Vorbemerkung: Während des Kosovokrieges 1999 habe ich mich auf meiner Webseite kritisch mit Medienpropaganda auseinandergesetzt – manches würde man inzwischen schon vergessen haben, hätte man es nicht selbst festgehalten. So fand ich Notizen über eine damals eilends gegründete Initiative “Frauen gegen den Krieg”, deren Forderungen mit “Binden und Windeln für Flüchtlinge” zusammengefasst wurden. Die Frauen “bestätigten” Desinformationen wie Rudolf Scharpings “Hufeisenplan” und sprachen von einem “Männerkrieg” – sie standen ebenso im Dienst derartiger Kriege wie jene Frauen, die 2013 in Österreich für ein reines Berufsheer warben….
Wenn es um Themen wie Krieg und Sicherheitspolitik geht, gibt es kaum qualifizierte Äußerungen von Frauen in Österreich. Dies sah man zuletzt bei der Debatte über das Bundesheer, wo sich zahlreiche Frauen dafür einspannen ließen, ein sogenanntes “Profiheer” zu fordern, das eine Beteiligung an Kampfeinsätzen herbeiführen sollte. Man(n) wollte Frauen suggerieren, dass sie ihren Söhnen doch den “sinnlosen Wehrdienst” ersparen sollten, der auf dem Weg zur Interventionsarmee ebenso hinderlich ist wie das Milizsystem.
Ein negatives Highlight lieferte die rasch gegründete Initiative “Frauen gegen den Krieg”, über deren Pressekonferenz die Webausgabe des “Standard” am 4. Mai 1999 berichtete. Zu den “Frauen gegen den Krieg” gehörte die ehemalige grüne Klubobfrau Madeleine Petrovic, aber auch die Journalistin Eva Rossmann, einst eine der Initiatorinnen des Frauenvolksbegehrens. Relativ früh, nämlich sechs Wochen nach Beginn der NATO-Luftangriffe, fordern die Frauen ein Ende der Bombardierung und sprechen von einem “rechtswidrigen Angriffskrieg”. Petrovic hätte innerhalb der eigenen Partei einiges an Überzeugungsarbeit leisten können, deren Spitze wie üblich das vertritt, was Washington will.
Die Frauen appellierten an das traditionell weibliche Verständnis: Der Krieg “verstärkt die Unmenschlichkeit”, sagte Petrovic, und Rossmann sprach von einem “männlichen Machtkrieg”, unter dem vor allem die Zivilbevölkerung und da wiederum ganz besonders Frauen und Kinder leiden würden. Die insgesamt 36.000 Flugbewegungen richteten sich unterschiedslos gegen die Menschen, die sich gerade dort aufhielten, wo die Bomben der NATO hinfielen. Es war dann von tausenden Toten die Rede, die sich nur zu einem geringeren Teil in militärischen Einrichtungen befanden.
Der “männliche Machtkrieg” wurde seitens der USA jedoch von Aussenministerin Madeleine Albright eingeleitet, während ihr Präsident den Auswirkungen der Lewinsky-Affäre beschäftigt war. Es war Albright, die auch gegen die Bedenken von Generälen in allen Sitzungen für Krieg plädierte. Was ihre willigen deutschen Helfer Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) und Aussenminister Joschka Fischer (Grüne) betrifft, verklärte diese die “Bunte” als Beitrag zur Kriegspropaganda zu neuen sensiblen Männern: “Vielleicht liegt ein Glück darin, daß es besonnene und sensible Männer wie Rudolf Scharping und Joschka Fischer sind, die derzeit die Verantwortung tragen. Männer, die – sie mögen es verzeihen – dem weiblichen Denken näher sind als die meisten ihrer Geschlechtsgenossen.”
Christiane Ampanour von CNN, die Ehefrau von das damaligen US-Stabschef James Rubin, unterstützte Albrights Kriegstreiberei permanent. Dies beschrieb Sonia Mikich, damals Paris-Korrespondentin der ARD, in einem Artikel in der “Emma” (Mai/Juni 1999) bezogen auf Beobachtungen in Rambouillet, wo über den Kosovo verhandelt wurde: “Wie oft konnte ich hören (ein paar Meter von ihrer Kameraposition entfernt), daß nur die Serben mauern, verhindern, blocken. Daß ihr Nein zu der Stationierung von NATO-Truppen im Kosovo das einzige Hindernis zu einer Lösung wäre. Daß ihren neuen Autonomieplänen von vornherein nicht zu trauen sei. Wie Mantras wurden die Ultimaten an Milosevic wiederholt: nicht ohne meine NATO-Schutztruppen.” Mikich spricht von “perfekter Schwarzweißmalerei”, in der alle Zwischentöne untergingen. Etwa, daß alle jugoslawischen Angebote “völlig ignoriert” wurden – unter anderem die Möglichkeit der Stationierung einer internationalen Truppe.
Joschka Fischer zeigte wohl auch seine “sensible Seite”, in dem er eine seiner vielen Ehen während des Kriegs schloss, es nicht deswegen verschob. Jutta Ditfurth, einst Sprecherin der Grünen, bis sie sich nicht dazu zwingen liess, Forderungen wie jene nach dem Austritt Deutschlands aus der NATO aufzugeben, gratulierte ihm via Flugblatt: “Im Kosovo herrsche nicht nur NS-Faschismus, sondern ‘barbarischer Faschismus’, behaupten Sie. Also etwas noch Fürchterlicheres als der industriell organisierte Massenmord der Deutschen an Millionen von Jüdinnen und Juden, SozialistInnen, KommunistInnen, Roma und Sinti und OsteueropäerInnen? Jedes furchtbare Massaker – außer den Nato hat es begangen – nennen Sie ‘Völkermord’…In Deutschland kann nur regieren – und Außeminister werden – wer bereit ist, Krieg zu führen.
Propaganda auf der Frauenschiene
zur Bundesheer-Volksbefragung 2013
Darauf haben Sie sich seit Jahren vorbereitet und eine Partei, die einmal ein emanzipatorisches Projekt war, vollständig auf Ihre persönlichen Interessen zugeschnitten. Der Nato und dem deutschen Kapital konnte nichts Besseres passieren als ein deutscher Außenminister, der mit Resten alternativer Rhetorik einen Teil des vormals kritischen Bürgertums mit Eimern von verlogener Moral in die Kriegszustimmung gleiten läßt.” Ohne Zustimmung der USA hätte es die Grünen nie im Bundestag gegeben, wurde Ditfurth einst wütend an den Kopf geworfen, als sie sich nicht von der CIA anwerben liess (was für sie eine Frage der persönlichen Würde und Integrität ist). Andere nehmen es mit politischer Moral nicht so genau, was übrigens auch für Österreich (und da nicht nur für die Grünen) gilt.
Die österreichische Frauen-Initiative forderte zwar von der Regierung, die NATO-Angriffe zu verurteilen, bediente sich jedoch im selben Atemzug der Desinformationen a la “Hufeisenplan”. Und dies, obwohl es sofort kritische Stimmen gab, als der deutsche Verteidigungsminister behauptete, es gäbe einen serbischen Plan zur ethnischen Säuberung des Kosovo. Die forderten nämlich eine “sofortige Wiederaufnahme politischer Vermittlungen unter Oberhoheit der UNO mit dem Ziel, die Vertreibungen und Ermordungen der Kosovo-AlbanerInnen durch das Regime von Slobodan Milosevic (zu stoppen) und auf ein friedliches Zusammenleben aller Menschen in dieser Region hinzuarbeiten”. Es wurde also als Tatsache hingestellt, was von Anfang an ziemlich selbstgebastelt aussah, gar nicht an die Diktion militärischer Pläne erinnerte und zudem einen kroatischen (“Potkova” für Hufeisen), keinen serbischen Namen (Potkovica) erhielt.
Mit derlei Details hielt sich die Frauen-Plattform jedoch nicht auf, sondern stellte frauenspezifische Forderungen für den Umgang mit Flüchtlingen. So dauerte es Petrovic zu lange, bis auch eine mobile gynäkologischen Ambulanz für jene Frauen zur Verfügung stehen sollte, die über die Grenze nach Albanien fliehen. Außerdem müsse bei der allgemeinen Flüchtlingshilfe an spezifische Bedürfnisse von Frauen gedacht werden – “keine Pakete ohne Binden und Windeln”! Da wäre man(n) vermutlich von selbst nie draufgekommen, davon abgesehen, dass Windeln nicht gerade “frauenspezifisch” sind, besonders für emanzipierte Frauen nicht.
Die “Frauen gegen den Krieg” hielten nicht nur den Hufeisenplan für real, sie glaubten offenbar an Massenvergewaltigungen in früheren Konflikten am Balkan, sodass sie gleich auch “verstärkt professionelle Betreuung von vergewaltigten Frauen und Mädchen” verlangten. Nun gibt es Vergewaltigungen als Begleiterscheinung des Scheiterns von Staaten, als Folge des Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung. Als gezielt eingesetztes Instrument konnten sie jene JournalistInnen nicht verifizieren, die leichtfertig erhobenen Behauptungen nachgingen. Der Fernsehjournalist Martin Lettmayer versuchte im November 1992 herauszufinden, was hinter in Medien berichteten Massenvergewaltigungen steckt.
Was uns via Fernsehen und Zeitungen präsentiert wurde, ist nämlich bloß “unseriöser Journalismus: schlampige Recherche, Informationen vom Hörensagen, aus dritter Hand, ohne Hochrechnungen, psychologische Spekulationen”. Allerdings wollte niemand seinen Film senden, denn: “Wer die Vergewaltigungslager anzweifelte, lief Gefahr, als Vergewaltigungsverharmloser und Serbenfreund verschrien zu werden.” Immerhin konnter er 1994 im Buch “Serbien muß sterbien. Wahrheit und Lüge im jugoslawischen Bürgerkrieg” (Herausgeber: Klaus Bittermann) in einem Beitrag über seine Erfahrungen schreiben. In “Medienmärchen” von Burkhard Müller-Ullrich wird neben Lettmayers Erfahrungen auch beschrieben, wie es einer ARD-Journalistin erging. Sie konnte nur mit Frauen reden, die lebhaft schilderten, wie andere vergewaltigt wurden, die es ihnen angeblich erzählt hatten. In Waisenhäusern, wo bei Massenvergewaltigungen gezeugte Kinder gelandet sein sollen, wurde sie ebenfalls nicht fündig.
Propaganda enttarnt
Und weil die Frauen Berichte über frühere “Massenvergewaltigungen” für bare Münze nehmen wie den “Hufeisenplan”, vermuten sie auch gleich Vergewaltigungen im Kosovokrieg. Zwischen einer Kriegstaktik und einem kriegsbedingten Sicherheitsvakuum, das Täter ausnützen können (durchaus auch in militärischen und Polizeikräften) besteht jedoch ein Unterschied. Mit ein bisschen NATO-Kritik, dem Wiederkäuen von Desinformationen und geradezu lächerlich klingenden Forderungen nach Windeln und Binden (für die es eine Wiener Frauen-Plattform braucht) zeigen diese Frauen, dass Krieg offenbar wirklich “Männersache” ist. Sie wischen die Rolle von Madeleine Albright ebenso beiseite wie die Tatsache, dass man von traditionell männlichen Strukturen und Überzeugungen sprechen kann, diese aber von Frauen wie von Männern unterstützt werden können.
Wie sehr Vorsicht geboten ist, zeigen Falschmeldungen zu den Konflikten in Libyen: “Amnesty konnte keine einzige Geschichte von für Gaddafi kämpfenden ‘afrikanischen Söldnern’ bestätigen, und die hochbrisanten Berichte von internationalen Satellitenfernsehsendern über die Vergewaltigung von Frauen durch afrikanische Söldner, mit denen die Bevölkerung Ostlibyens so in Panik versetzt wurde, dass sie aus ihren Häusern floh, waren erfunden.
Es gab keine bestätigten Berichte von Kampfhubschraubern, die Zivilisten angriffen und keine Kampfjets, die Leute bombardierten, was jegliche Rechtfertigung für die vom UN-unSicherheitsrat beschlossene Flugverbotszone, die als Vorwand für die NATO-Angriffe auf Libyen benutzt wurde, entwertet. Nachdem die Ermittlerin von Amnesty International drei Monate vor Ort in einem von Rebellen kontrollierten Gebiet verbracht hatte, konnte sie nur 110 Tote, zu denen Unterstützer von Gaddafi zählten, in Bengasi bestätigen.
Nur 110 Tote in Bengasi? Moment mal, uns hatte man erzählt, es seien dort Tausende, ja sogar Zehntausend, gestorben. Nein, nur 110 verloren ihr Leben, darunter Unterstützer der Regierung. Keine Vergewaltigungen, keine afrikanischen Söldner, keine Kampfhubschrauber oder Kampfjets, und nur 110 Tote vor dem Beginn der Bombardierung durch NATO-Truppen – alles gründete auf einer Lüge.”