Der Weg hin zu “Frankenstein’s Army” war ein langer. Schon vor Jahren geisterte ein bemerkenswert verstörender Trailer durchs Internet und schürte große Erwartungen. Worst Case Scenario lies gruselige Mutanten in Naziuniformen an Fallschirmen vom Himmel segeln und durch den nassen Sand der niederländischen Küste kriechen. Regisseur Richard Raaphorst versuchte mit diesem stylischen Filmchen Geldgeber für einen Spielfilm gleichen Namens zu finden. Das Unterfangen stockte immer wieder, bis es schließlich ganz aufgegeben wurde. Begünstigt durch den Erfolg solch bizarrer Filme wie der Outpost-Reihe oder dem Fun Splatter Dead Snow schaffte es Raaphorst, einen (positiv gemeint) ähnlich gestörten Stoff zu verfilmen. Zwar nicht mit dem höchsten Budget gesegnet, doch viele kranke Ideen und genial-perverse Designs machen das mangelnde Geld mehr als wett…
Die Ostfront: Der zweite Weltkrieg neigt sich dem Ende zu. Als ein kleiner Trupp russischer Soldaten einen Hilferuf von Kameraden abfängt, machen sie sich sofort auf die Suche nach diesen. Mit dabei der junge Dimitri, der mit seiner 16mm Kamera die russische Propaganda mit Front-Footage versorgen soll. Doch schon bald kippt der gallige Humor der Soldaten, als man auf bizarr deformierte Soldatenleichen trifft und schließlich bei einer Kirche duzende verbrannter Nonnen auffindet. Schnell wird klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Und tatsächlich: In einem unterirdischen Kellergewölbe treffen sie auf groteske Mensch-Maschinen, die von einem gewissen Doktor Frankenstein aus Leichen (je frischer desto besser) und Maschineneilen zu abartigem neuen Leben zusammengesetzt werden. Doch Flucht ist zwecklos, denn nicht nur haben es die sogenannten Zombots auf die Eindringlinge abgesehen, sondern gibt es auch Verrat in den eigenen Reihen.
“Frankenstein’s Army” ist wahrlich ein abartiges Schlachtfest. Der Look ist schwitzig-rostig, die Atmosphäre schwül und laut und man wähnt sich nicht selten an Bord eines steampunkigen Borgschiffs. Das ist dann auch die größte Stärke von “Frankenstein’s Army”: Richard Raaphorst tobt sich richtiggehend aus und schafft zig originellste Menschmaschinen. Man stelle sich nur Futuramas Dr. Zoidberg als Steampunk vor… Highlight ist mit Sicherheit der sogenannte Mosquito-Mann, der mit riesigem Bohrer als Nase, auf Stelzen wie ein übergroßer Krebs durch die dunklen Gänge stakst. Ganz großes Kino! Wenn sich Raaphorst hier mit nicht für Hollywood – zumindest als Designer – empfohlen hat, dann weiß ich auch nicht.
Iszenatorisch kann “Frankensteins Arm’y” jedoch nicht auf selbigem Niveau wie die Optik mitspielen. Die rund 80 Minuten geben zwar fast durchgehen Gas, doch schleichen sich immer wieder Längen ein. Zum Beispiel, wenn sich die Soldaten untereinander in die Haare kriegen oder mal wieder diskutiert wird, wer an all dem Schuld ist. Da einen die formlosen Charaktere nicht interessieren, schert es einen als Zuschauer auch nicht, was sie sagen. Es geht eh nur darum, welche gestörte Kreatur den nächsten Soldaten wie umbringt und als was er später wieder auftaucht. Auch ist die POV-Perspektive von Dimitris Kamera zwar eine nette Idee, doch wäre mehr als einmal eine ‘richtige’ Bildauflösung wünschenswert gewesen, da man oft den Überblick verliert und man die detailreichen Kreaturen der Hölle oft nur verhuscht wahrnimmt. Hier wäre mehr schlicht mehr gewesen.
Aber seis drum, “Frankenstein’s Army” ist ein amtlicher Beitrag zum Bodyhorror-Genre und steht den Tetsuo-Filmen in nichts nach. Der Look ist toll, das Tempo stimmt vor allem in der zweiten Hälfte und der Gore Faktor ist immens hoch. Zudem bietet die DVD ein schönes 30 Minuten Making of mit allerlei Hintergrundinfos und den schicken Trailer. Der verstörende originale Teaser fehlt leider.
“Frankenstein’s Army” erscheint am 24. September 2013.
Ein Beitrag von Renatus Töpke