Freitagnacht in der Diskothek: 10 Profiboxkämpfe incl. einer dicken Überraschung und einer Beinahetragödie

Nun bin ich schon zum zweiten Mal nach Essen gefahren, um dort in die Diskothek Essence zu gehen. Nicht die Musik und die Go-Go-Tänzerinnen lockten mich, die dort immer zu finden sind, sondern 10 Profiboxkämpfe der zweiten M.A.S. Fight Night. Wie sonst auch bei einer richtigen Nacht in einer Diskothek, wurde der Abend mit zunehmender Dauer immer heißer und interessanter – sogar richtig dramatisch.
Es begann mit einem Amateurkampf, sozusagen als Aufwärmer. Es folgten vier Profikämpfe, die alle sehr kurzrundig waren. Im ersten von ihnen trafen im Halbweltergewicht Rotjar Bilgetekin und Mahir Celik aufeinander. Die Begegnung wirkte etwas seltsam. Bilgetekin begann verhalten, um nicht zu sagen passiv. Celik, der aufgrund seines Alters eigentlich der erfahrenere Mann hätte sein sollen, war aktiver und startete immer wieder kleinere Aktionen, die aber keine Wirkung erzielten. Dann plötzlich wurde Bilgetekin aktiver. Er traf mit einem Körperhaken und sein Gegenüber ging zu Boden. Er kam dann zwar wieder hoch, aber bereits die nächste Aktion zwang ihn wieder zu Boden. Der Ringrichter hatte genug gesehen und brach den Kampf ab. Sieger durch TKO in Runde 1 nach 2:16 Minuten: Rotjar Bilgetekin.
Der folgende Kampf war nur unerheblich länger. Im Mittelgewicht traten Kasimir Gashi und Azad Dogan gegeneinander an. Gashi der aufreizend lässig ohne Deckung boxte, studierte seinen Gegner am Anfang in Ruhe. Er wirkte sehr überlegen und abgeklärt. Dogan suchte sein Heil in Überfällen, die Gashi locker auspendelte. Dann, ohne Vorbereitung, schlug Gashi eine wunderschöne Rechte zur Schläfe, die Dogan dann auch fällte. Dogan wurde mit dem Rücken auf dem Boden liegend ausgezählt. Sieger durch KO in Runde 1, nach 2:29 Minuten: Kasimir Gashi.
Hiernach kam ein kleiner Showact mit Sprechgesang und dann der Auftritt von Granit Shala (6 Kämpfe, 6 Siege, 6 durch KO). Das passte, denn Shala ist ein Boxer, der seinen Fans eine Show bietet. Allein schon sein Einmarsch ist immer sehenswert. Er traf im Leichtgewicht auf Yilmaz Carder. Shala deckte seinen Gegner von Anfang an mit Schlagkombinationen ein. Immer wieder ging er zum Körper, um die Deckung herunter zu ziehen. Dann stellte er Carder in dessen Ecke und ließ ihn nicht mehr heraus. Ein rechter Kopfhaken zwang Carder zu Boden. Er kam nicht mehr rechtzeitig hoch und wurde ausgezählt. KO Sieg in Runde 1, nach 1:21 Minuten: Granit Shala.
Der vierte Kampf war der kürzeste des Abends. Der Super Mittelgewichtler René Oeffner (3 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO)traf auf Pierre Kerstan (6 Kämpfe, 6 Niederlagen, 5 durch KO). Oeffner erzielte bereits mit seiner ersten Aktion Wirkung. Eine linke Grade zum Kopf, dann eine linke Grade zum Körper, die nächste linke Grade zum Kopf – und das war auch schon das Ende des Kampfes. Die folgenden zwei, drei Haken zum Kopf des Torkelnden waren dann nur noch Makulatur. Kerstan ging zu Boden und wurde ausgezählt. Sieger durch KO in Runde 1, nach 38 Sekunden René Oeffner.
Dann folgte der einzige Frauboxkampf des Abends. Im Leichtgewicht standen sich Beke Bas, die ihr Profidebüt gab, und Cagla Acar (4 Kämpfe, 4 Niederlagen, 1 durch KO) gegenüber. Um es gleich vorweg zu sagen, der Kampf den beiden Frauen war, in meinen Augen, regelrecht eine Werbung fürs Frauenboxen. Bas, die kleiner ist als ihre Gegnerin, war die aggressivere Boxerin. Sie ging vier Runden nach vorne. Acar, die vom Kickboxen kommt, hielt dagegen. Immer wieder kam es zum Schlagabtausch, wobei meist Bas die Oberhand behielt. Aber sie musste auch einige Schläge einstecken, weil Acar bis zur letzten Sekunde mitkämpfte. Punktsiegerin nach 4 Runden: Beke Bas.
Im nächsten Kampf traten Super Mittelgewicht David Sardic (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO)und Cemal Gülsen (3 Kämpfe, 1 Sieg, 2 Niederlagen, 2 durch KO) gegeneinander an. Sardic, der größere von beiden, boxte schön lang. Gülsen suchte den Erfolg mit Schwingern zu erzwingen, die aber ihr Ziel nicht fanden. Sardic verteilte seine Schläge gut. In der zweiten Runde deckte Sardic seinen Gegner mit Körperhaken ein, die ihn zweimal zu Boden zwangen. Der Trainer warf das Handtuch, um seinen Schützling vor Schlimmerem zu bewahren. Sieger durch TKO in Runde 2, nach 40 Sekunden: David Sardic.
Mohamed Bekdasch (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO)bestritt seinen zweiten Profikampf. Er trat im Cruisergewicht gegen den schlaksigen Timur Octatürk an. Bekdasch dominierte die erste Runde mit seinen Graden, die er durch die Mitte zum Kopf schlug. Jedoch war er nach diesen Aktionen offen und nahm deshalb auch immer wieder die Konter von Octatürk. Bekdasch erhöhte in der folgenden Runde den Druck. Er kam mit zwei Körperhaken durch, die seinen Gegner in Schwierigkeiten brachten. Bekdasch setzte nach und drängte ihn an die Seile. Octatürk versuchte auszuweichen, fand sich aber nur in der neutralen Ecke wieder wo ihn Bekdasch nicht mehr herausließ. Nachdem Octatürk dort geschätzte zwei dutzend Schläge genommen hatte, während er selber keinen einzigen Schlag versucht hatte, nahm der Ringrichter ihn aus dem Kampf. Octatürk und seine Ecke beschwerten sich dann über diese Entscheidung, aber sie war absolut regelkonform und daher korrekt. Sieger durch TKO in Runde 2, nach 1:59 Minuten: Mohamed Bekdasch.
Der folgende achte Kampf, sollte einer der Höhepunkte des Abends werden. In ihm trafen Nawid Hakimsadeh (6 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO)und Ziya Koklap, der sein Profidebüt gab, aufeinander. Was auf dem Papier wie eine einfache Sache für Hakimsadeh aussah, entwickelte sich zu einer geradezu epischen Ringschlacht. Was die beiden Krieger, denn es war ein Krieg, den die beiden ausfochten, zeigten, war einer der besten Vierrunder, die ich je gesehen habe.
Von der ersten bis zur letzten Sekunde suchte Hakimsadeh den KO-Erfolg. Er griff seinen Gegner nahezu ununterbrochen an. Der aber fightetet mit. Hakimsadeh war der klar bessere Boxer, aber er ging immer und immer wieder relativ offen in den Schlagabtausch. Zwar behielt er dabei so gut wie immer die Oberhand, aber er musste auch viele sehr harte Kopftreffer nehmen, die ihr Ziel durch die Deckung von Hakimsadeh fanden. In der dritten Runde wurde ihm ein Punkt abgezogen, weil er seit der zweiten Runde viermal seinen Mundschutz verloren hatte. Der unglaublich intensiv geführte Kampf endete mit einem klaren und eindeutigen Punktsieg für Nawid Hakimsadeh.
Nach dem Kampf verzögerte sich dann der Fortgang der Veranstaltung. Hakimsadeh war in seiner Kabine zusammengebrochen. Es wurde kolportiert, er habe hyperventiliert. Andere behaupteten, er habe gekrampft. Die am Ring sitzenden Rettungssanitäter, die sofort reagierten, schafften ihn jedenfalls mit dem vor der Halle stehenden Krankenwagen in ein Krankenhaus. Hakimsadehs Trainer Youssef Ramadan teilte später via Facebook mit, es ginge ihm inzwischen besser. Hakimsadeh ist wohl noch immer im Krankenhaus. Für seinen großartigen Kampf zahlt er einen hohen Preis. Wir können nur hoffen, dass Hakimsadeh vollständig genesen wird.
Im vorletzte Kampf des Abends maßen im Super Mittelgewicht Tiran Metz alias Tiran Mkrtschjan (16 Kämpfe, 11 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage, 4 Unentschieden)und Moris Markowitsch (3 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) ihre Kräfte. Der Kampf ging über die angesetzten vier Runden und war relativ knapp. Metz war zwar der bessere Boxer, aber Markowitsch hatte auch seine Momente. Er bekam in der zweiten Runde einen Cut im Haaransatz, der aber den Kampfverlauf nicht beeinflusste. Am Ende des hart geführten Kampfes gab es einen Sieger nach Punkten: Tiran Mkrtschjan.
Im Hauptkampf kämpften schließlich Christian Pawlak (30 Kämpfe, 21 Siege, 12 durch KO, 8 Niederlagen. 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Yesilat Berkta (20 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO, 17 Niederlagen, 7 durch KO) im Super Mittelgewicht gegeneinander. Hier erlebte das Publikum nun eine faustdicke Überraschung. Irgendwann nach nicht einmal einer Minute stand Pawlak an den Ringseilen und kam nicht mehr weg. Offensichtlich hatte der krasse Außenseiter Berkta ihn hart getroffen – ein Schlag, den ich aber nicht so gesehen habe. Pawlak jedenfalls stand in den Seilen und kam einfach nicht mehr weg. Er versuchte zwar durch Wegschupsen des Gegners noch mal raus zu kommen, aber Berkta machte seine Sache gut. Schlagkombination auf Schlagkombination prasselte auf Pawlak ein. Da konnte die Ecke von Pawlak noch so laut schreien, er kam einfach von den Seilen nicht weg. Mittlerweile hatte sich unter seiner rechten Braue auch ein tiefer Cut geöffnete, der stark blutete. Immer weniger Gegenwehr konnte er leisten. Als er dann in der neutralen Ecke gestellt wurde und nur noch nahm, ging der Ringrichter schließlich dazwischen. Er zählte ihn im Stehen an. Dann rief er den Ringarzt, der sich die Platzwunde ansah und zum Abbruch riet. Der Ringrichter beendete den Kampf. Sieger durch TKO in Runde 1, nach 1:50 Minute: Yesilat Berkta.
Diskothek Essence ist ein guter Ort für Profiboxen, und M.A.S. Boxpromotion hat eine wirklich gute Veranstaltung auf die Beine gestellt. Es waren Talente zu sehen, denen eventuell die Zukunft gehört. Es wurden gute, sehr gute und sogar richtig dramatische Kämpfe geboten – und das ist schließlich mehr, als man von den meisten Veranstaltungen sagen kann. Es bleibt nur noch zu hoffen, dass Nawid Hakimsadeh als gesunder Mann das Krankenhaus wieder verlassen kann.
© Uwe Betker



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