Frauke Petry (AfD): Auf Flüchtlinge schießen? Die Präzision entscheidet!


Der Pulverdampf hat sich großenteils verzogen. Nun kann ich das Schlachtfeld durchkämmen, die Debattenhülsen einsammeln und das Mosaik neu zusammensetzen.
Aber dieses Mal: PRÄZISE!
Ich denke, dass wir alle mehr oder weniger in Bildern denken, dass wir insbesondere auch Abstrakta bewusst oder unbewusst in unserem Gehirn mit einer visuellen Vorstellung hinterlegen. Auch der Ausdruck "auf Flüchtlinge schießen" ist insofern ein Abstraktum, als er nicht die konkrete Situation benennt, in welcher ein Schusswaffengebrauch (un)zulässig ist. Wir müssen unsere Analyse also in eine solche Situation einbetten.
Präzision ist bei Betrachtungen, die sich um Objektivität bemühen, auch insofern Pflicht, als wir selbstverständlich vom exakten Wortlaut der momentan in der öffentlichen Debatte umstrittenen Äußerungen der AfD-(Mit-)Vorsitzenden Frauke Petry ausgehen müssen.
Den einschlägigen Dialog mit den MM-Redakteuren Steffen Mack und Walter Serif  aus ihrem Interview „Sie können es nicht lassen! vom 31.01.2016 mit dem "Mannheimer Morgen" (Webseite: "Morgenweb") gebe ich nachfolgend zwecks besserer Fokussiereung in leicht gestraffter Form wieder. Wer mir insoweit nicht traut, mag sich den Volltext selber anschauen (Hervorhebung von mir):
  • Was passiert, wenn ein Flüchtling über den Zaun klettert?
  • Petry: Dann muss die Polizei den Flüchtling daran hindern, dass er deutschen Boden betritt.
  • Und wenn er es trotzdem tut ..... wie soll ein Grenzpolizist in diesem Fall reagieren?
  • Petry: Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz.
  • Es gibt in Deutschland ein Gesetz, das einen Schießbefehl an den Grenzen enthält?
  • Petry: Ich habe das Wort Schießbefehl nicht benutzt. Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt. Entscheidend ist, dass wir es so weit nicht kommen lassen und über Abkommen mit Österreich und Kontrollen an EU-Außengrenzen den Flüchtlingszustrom bremsen.
Wie der Interview-Wortlaut zeigt, geht es zunächst einmal nicht um Meinungen oder politische Zielsetzungen, sondern darum, was im "Gesetz" überhaupt drinsteht.
Somit gebietet unser Vorsatz einer PRÄZISEN Analyse, dass wir einen Blick "ins Gesetz" werfen. Und zwar konkret in das "Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG)".
Noch konkreter: In die einschlägigen §§ 10, 11 und 12.
Auch hier fasse ich zusammen bzw. destilliere jene Elemente heraus, die für die vorliegende Fallgestaltung in Betracht kommen. Als juristischer Laie hoffe ich, dass mir das in zutreffender Weise gelingt; wenn jemand anderer Meinung ist, darf er gerne einen entsprechenden Leserkommentar hinterlassen.
Nach § 10 UzWG ist der Waffengebrauch gegen Personen zulässig, die bei einem Verbrechen (zur Definition vgl. Wikipedia) ertappt wurden oder die eines solchen dringend verdächtig sind.
In diesen Fällen kann auch bei bloßen Vergehen die Schusswaffe benutzt werden, jedoch nur dann, wenn dieses Vergehen "unter Anwendung oder Mitführung von Schußwaffen oder Sprengstoffen begangen werden soll oder ausgeführt wird".
Dieser Katalog wird in § 11 UzWG wie folgt erweitert:
"1) Die ..... Vollzugsbeamten können im Grenzdienst Schußwaffen auch gegen Personen gebrauchen, die sich der wiederholten Weisung, zu halten oder die Überprüfung ihrer Person oder der etwa mitgeführten Beförderungsmittel und Gegenstände zu dulden, durch die Flucht zu entziehen versuchen. .....".
Der anschließende § 12 UzWG schränkt den Schusswaffengebrauch wiederum ein:
"(1) Schußwaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges erfolglos angewendet sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird. 
(2) Der Zweck des Schußwaffengebrauchs darf nur sein, angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Es ist verboten, zu schießen, wenn durch den Schußwaffengebrauch für die Vollzugsbeamten erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden, außer wenn es sich beim Einschreiten gegen eine Menschenmenge (§
10 Abs. 2) nicht vermeiden läßt. 
(3) Gegen Personen, die sich dem äußeren Eindruck nach im Kindesalter befinden, dürfen Schußwaffen nicht gebraucht werden.
"
Wir haben nunmehr präzise vor Augen:
  • die Aussage von Frauke Petry
  • die Rechtslage.
Was uns noch fehlt, um einerseits die Äußerungen von Frauke Petry richtig einzuordnen, und andererseits zu verstehen, bei welchem Sachverhalt ein Schutz der Grenze gegen Eindringlinge durch Schusswaffengebrauch (nicht) möglich ist, müssen wir Bilder der in Betracht kommenden Sachverhalte evozieren; wir müssen die Probleme AM MODELL durchdeklinieren.
Genau das hatten die MM-Redakteure getan:
  • "Was passiert, wenn ein Flüchtling über den Zaun klettert?"
Und darauf hatte Frauke Petry geantwortet:
  •  ein Grenzpolizist ..... muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz."
Wenn wir uns die o. a. Rechtslage anschauen, dann erkennen wir, dass Petrys Rechtsauffassung, bezogen auf DIESE Situation, unzutreffend ist.
Auf den am Zaun hochkletternden Flüchtling darf NICHT geschossen werden; das gibt die Rechtslage (s. o.) nicht her.
ABER:
  1. Stellt Frauke Petry auf das Gesetz ab. Auch wenn Sie sich in der konkreten Rechtslage geirrt hat (wie das wohl jedem Laien passiert und wie es auch mir ging, bevor ich durch diese Debatte eines Besseren belehrt wurde), muss eine FAIRE Analyse ihr auf jeden Fall attestieren, dass sie nicht mehr und nichts anderes verlangt als eine konsequente Anwendung des Gesetzes. Wer immer hier gegen sie spricht muss sich also fragen lassen, ob er die Rechtslage ändern will, oder ob er von den (momentan ohnehin nur hypothetischen) Grenzschützern verlangt, dass sie geltendes Recht missachten. (Nach dem schlechten Vorbild der Bundesregierung, die den Gesetzesvollzug nach § 16a Abs. 2 GG und den zugehörigen Ausführungsgesetzen bekanntlich ebenfalls eigenmächtig und ohne Zustimmung des Gesetzgebers kurzerhand ausgesetzt hat.)
  2. Lässt das Gesetz sehr wohl einen Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge zu. Nämlich zur Prüfung der Person, wenn (in unserem gedachten Fall) der Flüchtling den Zaun überklettert hat und trotz einer Aufforderung zum Stehenbleiben wegläuft (§ 11,1 UzWG - s. o.).
Was bedeutet das (zumindest nach meinem laienhaften Verständnis)?
  • Der Eindringling darf NICHT mit der Schusswaffe daran gehindert werden, deutschen Boden zu betreten.
  • Sehr wohl aber darf er, NACHDEM er deutschen Boden betreten hat (postulieren wir, der hypothetische Grenzzaun stünde genau auf der Staatsgrenze selber) am Weglaufen gehindert und einer Personenkontrolle unterzogen werden.
Das ist ja wohl auch das Mindeste was ein Land tun kann und TUN MUSS, um sich vor dem Eindringen von Kriminellen und Terroristen zu schützen.
Nicht klar ist mir (und für Aufklärung via Leserkommentar wäre ich und wären sicherlich auch meine Leser den ggf. mitlesenden und informierten Fachleuten dankbar), wie es dann weitergeht.
Nehmen wir an, die Grenzschützer hätten (mit Androhung oder auch unter Anwendung - Verwundung - des Schusswaffengebrauchs ) den (männlichen oder weiblichen; NICHT Kinder: § 12,3 UzWG) Eindringling gestoppt und die Personendaten überprüft. Dann können wir wiederum zwei Fallgestaltungen unterscheiden:
  • Es handelt sich um einen normalen Flüchtling
  • Es handelt sich um einen Kriminellen (Verbrecher) oder Terroristen.
Wie geht es anschließend weiter? Kann man den aus Deutschland wieder rausschaffen? Kann man ihn notfalls z. B. mit dem Gummiknüppel (NICHT mit Schusswaffengebrauch) durch ein (hypothetisches) Loch im Zaun wieder zurückprügeln?
Zusammenfassend also: Wirkt sich hier IM ERGEBNIS der Schusswaffengebrauch in einer Weise aus, die es LETZTLICH (mittelbar!) ermöglicht, das Eindringen einer Person ins eigene Land zu verhindern?
  • WENN es so ist, dann hätte m. E. Frauke Petry IM ERGEBNIS Recht.
  • Wenn nicht, dann wüssten wir ggf. zumindest, dass da ein IS-Kämpfer zu uns gekommen ist. Mit dem wir dann weiter wie verfahren???
Wie man sieht, konnte ich das Problem nicht vollständig aufdröseln.
Ich denke aber, dass es mir gelungen ist, ein Szenario zu entwickeln, von dem aus die weitere Debatte ausgehen muss- (Soweit man sich um RATIONALITÄT und Differenzierung bemühen will bzw. diese überhaupt anstrebt; die politischen Gegner der AfD werden daran eher kein Interesse haben.)
ceterum censeo
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":Der hat den A.... offen!Textstand vom 03.02.2016

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