Franz von Stuck reist nach Pilsen

Franz von Stuck reist nach Pilsen

An was der Klischee-Münchner wohl denkt, wenn er Pilsen hört? Naja … vermutlich würde er gekonnt den Haken zum Pils schlagen; verbunden mit einer potentiellen Abneigung gegen jenes bzw. Lobpreisung des eigenen Gerstensaftes.

Die Bierkultur ist zweifelsohne eine wichtige Kultur. Doch diese kleine tschechische Stadt hat viel mehr zu bieten, als Braukultur und Konsum eines alkoholisierenden Getränkes. Deshalb wurde Pilsen in diesem Jahr – zusammen mit Mons/Bergen (Belgien) – zur Kulturhauptstadt Europas erklärt. Dass dabei auch Kultur aus München (und zwar keine Hopfenlastige) mitmischen durfte, ist einem Beitrag der Villa Stuck zu verdanken.

Im so genannten langen 19. Jahrhundert stieg München nicht nur zur Metropole für Literatur auf, sondern erklomm die Meistergipfel auch in der Malerei. Junge Künstler aus der ganzen Welt suchten die Stadt auf, um sich in der “Kunst der Kunst” zu bilden. München brillierte in der Kunstszene und drängelte sich mit Berlin, Wien und Prag bis ins frühe 20. Jahrhundert um den Rang der spannendsten europäischen Kulturhauptstadt. Thomas Mann hatte sein Urteil bereits gefällt: München war eine „leuchtende Kunstmetropole“.

Franz von Stuck reist nach Pilsen

Ausgangspunkt für diese Entwicklung war unter anderem die Wertschätzung für Kunst im Hause Wittelsbach. Kunst wurde vielfach gefördert, indem Kunstschulen und –akademien gegründet und ausgebaut wurden. Entsprechend lockte die Stadt junge Künstler und Maler, vor allem aus den Nachbarländern im Osten, an. München war aber nicht nur aufgrund der künstlerischen Ausbildungsmöglichkeiten ein Anziehungspunkt, sondern auch aufgrund der privilegierten Stellung der Kunst an sich. Kultur stellte einen wichtigen Bestandteil der politischen Repräsentation Bayerns im Rest Europas dar. Entsprechend erfreuten sich die Maler auch an einem außerordentlichen gesellschaftlichen Status, dem – wie im Falle Franz von Stucks – sogar ein Adelstitel folgte.

Oftmals in Vergessenheit gerät dabei, dass nicht nur die Münchner „ihre“ Kunstszene prägten, sondern dass sie wesentliche und einflussreiche Anstöße den „Zuagroaßten“ zu verdanken hatten. Die am stärksten vertretene Kommunität unter ihnen war die Tschechische bzw. Böhmische.

Die Ausstellung „München – leuchtende Kunstmetropole“ in der Westböhmischen Galerie in Pilsen stellt diesen Zusammenhang im Rahmen des Kulturprogramms für Pilsen 2015 wieder her. Das Wirken und Schaffen tschechischer Künstler soll in den Vordergrund gerückt werden, um zu beweisen, dass es schon immer einen europäischen Kulturaustausch gegeben hat. Abgesehen von den künstlerischen Inhalten sollen auch die breiteren Aspekte des Begriffs „Kunstmetropole“ berücksichtigt werden, wie beispielsweise das Vereins- und Austellungsleben, der Kunstmarkt, Publikationsplattformen oder künstlerische Konzepte und Programme.

Noch bis 6. April bleiben Exponate der Villa Stuck in Pilsen.

Bild 1: Franz von Stuck: Canzonetta d Amore 1887-1888

Bild 2: Franz von Stuck: Faun und Nixe um 1918


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