[Freitagsrezi] Tausend strahlende Sonnen

Wer mehr von einem Roman erwartet als leichte Unterhaltung, der ist mit der Geschichte über das Leben zweier afghanischer Frauen gut beraten. Allerdings: Schwere Kost, die man ohne große Unterbrechungen lesen sollte.

[Freitagsrezi] Tausend strahlende Sonnen

Khaled Hosseinis Tausend strahlende Sonnen erzählt in vier Teilen, wie Frauen in Afghanistan leben und leiden. Im Fokus stehen die beiden Frauen Mariam und Laila. Im ersten Teil lernt der Leser Mariam kennen, die während der 60er in ärmlichen Verhältnissen als uneheliches Kind aufwächst. Ihre Kindheit endet schockierend und abrupt, ihr Leben als verheiratete Frau ist geprägt von Leid und dem Aushalten dessen.

Der zweite Teil erzählt von Laila, die in Kabul geboren wird und in gut situierten, nicht reichen aber angenehmen Verhältnissen groß wird. Der ständige Krieg in Afghanistan überschattet diese Kindheit in den 80ern, dennoch ist sie ein kluges und fröhliches Mädchen. Doch auch sie erfährt einen schrecklichen Schicksalsschlag. Dieser führt die beiden Frauen zusammen. Der dritte Teil zeigt dann ihr gemeinsames Leben. Ich möchte hier aber wirklich nichts vorwegnehmen, um die Eindringlichkeit des Buches nicht zu schmälern.

Schade ist, dass die Jahre, die sich mit Laila beschäftigen, in der Erzählung von Mariams Leben einfach ausgelassen werden. Es ist fast so als ende Mariams Geschichte mit der Geburt von Laila, um dann plötzlich wieder aufzutauchen, allerdings mit kaum Informationen über die vergangenen Jahre. Im Endeffekt nimmt das der eindringlichen Erzählung nichts und ich denke auch nicht, dass dem Leser wirklich etwas fehlt. Aber interessant wäre es trotzdem gewesen.

Die Sprache ist nüchtern, wenig ausgeschmückt und klar. Anfangs hat mich das angesichts der Tragik und Traurigkeit der Ereignisse irritiert. Im Laufe des Buches, das mir immer wieder Tränen in die Augen getrieben hat, war ich froh um die nüchternen Beschreibungen, die mich wenigstens vor den ganz großen Schluchzern bewahrten.

Obwohl man natürlich vorrangig eine fiktive Geschichte liest, kommt man nicht umhin, gleichzeitig in die Geschichte eines Landes einzutauchen. Man lernt viel über den Krieg, die Politik, die Angst und die Flüchtlinge in Afghanistan. Man lernt eine Welt kennen, die man aus den Nachrichten kennt, aber endlich bekommt man den Hauch einer Ahnung, was diese widrigen Umstände für die Menschen bedeuten.

Dazu kommt, und das erschüttert mich als LeserIN besonders, die unglaubliche Rolle, die der Frau in der Gesellschaft unter den unterschiedlichen Regimen zu Teil wird. Für mich unvorstellbar! Erniedrigend, entwürdigend, brutal. All das führt Tausend strahlende Sonnen einem vor Augen. Schonungslos. Und das in diesem verstörend neutralen Erzählton. Es ist fesselnd, berührend, traurig, unfassbar. Ich bin der Meinung, dieses Buch ist eine sehr wertvolle Lektüre - und das meine ich so ganz ohne Belehrung oder erhobenen Zeigefinger. Einfach lesen, dann wisst ihr, was ich meine.

[Freitagsrezi] Tausend strahlende Sonnen

Der Autor Khaled Hosseini lebt zwar selber nicht mehr in Afghanistan, hat dort aber eine Stiftung gegründet. Die Khaled Hosseini Foundation ist eine non-profit Organisation, die Projekte in Afghanistan fördert, die dazu dienen, Flüchtlingen Unterschlupf zu bieten, humanitäre Unterstützung zu gewährleisten und Frauen und Kindern den Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung zu bieten. Und obwohl er natürlich in erster Linie Autor ist, tragen seine Romane stark dazu bei, die Aufmerksamkeit auf eben diese Missstände zu lenken, die er mit seiner Stiftung im realen Leben zu bekämpfen versucht.

In einem Interview sagte Khaled Hosseini dazu: „Das Vertraute und Persönliche hat sich unentwirrbar mit dem Allgemeinen und Historischen verwebt. Und so wurde der Aufruhr in Afghanistan und die quälende Geschichte des Landes zu mehr als bloßer Kulisse. Allmählich wurde Afghanistan selbst - genauer, Kabul - eine Figur in diesem Roman [...]. Dabei ging es einfach um das Geschichtenerzählen und nicht um eine soziale Verantwortung, die Leser über mein Heimatland zu informieren. Trotzdem bin ich dankbar, wenn die Leser Tausend strahlende Sonnen zuklappen mit dem Gefühl, einerseits eine Geschichte gelesen zu haben, die ihnen gefällt, und andererseits einen etwas größeren Einblick erhalten und eine etwas persönlichere Beziehung zu dem aufgebaut haben, was in Afghanistan in den letzten dreißig Jahren passiert ist."

Und ich denke, so ist es. Wie seht ihr das? Habt ihr Tausend strahlende Sonnen gelesen? Oder interessiert euch sowas gar nicht? [Freitagsrezi] Tausend strahlende Sonnen

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