Freiburger Forschungsteam stellt natürliche Hartschäume aus Rindenextrakt her

Von Holzi @holztechniker

Für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, die ihre Wände nicht mit umweltbelastenden Schäumen isolieren wollen, gibt es bald eine ökologische Alternative: Hartschäume, die aus Tannin, einem Bestandteil der Holzrinde, gewonnen werden. An deren Herstellung arbeitet das Team um Prof. Dr. Marie-Pierre Laborie am Freiburger Materialforschungs-zentrum und am Institut für Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswirtschaft der Universität Freiburg. Tannin wird aus der Holzrinde extrahiert, die in der Holzindustrie normalerweise als Abfallprodukt übrig bleibt. „So können wir die Rinde wiederverwerten und damit den Nutzwert von Holz steigern“, sagt Ricarda Böhm, Doktorandin in Labories Arbeitsgruppe.

Schäume aus Tannin gibt es schon länger, doch bisher wurde das Tannin aus dem Holz der Mimose und anderen tropischen Pflanzen gewonnen. Böhm und ihr Team versuchen, die gleichen Schäume aus europäischen Hölzern wie Fichte und Kiefer herzustellen. Diese unterscheiden sich in ihrer chemischen Struktur stark von den tropischen Hölzern und gehören zu den wichtigsten Rohstofflieferanten der europäischen Holzindustrie. Böhms Kollege Danny Garcia-Marrero arbeitet an der Synthese der Schäume, die Doktorandin an deren Charakterisierung. Der von ihnen im Labor produzierte Schaum entsteht bei einer chemischen Reaktion und bläst sich von selbst auf. Dazu werden Tannin, Furfuryl-Alkohol, Formaldehyd und ein Lösungsmittel, zum Beispiel Diethylether, zusammengemischt. Formaldehyd dient als Vernetzer, also eine Art Klebstoff zwischen Tannin und Alkohol. „Wir suchen noch nach einem weniger umweltbelastenden Vernetzer natürlichen Ursprungs, der das Formaldehyd in Zukunft ersetzen soll“, sagt Böhm. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen, wenn möglich, nur natürliche Rohstoffe verwenden, idealerweise Abfallprodukte, die nicht extra für die Forschung hergestellt werden müssen. Das Aldehyd Furfural, das unter anderem aus Sägespänen gewonnen wird, bietet sich zum Beispiel an. Ebenso setzen Böhm und ihre Kolleginnen und Kollegen natürliche Zusätze – so genannte Additive – ein, die verhindern, dass der Schaum zu sehr bröselt. Werden die Schäume außerdem mit Nanozellulose modifiziert, verbessert dies ihre mechanische Stabilität.

Da die Schäume gut isolierende und feuerresistente Eigenschaften haben, sollen sie in erster Linie als Isolier- und Dämmstoffe im Hausbau und für Autoformteile genutzt werden. Schäume aus Tannin dichten genauso gut ab wie zum Beispiel Polyurethanschäume, beinhalten jedoch keine giftigen Isocyanate. „Ziel ist es, unsere umweltfreundlichen Schäume als Alternative zu herkömmlichen Schäumen am Markt zu etablieren“, sagt Böhm. Wenn sie nicht mehr brauchbar sind, werden sie zu Synthesegas umgesetzt. Die frei gewordene Bioenergie kann beispielsweise dazu dienen, eine Wasserturbine anzutreiben. Das Team hofft zudem, dass die Schäume eines Tages als Katalysatoren oder Filter für Schwermetalle genutzt werden sowie Stoffe wie Styropor als Schutz- und Verpackungsmaterial ersetzen.

Marie-Pierre Laborie koordiniert das von der Europäischen Union finanzierte, seit Februar 2012 laufende Projekt „Biofoambark“, das sie selbst gestartet hat. Neben der Universität Freiburg sind das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme sowie wissenschaftliche Partner und Firmen aus Italien, Spanien, Finnland, Slowenien und Frankreich daran beteiligt.