Ich habe mich an selbstgemachte Fregola Sarda gewagt, diese kleinen gerösteten italienischen Pasta-Kügelchen die so klingen, als würde das Mailänder Skala-Orchester in Vollbesetzung zur musikalischen Tat schreiten. Für einen Menschen mit eingeschränktem Verständnis für Teig-Herstellung (also für mich) ist das mit den Kügelchen ein großes Abenteuer. Aber die kleinen Dinger, von denen ich bis vor Kurzem noch nix gehört hatte, gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Dazu wollte ich gern Belper Knolle kombinieren, die ist mir nun auch schon ein paarmal virtuell begegnet und hat meine Neugier geweckt. Zum einen würde ich ja jeden Schweizer Käse blind kaufen, die schmecken alle super, denn die Eidgenossen können das einfach. Zum anderen finde ich großartig, dass dieser getrocknete und gewürzte Käse aussieht wie eine wunderschöne Riesen-Trüffel, aber einen Namen trägt, der auch Brandenburgischen Ackerfrüchten zur Ehre gereichen würde. Der Geschmack führt dann wieder in ganz andere Gefilde, sagen wir mal, zur Knoblauch-Ernte nach Madagaskar. Ich habe die tolle Knolle jedenfalls tatsächlich gefunden, im tiefsten Neukölln in einem Käselager mit Kunst-Galerie und Kneipe.
Und hier stammen meine Inspirationen und die Fregola-Rezepte her:
Die Belper Knolle begegnete mir erst bei Robert von lamiacucina in Kombination mit Lauchtagliatelle und geräuchertem Alpen-Stör und dann bei Andy von lieberlecker zusammen mit einer Kresse-Schaumsuppe. Beiden lieben Dank für die Inspiration und Andy lieben Dank für den Hinweis auf die Berliner Bezugs-Adressen! Ich hätte ja sonst nie im Leben Erfolg gehabt bei der Suche.
Auf die Fregola Sarda bin ich zum ersten Mal auf Sybilles tomatenblüte-Blog in Kombination mit Erbsen gestoßen, dann wiederum bei Robert als Ribeli mit Rüebli. In beiden Fällen großartigerweise selbst gedreht. Auch mittagbeimuttis Uda servierte wenig später Fregola mit Salsiccia. Dazu behandelte sie Zwiebeln grob, goss anschließend eine gewaltige Furche, hüpfte dazu und stelle sicher, dass die Rut auch gut wurde und die Wurst keine Gehäuse hatte. Das überzeugte mich endlich, dass die Zubereitung von Fregula ein Riesenspaß sein muss – jedenfalls, wenn man dafür ein deutsch-italienisches Übersetzungs-Programm bemüht. Danke liebe Uda für dieses herrliche Stück Blog-Unterhaltung!
Alles drei jedenfalls tolle Rezepte, und ich wollte das auch haben. Aber nicht selbst drehen, sondern lieber kaufen. In einem türkischen Supermarkt entdeckte ich zunächst zufällig eine Kügelchen-Pasta namens Yenilenen Lezzetiyle, die ich zu einem Pastasotto verkochte (liebe Sybille, diesen Begriff habe ich bei Dir gelernt). Sehr fein, aber für Röstaromen tue ich fast alles, und die fehlen den ansonsten sehr leckeren Dingern. Mit den italienischen Verkaufsstellen von Schöne- bis Prenzlauer Berg hatte ich leider kein Glück. Ich jagte also wieder mal ein Phantom, wie schon beim unkäuflichen Kohlgemüse.
Blieben erstmal nur das Internet oder die eigenen Hände. Oh weh. Die Kochpoetin Eva brachte in ihrem Rezept für Ciciones oder Zen in der Nudel den verführerischen Gedanken auf, dass filigrane Nudel-Herstellung meditativ sei. Also habe ich Teig gerührt, ihn zu Würsten gerollt, in Stückchen geschnitten und zu Pillen gedreht. Die Entspannung war tatsächlich enorm, aber allerlei ist dabei leider total schief gegangen. Kugeln zu dick, Röstung mal wieder nach Art des Hauses, also Waldbrand, und dann auch noch trotteligerweise aus Versehen Weich- statt Hartweizenmehl genommen. Das Ganze mit Hartweizen-Grieß wiederholt und die Röstung auf meinen verrückten Ofen abgestimmt, das kam der Sache schon näher.
Und nun: Liebe Sybille, lieber Robert, liebe Uda, lieber Andy, liebe Eva: Danke! Ihr habt meinen kulinarischen Horizont erweitert. Hier ein paar Fotos, auch von der türkischen Fregola. Dann das Fregola-Rezept (eine Kombi aus Sybilles und Roberts Angaben und etwas Freestyle) und zum Schluss, wie ich’s denn nun fand, die große Kugel und die kleinen Kügelchen.
Zutaten
Für zwei kleine Portionen:
100 g Semola di grana duro
1 Ei
etwas Salz
Olivenöl
1 Schalotte
1 Knoblauchzehe
1 Schluck Sherry
etwas Butter
Gemüsebrühe (Menge habe ich nicht mitgeschrieben, aber weniger als für Risotto)
Salz
Auf keinen Fall Pfeffer
etwas Belper Knolle
Zubereitung
Den Grieß mit Salz vermischen, das Ei zugeben und zu einem Teig verarbeiten. In Frischhalte-Folie wickeln und zwei Stunden im Kühlschrank ruhen lassen. Herausnehmen und in liebevoller Kleinarbeit ganz kleine Tröpfchen abzupfen, zu Pillen drehen. Sybille und Robert machen das jeweils anders – Sybille rollt schmale Würste und schneidet sie in Stückchen, Robert macht keinen kompakten Teig, sondern granuliert den Grieß mit Wasser. Mir ging das Zupfen leichter von der Hand. Die kleinen Kugeln habe ich wie Robert bei 160 °C 20 Minuten im Backofen auf dem Blech geröstet (Sybille macht das mit Ofen-Grill auf hoher Temperatur mit kürzerer Zeit) und dabei ein paarmal gewendet. Herausnehmen und abkühlen lassen.
Belper Knolle aus dem Kühlschrank nehmen (ich weiß nicht so genau, ob sie da überhaupt reingehört, ich bin ja Knollen-Anfängerin), denn sonst ist sie so bröselig, dass der schärfste Hobel nur Gekrümel produziert. Schalotte und Knoblauch fein hacken und in Olivenöl angehen lassen. Fregola dazugeben, durchschwenken und mit Sherry ablöschen. Gemüsebrühe nach und nach zugeben und gar köcheln. Butter unterziehen und in kleine Schüsselchen geben. Belper Knolle dünn darüber hobeln. So schlicht habe ich das erst einmal gehalten, da ich den Eigengeschmack der Knolle und der Kugeln schmecken wollte.
Ich habe für diesmal allein gespeist (und hatte auch für eine Person erstmal genug zu tun mit kneten, drehen, rösten ) und kann daher nur meine eigene bescheidene Meinung kundtun. Mein Fazit, zunächst zur Belper Knolle: Ein Käse, der überall in der Blogosphäre heiß gehandelt wird, nicht überall zu haben ist und wunderschön wie eine etwas zu groß geratene Praline oder wohlproportionierte Trüffel aussieht, weckt gewisse Erwartungen. Was mir großen Spaß macht, ist zum einen der Look. Die Knolle kommt in einem hübschen Mousselin-Kleidchen mit Banderole, siehe Fotos. Fand ich schick. Die Konsistenz ist auch spannend, erst hart und störrisch und dann im Gericht zart schmelzend, genauso wie die Handhabung mit dem Hobel – obwohl ich da noch viel zu grob zu Werke gegangen bin. Mich freut auch der Gedanke, dass es sich um ein solide handgefertigtes Produkt handelt.
Und der Geschmack? Drin (bzw. dran) sind Pfeffer, Knoblauch, Himalaya-Salz und hart getrockneter Rohmilch-Frischkäse. Getrockneten Frischkäse habe ich noch nie gegessen, und die würzig-säuerliche Kombi (so habe ich sie empfunden) hat was. Ich muss glaube ich noch ein bisschen damit herumexperimentieren, um der Knolle das Ah und Oh zu entlocken, von dem andere berichten, zum Beispiel noch dünner hobeln und vielleicht zu einem Gericht servieren, wo von sich aus mehr Schmelz im Spiel ist. Die Wilde Henne hatte da gestern so einen schönen Risotto zum Beispiel. Oder Suppe wie bei Andy oder Tagliatelle wie bei Robert. Ich werde da mal versuchen für meinen anderen Blog. Ich bin jedenfalls jetzt zufrieden, dass ich die berühmte Knolle und ihre schöne Geschichte mal kennenlernen durfte. Es ist ja auch noch was davon übrig zum weiteren Experimentieren.
Die Fregola, die hat mich begeistert. An der Konsistenz muss ich noch ein bisschen arbeiten und wünschte sehr, ich könnte den Könnern Sybille und Robert über die Schulter schauen, wenn sie zu Werke gehen. Denn das richtige Fingerspitzen-Gefühl für Pasta-Teige fehlt mir noch, und das kann ein noch so gutes Rezept ja nicht ersetzen. Aber da bleibe ich dran. Ich glaube, das lohnt sich.