„Freie unabhängige Lübecker“ – auch frei und unabhängig von Fakten!

„Hättest Du geschwiegen, wärest du ein Philosoph geblieben.“ An dieses bekannte Zitat des römischen Schriftstellers, Philosophen und Politikers namens AniciusManlius Severinus Boethius (um 480 – 524) fühlte man sich bei der Lektüre öffentlicher Äußerungen der neuen Bürgerschaftsfraktion “Freie unabhängige Lübecker“ (FUL) an diesem Wochenende erinnert.

Am Samstag, 04. Juni 2011, forderte FUL-Fraktionsvorsitzender Jens-Olaf Teschke medienwirksam die Abschaffung der Aufsichtsräte der stadteigenen Gesellschaften der Hansestadt Lübeck (siehe „HL-Live“, hier). Mag die Verärgerung über die Inkompetenz und ideologische Borniertheit vieler der durch die rot-rot-grüne Bürgerschaftsmehrheit bestimmten Aufsichtsratsmitglieder auch noch so verständlich sein, so zeugt die besagte Forderung Teschkes seinerseits von wenig Sachkenntnis. Das Bestehen eines Aufsichtsrates oder eines entsprechenden Überwachungsorgans ist für Gesellschaften mit kommunaler Beteiligung nämlich durch die Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein (§ 102 Abs. 1 Nr. 3) zwingend vorgeschrieben. Die Stadt könnte daher die vollmundige Forderung der FUL gar nicht erfüllen, selbst wenn sie es wollte!

Damit aber nicht genug: Erst einmal so richtig „in Fahrt“, legte der Vorsitzende der zweiköpfigen FUL-Fraktion gleich nach. Unter der Überschrift „FUL geht gegen Beschlüsse der Bürgerschaft vor“ berichteten die „Lübecker Nachrichten“ in ihrer Sonntagsausgabe, dass die Fraktion bei der Kieler Kommunalaufsicht Beschwerde gegen Beschlüsse der Bürgerschaft eingelegt habe.  Im einzelnen geht es um einen Beschluss des Kommunalparlamentes, die Rechtmäßigkeit der FUL-Gründung überprüfen zu lassen. Undemokratisch sei das, so Jens-Olaf Teschke.  Man mag sich ja trefflich darüber streiten können, ob der entsprechende Beschluss der Bürgerschaftsmehrheit angesichts der bereits erfolgten Prüfung durch die Stadtpräsidentin (und vermutlich des Rechtsamtes) Sinn macht oder nicht. Rechtswidrig ist der Beschluss ganz sicher nicht (unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt auch?). Die Kommunalaufsicht kann aber nur gegen rechtswidrige Beschlüsse der Kommunalvertretung vorgehen (§ 123 Abs. 1 Gemeindeordnung Schleswig-Holstein).

Auch die wohl größere „Herzensangelegenheit“ der neuen Fraktion, nämlich die von der Bürgerschaft beschlossene Neuregelung der Fraktionszuwendungen, dürfte von der Kommunalaufsicht kaum beanstandet werden können. Die nunmehr in die Zuwendungsrichtlinien eingefügte Differenzierung zwischen kleinen, mittleren und großen Fraktionen (mit jeweils unterschiedlicher Zuwendungshöhe) ist juristisch kaum angreifbar, mag auch die Enttäuschung der FUL ob der für sie von ca. 105.000 Euro auf 60.000 Euro „eingedampften“ jährlichen Fraktionszuwendung menschlich verständlich sein. Schon in der Wahlperiode 2003/2008 hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen vergeblich versucht, die Kürzung der Zuwendungen für die „kleinen“ Fraktionen gerichtlich auszuhebeln. Das Verwaltungsgericht Schleswig hatte die entsprechende Klage (an der sich die damals ebenfalls betroffene FDP wegen fehlender Erfolgsaussichten gar nicht erst beteiligt hatte) zurückgewiesen, da der Kommunalvertretung bei der Regelung von Fraktionszuwendungen ein weiter Ermessensspielraum zustehe, der gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbar sei (vgl. VG Schleswig zu Fraktionszuwendungen). Diese Rechtsprechung befindet sich im Einklang mit einer Vielzahl von ähnlichen Entscheidungen anderer Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte. Das OVG Schleswig hatte demzufolge seinerzeit einen Antrag der Grünen auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

All dies ficht den FUL-Fraktionsvorsitzenden indes nicht an. Er will laut LN-Bericht in jedem Fall weiterstreiten und notfalls bis zum Verfassungsgericht ziehen. Don Quichotte lässt grüßen!



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