Freiheit macht durstig

Erstellt am 2. März 2012 von Ppq @ppqblog
Es gibt sie nur hier, schwärmte eine PPQ-Schreibstubenreportage schon vor Jahren über die Freitrinker-Bewegung, die sich ganz im Sinne des neuen Bundespräsidenten Joachim Gauck an der Straße der Gewalt zusammengefunden hatte, das eigene Unglück anzunehmen und den Becher tagtäglich bis zur Neige auszutrinken. Hallunken, Halloren und Hallodris sitzen in Parks und auf Plätzen und demonstrieren den Mächtigen mit halbgehebelter Bierflasche die ganze Verachtung, die ein Proletarier den Bütteln des System entgegenbringt. Anfangs versuchten Ordnungsamt und Stadtverwaltung die neue Spezies zu bekämpfen, die sich von Flaschenbier und Billigfusel ernährt. Platzverbote wurden erteilt, Repressalien angedroht, ganze Innenstadtbereiche sollten trockengelegt werden, um die im Gedenken an die kurz vor Abbruch des Sozialismus von Erich Honecker selbst ins Leben gerufene Freidenker-Bewegung plakativ "Freitrinker" genannten neuen Widerstandskämpfer zu stoppen.
Doch vergebens. Jetzt denkt die Verwaltung um, kneifen die Mächtigen vor dem hinhaltenden Widerstand der alkoholisierten Massen. Trinken ist nicht nur wieder erlaubt, nein, inzwischen deutet die Stadtmarketinggesellschaft das öffentliche Trinken zum Standortvorteil um: Mit sogenannten "Herrenhandtaschen" aus Pappe, in denen sich acht Flaschen Bier befinden - also eine gute Halbtagesdosis - werben die Werbeexperten jetzt um die Gunst der Touristen. Bei den Einheimischen kommt die Idee gut an, zumal es zur Flüssignahrung noch eine Trinkhilfe gibt: Ein Säckchen Original-Hallorensalz, langsam im Mund zerlutscht, hilft vor allem noch unerfahrenen und minderjährigen Freitrinkern, je nach Trinkfitness zwischen Flasche vier und fünf oder sechs und sieben, neuen Durst zu entwickeln.