Freie Fahrt ins Wochenende

Von Frontmotor

Wie der April hat auch der Mai mehrere Gesichter, denke ich, als ich im ICE nach Hause ins Wochenende fahre. Der Frühling ist Erwachen, das blühende pralle Leben. Aber das Erwachen aus dem Winter (dem Tod) hat auch etwas Sakrales, dessen Seite wir an Ostern ausleben. Dementsprechend gemixt ist mein iPod im April. Er reicht von den Bach Passionen über Talks Talk's "Color of Spring" rüber zum pinkfarbenen "A New Flame" von Simply Red. Die allererste Frühlingsphase im März ist bei mir dominiert von Simple Minds Aufnahmen, die irgendwie Aufbruchstimmung transportieren ("Real Life", Street Fighting Years" und "Sparkles in the Rain").

Ich glaube ich muss nicht erklären, warum ich gerade den Frühling mit sehr viel Musik verbinde, die mir die eine oder andere schöne Erinnerungen zurückbringt..


Und auch mein jetziges Leben, in dem ich schon länger lebe, ist mit viel Frühlingsmusik verbunden. Aber hier ist es eher die Hintergrundmusik zur Gartenarbeit am Wochenende. Hier stehen in der Playlist Stücke wie "An einem Tag im Frühling", "Junger Mann im Frühling", "Ein neuer Frühling wird in die Heimat kommen" und natürlich die Mitsingstücke vom "Weißen Rössl" und Peter Alexander ("Frühling in Wien"). Dazu Max Rabe's "Veronika" und Big Band Stücke wie "Bobby back einen Kuchen" und vieles mehr vom RIAS Tanzorchester und Werner Müller.

Ja ich weiß, das klingt voll Nazi. Jedenfalls für Leute, die auch die Architektur des Tempelhofes Flughafens für Naziarchitektur halten. Sie haben es im Fernsehen gesehen oder auf Twitter gelesen oder auf der YouTube Universität gelernt..

Apropos Twitter und Bildung und so: Ich bin -um es mit Herwig Mitteregger zu sagen:- "raus, jetzt steh' ich hier." Wie ich das geschafft habe? Ich hatte eine Meldung über US Flugzeugträger und Iran mit einem Goethezitat kommentiert. Gut, ich hatte es etwas -aber nur etwas- variiert, so das klar wurde auf welche groben Klötze grobe Keile gehören. Aber woher sollen ein abgebrochener arbeitsloser Antifaaktivist und ein Zeitarbeiter im Twitter Löschzentrum wissen, wer Goethe war?

Aber das alles wollte ich gar nicht erzählen. Die gewonnene Zeit nutzte ich gestern dazu, mal wieder die Elbe-Überfahrt mitzubekommen. Denn egal welches Wetter herrscht, das Licht über der Elbe ist immer speziell. Es wirkt immer wie eine gemalte Flusslandschaft. Ich glaube, es ist das umbegradigte Sandufer, das mich das assoziieren lässt. Auch quere ich sie im Zug ja stets bei Sonnenauf- oder Untergang. Vielleicht ist es dann bei jedem Fluss so. Jedenfalls bedauere ich jedesmal, jetzt meine Kamera nicht dabei zu haben. Und mit dem iPhone wird es mehr ein Schnappschuss.

Der Mai beginnt ja schon zwiespältig, jedenfalls für Großstadtbewohner. Man trinkt Maibowle, tanzt um den Maibaum in den Mai. Und am nächsten Tag hofft man, dass man verschont bleibt. Wenn das arbeitsscheue linke Gesinde den Tag der Arbeit (!) begeht. Die Natur bricht aus, üppig blühen jetzt auch die Bäume. Und es ist herrlich, wieder draußen sitzen oder im Garten werkeln zu können.

Oder am Auto. Saugen, pflegen, Füllstände. Ich bin ein Spießer vor dem Herrn, ich kümmere mich um meine Sachen. Die aussterbende Gattung, die Besitz nicht scheut nur weil er mit Verantwortung verbunden ist.

Der Mai ist heuer kühler als der April. Aber immerhin bringt er auch Regen. Und die klimabesorgten Stimmen verstummen plötzlich. So hört man endlich wieder das Summen der Bienen und Brummer.

Nach getaner Arbeit dann den Grill an und Radio. Wenigstens die letzten beiden Spieltage sind nicht zerpflückt sondern finden an einem Tag statt. Fußball-Dauerkonferenz. Die beste Sendung im RBB Inforadio ist die mit Guido Ringel, dem leidenden Herthafan, der seine Verzweiflung so schön verbergen kann. Seit den Zeiten von Kurt Brumme und Co. ist diese Studiobesetzung die beste, die ich kenne.

So fliegt der Samstagnachmittag vorbei. Mein spießiger Samstagnachmittag.

Was wollte ich eigentlich erzählen? Ich hab es vergessen...