Freitagabend, am 23 Mai 2014, fand in der Diskothek Essence, mitten in der Fußgängerzone von Essen, ein wirklich guter Boxabend statt; Veranstalter war Timor Khalil und der Mas Fight Club. Wer nicht da war, hat wirklich etwas verpasst. Schon die Umgebung bot etwas: Ein Ring in einer Disco, zwischen zwei Bars, mit mehreren Zuschauerebenen und Außenbereichen ist schon etwas Außergewöhnliches. Was aber die Veranstaltung zu etwas wirklich Besonderem machte, war das Boxen.
Es gab nicht nur verschiedene Amateurkämpfe, sondern zusätzlich vier wirklich gute Profikämpfe zu sehen.
Den ersten bestritten Renato Blitz (Renato Stojanovic) und Sascha Brinkmann im Schwergewicht. Beide gaben ihr Profidebüt. Blitz startete gut. Er boxte schön an. Immer wieder punktete er mit seiner linken Graden zum Körper. Im Verlauf der ersten Runde kam er immer häufiger mit seiner Linken auch zum Kopf durch. Brinkmann schien beeindruckt zu sein, trotzdem trug er seinem Gegner immer wieder aufs Neue den Kampf an. Blitz war eindeutig der bessere Boxer. Auch die zweite Runde dominierte er mit seiner Linken. Und bis ungefähr zur Mitte der dritten Runde, sah es so aus, als ob die Zuschauer eine kurzweilige Lehrstunde über den Gebrauch des Jabs bekommen würden. Dann passierte das Unerwartete. Blitz lief in eine Rechte zum Kopf von Brinkmann und ging zu Boden. Der Schlag war nicht besonders hart, aber Blitz hatte sich beim Runtergehen die linke Schulter verletzt. Er kam wieder hoch, aber konnte praktisch seine Linke nicht mehr verwenden. Den Rest der Runde jabte er mit seiner Rechten, verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung und klammerte. Der vierte Durchgang war hart umkämpft, aber trotz faktischer Einarmigkeit landete Blitz mehr Treffer. Am Ende des großen Kampfes bekam Blitz den verdienten Punktsieg zugesprochen.
Im folgenden Kampf trafen Leon Harth (8 Kämpfe, 8 Siege, 5 durch KO) und
Emre Altintas (14 Kämpfe, 10 Siege, 6 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden) im Cruisergewicht aufeinander. Altintas boxte lang und grade von außen und versuchte seinen Gegner auf Distanz zu halten. Harth (Levon Hakobyan), der kleinere Mann, musste versuchen, die Distanz zu überwinden, was ihm im ersten Durchgang aber schwer fiel. Die zweite Runde wurde verbissen und hart geführt. Harth kam jetzt besser mit Altintas zurecht und erwischte ihn häufiger. Kaum aber glaubte man, Harth hätte das Kommando übernommen, kam Altintas zurück. Zum Ende der Runde schien Altintas Konditionsprobleme zu bekommen und er verlor seinen Mundschutz. Harth setzte nach und versuchte über Körpertreffer zum Sieg zu kommen. Zur dritten Runde trat Altintas nicht mehr an, weil er sich glaubhaft die linke Hand verletzt hatte.
Der dritte Profikampf des Abends war geradezu sensationell. In ihm trafen Jama Saidi (6 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO) und Uesame Bozkurt (4 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlagen) im Mittelgewicht aufeinander. Acht Runden lang rangen zwei Gladiatoren miteinander. Der Kampf wogte hin und her. Zwar war Saidi der besser Boxer, aber er erhielt kaum eine Möglichkeit, dies auch zu zeigen, weil Bozkurt nahezu ununterbrochen an ihm dran war und ihm den Schlagabtausch aufzwang. Überhaupt war der Kampf ein einziger hin und her wogender Schlagabtausch. Am Ende gab es von den Zuschauern stehende Ovationen für beide Boxer und einen knappen aber verdienten Punktsieg (78:76) für Saidi.
Im vierten und letzten Kampf trafen Tiran Metz (13 Kämpfe, 8 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage, 4 Unentschieden) und Dursan Barkta (12 Kämpfe, 1 Sieg, 11 Niederlagen, 6 durch KO) im Supermittelgewicht aufeinander. Um es gleich zu sagen, Tiran Mkrtschjan war der bessere Boxer. Acht Runden lang demonstrierte er, dass eine gute boxerische Schule über Kraft und Willen siegt. Sein Gegner, der mit dem lustigen Kampfnamen Eisen Faust, kommt offensichtlich vom Kick- oder Thaiboxen. Er schlug viele Haken, nur ganz selten eine Grade und traf selten. Metz boxte ihn clever und überlegt aus. Nur selten ließ er sich auf einen Schlagabtausch ein. Am Ende der acht Runden stand ein mehr als deutlicher Punktsieg für Metz (80:71).
© Uwe Betker