Nie dann, wenn einer danach fragt, und schon gar nicht von dort, woher man sie sich nähern hört. Die Ostdeutschen, die in der Bundesliga derzeit 26 von 250 Profis stellen, müssen im Westen, der sich immer selbst genügt hat, keine Leitungspositionen und Führungskaderstellen erobern. Weil der Westen, wie er war, heute schon nicht mehr existiert. Zwei Jahrzehnte nach der Einheit stecken die obrigkeitsstaatlichen Gene der DDR tief im Knochenmark der sich aus eigener Erinnerung immer noch freiheitlich und liberal dünkenden Gesellschaft. Ganz ohne Anleitung durch gelernte Ossis ist es der Mehrheitsgesellschaft des Westens gelungen, sich in eine Art Wohlfühl-DDR zu verwandeln: Es gibt Denkverbote und Sprechtabus, Strafen ohne Tat und Symbolhandlungen ohne Sinn, die Jahre vergehen im Vorbeirattern von Gedenktagen, im abfeiern immergleicher Rituale zwischen ADAC-Tunneltest und -Raststättenprüfung, Vogel der Woche und Unesco-Welterbestätte des Monats.
Der Osten ist längst überall, allerdings kann das nur erkennen, wer die Original-DDR erlebt hat: So vieles gleicht sich so sehr und das immer mehr. Ostdeutsch zu sein heißt vielleicht auch deshalb nicht, Angehöriger eines eigenen Volksstammes zu sein, wie ein westdeutsches Gericht kürzlich entschied. "Im Osten ist der Niedriglohnsektor doppelt so groß wie im Westen und die Billiglöhne sind deutlich geringer: 4,86 Euro pro Stunde im Schnitt im Osten, fast sieben Euro im Westen", rechnet das SZ-Magazin vor, "im Osten ist der Anteil der Hartz-IV-Aufstocker, deren Lohn nicht zum Leben reicht, mehr als doppelt so hoch und die Jugendarbeitslosigkeit fast doppelt so hoch wie im Westen. Dort besitzen die Menschen dafür mehr als dreimal so viel Vermögen wie im Osten." Die beiden Autoren sind Westdeutsche, nur die Illustrationen zum SZ-Sonderheft Ost durfte ausnahmsweise mal ein Grafikbüro liefern, dessen Gründer aus der DDR stammen.