein Eigenleben entwickeln.
Über allem die Notiz zur Platte: „Schneelandschaften werden zu Sturzbächen. Sturzbäche zu Steinbrüchen. Steine zu Wald und Wald zu Edelsteinen. Dann werden Edelsteine zu Wasser und wieder zu Schnee.“ Stoffkreislauf, ohne menschliches Zutun, die Natur macht ihr Ding, ohne uns, sowieso. Und wir? Satzfetzen: „Der kalte Apparat sind wir. Eine überbewertete Maschine. Ein Arrangement angenehmer Gefühle. Ein Leben von guter Qualität.“ Spöttisch klingt das, fatalistisch – nutzloses Kümmern und Mühen überall. Dunkler Bass, Gitarren-Noise, klackende Drums, der alte Lugosi schaut um die Ecke. Kalte Bilder, klirrender Klang, es splittert, es bricht.
Dann diese Stadt, die so viele Gesichter hatte und hat: Stolze Wiege langer, steinerner Tradition, Machtmittelpunkt, Ursprung für so vieles, was an Prunk gebaut wurde und ebenso für das, was Mensch und Maschine vorantrieben. Armut auch, Ausbeutung. Und Blut. Von schlimmen Massakern liest man, von Gewalt, Widerstand, Anarchismus. Dazu scheinbar endlose, hypnotische Takte immer gleich angerissener Seiten im Mittelteil, neblige, lichtdurchflutete Wälder, grobkörnig, verschwommen. Das setzt sich im Kopf zusammen, fügt sich ein, man meint in den verschobenen, gefalteten Gesteinsschichten die Verletzungen gespiegelt zu sehen, die der Mensch dem Menschen zugefügt hat. Die in die Natur eingegraben sind und zutage treten, wenn man gräbt, abschlägt, aufbricht.
Zum Schluß dann noch einmal die ganze, traurige Nutzlosigkeit menschlicher Existenz: „Nicht wissen wollen, was die Welt ist, noch wie sie sein soll. Dazu verurteilt, sich endlos wiederzuspiegeln, verzweifelt vom Müssen erfüllt.“ Wütend ist das jetzt, hohes Tempo, Nina Walser einmal mehr mit ihrer markanten, rostigen Stimme hetzt sie durch Text und Ton. Die Bilder nun als Gegensatz – gelähmte Bewegungen, kalte Kristalle, aufgesetzt, künstlich fast. Zwanzig ungewöhnliche Minuten, typisch einzig für diese Band, die in kein Schema zu pressen ist, sich jeder Kategorisierung entzieht. Produziert hat die EP Olaf O.P.A.L., der gerade erst mit The Düsseldorf Düsterboys einen Coup gelandet hat, die Friends Of Gas werden nach ihrer Tour im Herbst bald wieder ins Studio gehen und für’s kommende Jahr ein weiteres Album aufnehmen. Wir vermuten jetzt schon Großes.
22.11. Hamburg, Molotow
23.11. Berlin, Zukunft am Ostkreuz
24.11. München, Rote Sonne
„Carrara“
(Staatsakt)
Es ist egal, aber. Man kann sich der neuen EP der Münchner Kapelle Friends Of Gas natürlich ganz ohne jedes Vorwissen nähern. Kein Hinweis auf das Debüt „Fatal Schwach“, vor zwei Jahren ebenfalls bei Staatsakt erschienen. Keine Geschichten über Marmor, zerklüftete Steinbrüche, wundes, aufgerissenes Erdreich, Carrara, Italien. Der teils monotone, treibende, teils äußerst reduzierte Sound der gut zwanzigminütigen Songtrilogie steht für sich. Aber er lebt eben auch in den Bildern des dazugehörigen Videos. Und setzt Assoziationen frei, die mit Gelesenem, Gehörten verschmelzen und so ein Eigenleben entwickeln.
Über allem die Notiz zur Platte: „Schneelandschaften werden zu Sturzbächen. Sturzbäche zu Steinbrüchen. Steine zu Wald und Wald zu Edelsteinen. Dann werden Edelsteine zu Wasser und wieder zu Schnee.“ Stoffkreislauf, ohne menschliches Zutun, die Natur macht ihr Ding, ohne uns, sowieso. Und wir? Satzfetzen: „Der kalte Apparat sind wir. Eine überbewertete Maschine. Ein Arrangement angenehmer Gefühle. Ein Leben von guter Qualität.“ Spöttisch klingt das, fatalistisch – nutzloses Kümmern und Mühen überall. Dunkler Bass, Gitarren-Noise, klackende Drums, der alte Lugosi schaut um die Ecke. Kalte Bilder, klirrender Klang, es splittert, es bricht.
Dann diese Stadt, die so viele Gesichter hatte und hat: Stolze Wiege langer, steinerner Tradition, Machtmittelpunkt, Ursprung für so vieles, was an Prunk gebaut wurde und ebenso für das, was Mensch und Maschine vorantrieben. Armut auch, Ausbeutung. Und Blut. Von schlimmen Massakern liest man, von Gewalt, Widerstand, Anarchismus. Dazu scheinbar endlose, hypnotische Takte immer gleich angerissener Seiten im Mittelteil, neblige, lichtdurchflutete Wälder, grobkörnig, verschwommen. Das setzt sich im Kopf zusammen, fügt sich ein, man meint in den verschobenen, gefalteten Gesteinsschichten die Verletzungen gespiegelt zu sehen, die der Mensch dem Menschen zugefügt hat. Die in die Natur eingegraben sind und zutage treten, wenn man gräbt, abschlägt, aufbricht.
Zum Schluß dann noch einmal die ganze, traurige Nutzlosigkeit menschlicher Existenz: „Nicht wissen wollen, was die Welt ist, noch wie sie sein soll. Dazu verurteilt, sich endlos wiederzuspiegeln, verzweifelt vom Müssen erfüllt.“ Wütend ist das jetzt, hohes Tempo, Nina Walser einmal mehr mit ihrer markanten, rostigen Stimme hetzt sie durch Text und Ton. Die Bilder nun als Gegensatz – gelähmte Bewegungen, kalte Kristalle, aufgesetzt, künstlich fast. Zwanzig ungewöhnliche Minuten, typisch einzig für diese Band, die in kein Schema zu pressen ist, sich jeder Kategorisierung entzieht. Produziert hat die EP Olaf O.P.A.L., der gerade erst mit The Düsseldorf Düsterboys einen Coup gelandet hat, die Friends Of Gas werden nach ihrer Tour im Herbst bald wieder ins Studio gehen und für’s kommende Jahr ein weiteres Album aufnehmen. Wir vermuten jetzt schon Großes.
22.11. Hamburg, Molotow
23.11. Berlin, Zukunft am Ostkreuz
24.11. München, Rote Sonne