Fragen an den Schriftsteller Lutz Schafstädt… Ein Blick hinter die Buchstaben #2: Neue Fragen, neue Gäste auf Boschers Blog

Von Ralf Boscher @RalfBoscher
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Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen.

Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorlegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen ersten 13 „Interviews“ finden Sie hier auf meinem Blog . Jetzt habe ich neue Fragen – und freue mich über neue Gäste auf meinem Blog.

Ich danke allen, die sich meinen neuen Fragen stellen und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

Heute zu Gast auf Boschers Blog: Lutz Schafstädt


Hallo Lutz, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf! Um gleich einzusteigen:

Was war Dein glücklichster schriftstellerischer Moment im vergangenen Jahr?

Dieser Moment war eher eine Phase. Im Herbst wurde ich gefragt, ob ich für ein Blogprojekt eine Weihnachtsgeschichte beisteuern möchte. Ich legte mein großes Projekt zu Seite, fing an und bekam Lust, die Adventszeit mit einer weihnachtlichen Fortsetzungsgeschichte zu begleiten. Eine Woche lang gab es fast täglich eine Szene, taufrisch erdacht und auf die Homepage gestellt. Das Glück dieser Momente waren der Spaß am Themenwechsel und die Nähe zum Leser, die sich dabei ganz unmittelbar einstellte. Eine schöne Erfahrung die immer noch nachwirkt, auch wenn nun schon Ostern vorbei ist.

Wenn Du wählen könntest zwischen „die Liebe Deines Lebens treffen“ oder „einen Bestseller schreiben“ – für was würdest Du Dich entscheiden?

Ich habe ja schon einige Jahre auf dem Buckel und muss rückblickend sagen, dass ich mich erst um die Liebe meines Lebens gekümmert habe. Es war die richtige Reihenfolge. Die Liebe ist wichtig und wenn sie Bestand hat, kann sie eine wichtige Stütze auf dem Weg zum Bestseller sein.


Hast Du Angst, eines Tages vielleicht „leer“ zu sein? Keine Geschichte mehr in Dir zu haben, die Du erzählen könntest?

Nein, wahrlich nicht. Ich habe Berge von Notizen und Ideen die schon lange auf meine Aufmerksamkeit warten. Wahrscheinlicher ist, dass vieles ungeschrieben bleiben wird.

Du gehst auf eine Party… Auf die Auskunft, Du seist Schriftsteller, hörst Du die Antwort „Ich wollte auch immer mal einen Roman schreiben“, „Ich habe da auch eine Idee zu einem Roman“… Was antwortest Du?

Fang an, würde ich sagen. Das Hinsetzen, Loslegen und Durchhalten sind die größten Hürden.

Wer kennt diese Filmszenen nicht: Nach langer, quälender (meist aufgrund emotionaler Blockiertheit) ideenloser Zeit, gerät eine Schriftstellerin / ein Schriftsteller (nach überwundener emotionaler Blockade) in einen Schreibrausch (z.B. Diane Keaton in „Was das Herz begehrt“). Die Ideen sprudeln nur so… Die geschriebenen Seiten stapeln sich auf dem Schreibtisch… Hattest Du schon einmal einen Schreibrausch? Und wenn ja: War das Geschriebene wirklich brauchbar?

Solche Stunden der Schreibeuphorie kennt wohl jeder Autor. Ich glaube sogar, das sind die kreativsten Momente bei denen man in seiner Geschichte versinkt. Es wäre schön, wenn alle Erstentwürfe so entstehen könnten. Die Ergebnisse sind nicht unbrauchbarer als Passagen, über denen ich Tage lang brüte. Bei der Überarbeitung ist der Rausch dann jedenfalls verflogen.


Warum veröffentlichst Du unter Deinem Geburtsnamen und nicht wie so viele andere unter Pseudonym?

Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht greife ich irgendwann auch einmal dazu, aber derzeit kann jeder wissen, dass ich es bin, der da erzählt.

Lieber ein Schreibtisch-Schriftsteller („einfach Schreiben und Bücher veröffentlichen“) oder im Lampenlicht stehen (Interviews gebend, im Feuilleton besprochen, zu Fernsehinterviews eingeladen werden)?

Mit der Selbstpräsentation habe ich so meine Probleme. Am liebsten würde ich das was ich mache für mich sprechen lassen. Schreibtisch ist mir lieber.

Herr der Ringe, Harry Potter, Twilight, Shades of Grey? Welche dieser Bestseller-Serien sollten Schriftstellerinnen und Schriftsteller gelesen haben?

Nun ja. Als Pflichtlektüre für Autoren würde sie nicht sehen. Wer sich im jeweiligen Genre bewegt, der sollte sie kennen. Wichtiger ist es zu hinterfragen, welche Rezepturen ein Buch zum Bestseller gemacht haben – oder auch nicht.

Die „Psycho-Spielchen-Frage“ – charakterisiere bitte Deinen Schreibstil:
Wenn Dein Schreibstil eine Speise wäre, wäre er… bodenständige Hausmannskost.
Wenn er ein Film wäre, wäre er experimentelles Autorenkino.
Wenn er eine CD wäre, wäre er… ein Liederalbum.

Die „Hör mal wer da hämmert-Frage“: Selbst ist die Frau oder Auftrag vergeben? Wie hältst Du es mit Korrekturlesen, Covergestaltung…?

Es ist das Elend der Selfpublisher, gern professionelle Hilfe haben zu wollen aber sie nicht immer finanzieren zu können. Es ist nicht in jedem Falle Selbstüberschätzung, wenn Autoren alles selbst übernehmen oder mit Freunden und Kollegen improvisieren. Wer aufmerksam beobachtet, wird bemerken, dass mit dem Erfolg auch die Professionalität wächst. Naserümpfen ist da unangebracht. Vielleicht sollte man ein Crowdfunding für Bücher erfinden, um Selfpublishern bei den ersten Schritten zu helfen.

Die „Kristallkugel-Frage“: Du kannst in die Zukunft schauen. Ein renommierter Verlag bemüht sich um Dich und möchte Dich unter Vertrag nehmen und Deinen nächsten Roman veröffentlichen. Doch der Blick in die Kristallkugel zeigt: Wählst Du diesen Weg, dann wirst Du weniger Bücher verkaufen, als wenn Du den Roman als Self-Publisher herausbringst. Was also tust Du?

Wenn der Verlag nicht hilft mehr zu verkaufen, dann brauche ich ihn nicht. Es ist doch sein Job, Autoren mit seinen Dienstleistungen zu entlasten. Wenn er das nicht leistet, wüsste ich nicht warum er sich renommiert nennt.

Die Frage nach der Unsterblichkeit: Für viele Menschen hat der Glaube an ein Leben nach dem Tode etwas sehr Tröstliches. Viele Menschen erfreuen sich an dem Gedanken, dass sie in ihren Kindern und Kindeskindern fortleben. Es heißt, Ruhm führe zur Unsterblichkeit. Und auch manche Künstler haben sich, wie man so sagt, mit ihren Werken unsterblich gemacht. Als wie vergänglich schätzt Du Deine Literatur ein? Oder anders gefragt: Kennst Du die Hoffnung, mit Deiner Schreibe etwas Bleibendes zu erschaffen? Ein Werk zu hinterlassen, dass Deine Lebenszeit überdauert?

Das ist ein schöner Traum, den ich jedem gönne. Einigen wenigen mag das gelingen, doch im Grunde ist es ein Mythos. Es bleibt nicht mehr als die Spuren jedes anderen Lebens. Was Bücher betrifft, zeigt ein Blick auf die moderne Medienwelt, wie das Tempo des Vergessens noch zunimmt. In der Medienflut ragt nur weniges und immer nur für einen Augenblick heraus. Wer kann sich noch an die Bestseller von vor zehn Jahren erinnern? Ich will das nicht als pessimistisch verstanden wissen. Es ist wichtiger an die heutigen Leser zu denken. Wenn dann in vielen Jahren irgendwo ein Buch von mir in einer Regalecke steht ist das ein Glück, das ich gerne mitnehme, selbst wenn es ungelesen geblieben ist.

Vielen Dank Lutz, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

Zum Autor:

„Gegenwärtig arbeite ich an verschiedenen größeren Projekten für Romane, neben denen aber auch immer wieder Kurzgeschichten und Beiträge für meine Blogs entstehen.“ (Quelle)


Lutz Schafstädt, Jahrgang 1960, Autor. Er lebt in Potsdam, ist verheiratet und hat eine Tochter. Ins Berufsleben ist er nach einer technischen Ausbildung in der Elektronikindustrie gestartet.

Später wechselte er in den Agenturbereich, um seine Begeisterung für das geschriebene Wort in Texten und Konzepten auszuleben. Begleitend dazu entstanden Kurzgeschichten und folgten erste Veröffentlichungen in Anthologien. Heute ist er freiberuflich tätig.

Lutz Schafstädt ist unter Literaturinteressierten und Autoren auch bekannt für den von ihm betreuten Blog „eBook Sonar“. Außerdem hat er mit dem „neuen eBook Klub“ eine Facebook-Gruppe ins Leben gerufen, die sehr aktiv ist (hier dazu mehr…). Hier findet Ihr das Lesemagazin des „neuen eBook Klubs“.

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