Fräulein Niemand – Tomek Tryzna

IMG_7421Marysia ist ein 15jähriges Mädchen im Polen der Wendezeit zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Ihre Familie ist nicht reich und so sind alle erstmal froh, als der Vater in der Stadt einen besseren Job bekommt und sie in eine schönere und moderne Wohnung umziehen können, wo es sogar fließend Wasser gibt.

In der neuen Schule hat Marysia zunächst einen schweren Start – sie wird als Landei verspottet, und keiner will etwas mit ihr zu tun haben. Schließlich aber freundet sie sich mit Kasia an, die ebenfalls Außenseiterin ist.

Kasia ist Musikerin, trägt außergewöhnliche Klamotten, hat Stimmungsschwankungen und kommt häufig einfach gar nicht erst zur Schule. Sie verbringt ihre Freizeit in der Regel damit, Musik auf ihrem Synthesizer zu komponieren. Die beiden Mädels kommen auf seltsame Ideen, um sich ihre “Freundschaft” zu beweisen und einander herauszufordern. Doch eines Tages geht Kasia dabei zu weit und der Kontakt zu Marysia bricht ab.

Doch sofort bemüht sich Ewa um sie. Ewa ist wunderschön, geheimnisvoll und neureich. Noch dazu fährt sie Motorrad und macht Männern schöne Augen. Für die anfangs etwas naive Marysia ist das eine vollkommen neue Welt, in der sie sich erst befangen, dann aber immer selbstbewusster bewegt. Sie ist schließlich überzeugt, Model zu werden und der Armut entkommen zu können.

Doch so allmählich steigert sich Marysia in diese Ideen hinein, sie hat Tagträume (oder sind das schon Wahnvorstellungen?), man weiß nicht mehr, was real ist und was nur in ihrem Kopf passiert. Und zum Ende hin ist es nur noch abgefahren…

Zunächst: Es ist oft nervig und kaum auszuhalten, wie die Freundinnen jeweils miteinander umgehen. Spannend ist dagegen die Entwicklung Marysias, obwohl (oder gerade weil?) sie sich eher zum Schlechten hin entwickelt: Vom Naivchen zur selbstbewussten jungen Frau, die aber letztlich doch irgendwie unsicher bleibt und ihren Platz noch nicht gefunden hat. Unterm Strich fand ich die Protagonistinnen  die allermeiste Zeit mindestens ein bisschen nervig, oft aber auch fast unerträglich anstrengend und ätzend. Das hatte ich bisher so auch selten.

Rezension in einem Satz? Die sehr poetische, metaphorische Sprache hat mir gut gefallen, die Handlung und vor allem die Charaktere eher weniger.

ISBN: 978-3442725007
366 Seiten
Originaltitel: Panna Nikt
btb
vergriffen und nur noch gebraucht für ein paar Euro erhältlich

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