"Alle Welt redet von Nachhaltigkeit. Aber was soll das überhaupt bedeuten? Die Idee einer global gesteuerten Ressourcenbewirtschaftung ist utopisch und im Kern totalitär", schreibt Dirk Maxeiner in einem bemerkenswerten Essay in der "Welt", der den großen Umbauplan des Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung unter dem schönen Namen "Welt im Wandel" als Fortsetzung der Wortungetüm-Scharlatanerie mit den Mitteln des Umweltblabla enttarnt. Bei dem "Gesellschaftsvertrag für eine große Transformation" (Beirat), der das Ende des "fossilen industriellen Metabolismus" und den "Übergang zur Nachhaltigkeit" predigt, entdeckt Maxeiner das obrigkeitsstaatliche Erziehungsprinzip des "Wir wissen, was für Euch gut ist".
Der Beirat unter Vorsitz von Hans Joachim Schellnhuber, hier bei PPQ immer wieder gern gefeiert für seine biegsamen Überflutungsvorhersagen, schlage "Volksentscheide mit Teilnahmepflicht" und "Ombudsleute für die Rechte künftiger Generationen", bemäntele damit aber nur die vollkommene Hohlheit des Begriffes, der als "nicht zuletzt Fantasie" beschrieben werde. "Mit den verschiedenen Erläuterungen des Begriffs könnte man eine ganze Dussmann-Filiale füllen", schreibt Maxeiner, "was aber auch nicht schlauer machen würde, denn es handelt sich unisono um schwere Kopfgeburten, in denen eine gefühlte Elite dem dummen Volk das Denken abnimmt".
Er verweist auf die gleichermaßen schwammige Definition der Brundtland-Kommission der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1987. Danach sei eine Entwicklung nachhaltig, wenn sie "die Bedürfnisse der gegenwärtig lebenden Menschen befriedigt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen infrage zu stellen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen".
Doch wer bestimme, welche Bedürfnisse diese Vorgabe erfüllen? Ist eine vollwertige Mahlzeit pro Tag okay? Oder drei? Darf es auch eine Wohnung sein, Altbau oder Platte? Steht uns ein Urlaub zu, womöglich gar mit dem Flugzeug? Und wer entscheidet das? Vielleicht ein wissenschaftlicher Beirat für globale Umweltfragen? Nein, befindet Dirk Maxeiner. Es gehe um etwas ganz anderes. "Nachdem die Arbeiterschaft und die Dritte Welt sich selbstständig gemacht haben und als Mündel ausfallen, verschafft die Nachhaltigkeit Weltbeglückern die Chance, sich zum Sprecher des Klimas zu machen oder noch besser künftiger Generationen."
Wer nicht da ist, kann nicht protestieren, wenn jemand vorgibt, für ihn zu reden. Entmündigt werde die heutige Generation, "denn ihr wird eine eigene Entscheidung, ihr Leben selbstverantwortlich zu führen, abgenommen" - eine Regel, die auch für künftige Generationen weitergilt, wennes nach den Regierungen geht. So hat der Bundestag kommenden Bundestag per Gesetz das Recht genommen, neue Schulden nach eigenem Dafürhalten aufzunehmen. Eine heutige Politikergeneration beschneidet damit künftigen Politikergenerationen, was sie sich selbst als Grundrecht nimmt. Das Budgetrecht.
So, scheibt Maxeiner, "maßt sich derjenige, der im angeblichen Interesse künftiger Generationen Forderungen erhebt, an, für ebenjene Generationen sprechen zu können". Nicht gesagt werde natürlich, welche Zukünfte eigentlich gemeint seien. Die Generationen in 50 Jahren, in 100 Jahren, in 1000 Jahren oder in 100 Millionen Jahren? "Was hätte ein Wissenschaftler Ende des 19. Jahrhunderts zu unserem heutigen Wohle empfohlen? Nachhaltige Pferdekutschen? Nachhaltige Ritterburgen (Bild oben)? Petroleumlampen? Raddampfer? "
Das Fazit zeigt die Gegenwart als Blitzlichtfotom, eine Welt, unter dem Banner des Fortschritts unterwegs auf dem Weg in Erstarrung, Konservierung und Beharrung. "Anstatt die Zukunft als ergebnisoffenes Entdeckungsverfahren zu sehen, wird die Idee einer besseren Welt nach Plan wieder salonfähig", findet Dirk Maxeiner. Nachhaltigkeit ist die passende Täuschungsphrase dazu: "An die Stelle des tastenden Fortschritts durch Irrtum und Versuch soll eine global gesteuerte Ressourcenbewirtschaftung treten. Sie soll im Hinblick auf einen hypothetischen paradiesischen Endzustand erfolgen. Eine solche Idee ist utopisch und im Kern totalitär."
Zum Maxeiner Text geht es hier: Die Welt gehört den Lebenden