FourThirds. Nicht schlechter. Nicht besser. Aber anders!

OM D E M1 still black mood 6

Olympus OM-D E-M1; © Olympus 2013

Olympus stellte diese Woche sein neues Flaggschiff – die OM-D E-M1 – vor und prompt steht wieder das Format des FourThirds-Formats zur Debatte. Da fragen Kommentatoren bei dpreview.com und anderswo, was denn um alles in der Welt einen Preis von 1500 Euro für eine Kamera mit einem FourThirds-Sensor rechtfertigt? Schließlich gibt es ja anderswo für schlappe 500 Euro mehr schon Vollformat!

Nun, zunächst einmal ist eine Kamera kein Wurstaufschnitt, der umso mehr kostet, je mehr Gramm man aufschneiden lässt. Und: Selbst da gibt es die Ramschware, in die alles rein kommt, was keine Sau mehr fressen würde, und den Feinschmeckeraufschnitt. Das heißt die Rechnung, dass es für einen höheren Preis automatisch (und vor allem) einen größeren Sensor geben muss ist schlicht und einfach dumm. Aber – hier spreche ich wieder einmal vor allem meine werten Geschlechtsgenossen an – viele scheinen nach wie vor der Überzeugung zu sein, dass es noch immer auf die Größe ankommt.

Das zeigt sich nicht nur, wenn es um Sensorgröße geht, sondern auch bei der Höhe von Auflösungen – ein Thema, das ich schon mehrfach thematisierte. Gerade wenn es um die Sony RX100 mit ihren 20 Megapixeln Auflösung geht und diese mit anderen und konkurrierenden Modellen verglichen wird, wird immer wieder ins Feld geführt, dass die RX100 vor allem mit Ihrer Auflösung punktet. Ich habe in meinem Artikel »OM-D – die Wahl des Sensors« gezeigt, dass 20 Mepapixel für eine Kompakte völlig überflüssig sind, und dass die Kamera mit 10 Megapixel keine erkennbar schlechtere Bildqualität liefern würde als mit 20. Zwar mögen moderne Sensoren auch bei höchster Auflösung auf geringster Fläche zu makelloser Qualität in der Lage sein – und ich bin mir sicher, das trifft auf jenen der RX100 zu –, doch das Nadelöhr, an dem es scheitert, ist die Linse. Ein 3,5-fach-Zoom mit kompaktesten Baumaßen in einer Kamera um 650 Euro macht einfach keine Klimmzüge am Brotkasten, ganz egal welches legendäre deutsche Label da aufgeklebt ist. Allerdings scheint das niemanden zu interessieren, und man bleibt, selbst wenn man mit der Nase darauf gestoßen wird, dabei: Mehr Auflösung ist besser.

Ich weiß, dass jetzt einige Leser daraus wieder herauslesen werden, dass ich hohen Auflösungen skeptisch gegenüber stehe (und dass einige das noch tun werden, auch wenn ich versichere, dass dem nicht so ist). Aber dem ist nicht so! Die richtige Antwort auf alle Fragen lautet: Es kommt drauf an! Vor der Nikon D600 dachte ich noch 18 Megapixel wären genug für mich. Doch ich habe die 24 Megapixel der Kamera lieben gelernt. Das soll nicht heißen, dass 18 Megapixel nicht immer noch genug für wären – meine OM-D hat 16MP und auch das ist genug – aber für die D600 habe ich die Objektive die ausreichend scharfe Bilder an den Sensor liefern um 24 Megapixel ausnutzen zu können.

Nun meine Gegenfrage, auf die Frage, wofür man für eine OM-D E-M1 1500 hinblättern sollte: Wieso sollte die Kamera weniger kosten? Nur weil der Sensor kleiner ist, als bei Modellen von Canon, Nikon, Sony und Pentax? Was macht den bitte einen größeren Sensor automatisch um so vieles besser, dass eine Kamera damit automatisch mehr kosten darf? Ich meine: WAS MACHT SIE PRAKTISCH BESSER?

Das bessere Rauschverhalten größerer Sensoren? Das Rauschverhalten meiner Nikon D600 mit Vollformatsensor ist sehr gut. Das Rauschverhalten der Nikon D7100 mit APS-C-Sensor ist sehr gut. Das Rauschverhalten der OM-D ist … wie soll ich es sagen … sehr gut! Wir sprechen hier von Peanuts, was hier die beiden Kameras mit den größeren Sensoren besser können als die FourThirds-Kamera.

Die kürzere Schärfentiefe die größere Sensoren erlauben? Das ist oft ein Vorteil, oft aber auch ein Nachteil – Makrofotografen wissen wovon ich spreche. Doch nicht nur in der Makrofotografie erweist sich die kurze Schärfentiefe größerer Sensoren als Nachteil. Auch in allen medium- und low-light-Situationen – wie sie in der Street- oder Event-Fotografie oft vorkommen – ist höhere Schärfentiefe bei offener Blende ein unbestreitbarer Vorteil. Und ganz ehrlich: Mit qualitativ hochwertigen Festbrennweiten mit 2.0er, 1.8er oder gar 0.95 lichtstärke (zum Beispiel von Voigtländer) erreiche ich immer ausreichend geringe Schärfentiefe, egal ob Vollformat oder MFT.

Nun lässt sich natürlich nicht abstreiten, dass die beiden Peanuts existieren – ein bisschen weniger Schärfentiefe, ein Hauch besseres Rauschverhalten. Doch wer sich daran aufhängt blendet die unbestreitbaren Vorteile kleinerer Sensoren aus (einmal ganz abgesehen davon eben, dass größere Schärfentiefe oft auch ein Vorteil ist). Das beginnt damit, dass kleinere Sensoren kompaktere Kameras erlauben. Ich kenne einige Fotografen, die einige Zeit ihre DSLRs mit auf Reisen und Wanderschaften nahmen, doch schließlich die Schlepperei satt hatten und wieder zur Kompakten zurück kehrten – von einem Extrem ins andere könnte man sagen. Meine OM-D ist absolut Reise- und Wandertauglich. Zusammen mit drei Objektiven geht sie leicht in eine kompakte Handtasche und sogar in einer Jackentasche hat sie mit angesetzter Festbrennweite Platz. Dagegen sehen auch die meisten Systemkameras mit APS-C-Sensor alt aus – jedenfalls, wenn man nicht die Kamera ohne Objektiv in die Jacke stecken möchte.

Gerade Natur-, Wildlife- und Abenteuer-Fotografen profitieren von dieser Kompaktheit. So hat zum Beispiel das AF-S NIKKOR 600 mm 1:4G ED VR eine Länge von 445mm und bringt etwa 5kg auf die Waage und das zu einem Straßenpreis von schlappen 10.000 Euro – bei einer Lichtstärke von ƒ4. Das ZUIKO DIGITAL ED 300mm 1:2.8 (das umgerechnet auf Kleinbild ebenfalls 600mm Brennweite hat) ist etwa 28cm lang, wiegt 3,3kg gibt es zum vergleichbaren Schnäppchenpreis von knapp 7000 Euro – bei Lichtstärke ƒ2.8! Nun fehlt mir die persönliche Erfahrung um beurteilen zu können um wie viel bessere Qualität eine Vollformat Nikon gegenüber einer OM-D mit den genannten Objektiven liefert, aber ich gehe davon aus, dass wir einmal mehr über Peanuts sprechen. Wer’s braucht bezahlt und schleppt.

Ein weiterer Vorteil, den kleinere Sensoren mit sich bringen – das trifft auch, und vor allem, im Vergleich von Vollformat zu APS-C zu – ist, dass sie einen kleineren Ausschnitt aus gleich großen Objektiven rausschneiden und damit die in Punkto Schärfe und Abschattung problematischen Eckbereich nicht mit aufnehmen. Das heißt Kameras mit APS-C-Sensor (bei Nikon beispielsweise DX genannt) und Vollformat-Objektiven (man spricht bei Nikon von DX) sind diesbezüglich der Kombination Vollformat mit Vollformat im Vorteil. Ein Umstand, den ich auch bei der RX100 bemerken musste, denn deren großer Sensor führt in Kombination mit dem Kompakten Objektiv dazu, dass Weitwinkelaufnahmen beinahe eine Art Fischauge-Charakter bekommen – und das bei moderaten 28mm! (Wer jetzt seine RX100-Aufnahmen prüft und das nicht feststellen kann: Bei JPEGs werden diese Verzerrungen automatisch schöngerechnet). Diesbezüglich sind Kompaktkameras mit kleineren Sensoren deutlich im Vorteil und liefern bessere Ergebnisse.

Um es schon einmal vorweg zu nehmen: Ich will hier keinesfalls behaupten, dass kleinere Sensoren besser wären als größere, oder Micro FourThirds besser als Vollformat. Es ist nur anders!

Zurück zu der Frage, weshalb man für eine OM-D E-M1 500 Euro mehr, als beispielsweise für eine DX-Nikon-D7100 ausgeben sollte, wenn man für noch einmal 500 Euro mehr schon eine Canon oder Nikon mit Vollformat-Sensor bekommt. Da wäre einmal mein Eindruck von der OM-D E-M5: Sie ist mir die liebste Kamera, die ich bisher hatte. Nicht, dass ich sie für Porträt-Foto-Sessions gegen meine D600 eintauschen wollte – dafür wäre sie mir viel zu klein. Aber noch keine andere Kamera hat mir unterwegs so viel Spaß gemacht. Das liegt schon einmal am handlichen Format, das man einfach gerne mitnimmt. Dabei wirkt die OM-D kompakt und stabil, wie kaum eine andere Kamera. Die Qualität der Objektive (ich habe nur Festbrennweiten) ist beeindruckend, bei vergleichsweise moderaten Preisen. Die E-M5 ist, wie auch die angekündigte E-M1 – perfekt gegen Staub und Wasser abgedichtet. Das heißt ich mache mir auch im störenden Regen keine Sorgen. Das Klappdisplay ist ein echter Segen – so etwas vermisse ich bei Nikons gehobenen Modellen schon lange! Dabei ziehe ich es aber unbedingt gegenüber den seitlich ausklappbaren und schwenkbaren vor, denn diese machen für mich immer einen etwas fragilen Eindruck und in den vielen Stellungen empfinde ich die Arbeit damit immer irgendwie spiegelverkehrt – der Bildausschnitt wandert immer in die entgegengesetzte Richtung, in die ich denke. Außerdem ermöglichen die lediglich hochklappbaren Displays unauffälliges arbeiten, während die seitlichen doch immer zeigen, dass der Fotograf gerade was damit macht – das stört in der Street Photography.

Geschwindigkeit und Sicherheit der Fokussierung der OM-D lässt in meinen Augen auch gegenüber meine DSLRs keine Wünsche offen, wobei ich nicht aus der Erfahrung jener schreiben kann, die diesbezüglich an den Grenzen arbeiten, wie beispielsweise Fotografen schneller Sportarten, noch schnellerer Tiere oder auch Street-Fotografen die Nächtens mit extremen Bedingungen kämpfen. Genau genommen hatte ich sogar noch nie eine Kamera, mit der ich so schnell fokussieren konnte, wie die OM-D: Ein Fingertipp auf das Display – zack! – die Aufnahme ist im Kasten mit dem Fokus dort, wo ich getippt habe, also wo ich ihn haben wollte. Das funktioniert auch bei nicht mehr optimalen Lichtbedingungen zuverlässig und es soll mir niemand erzählen, dass er mit manueller Fokussierung oder gar Focus-and-recompose schneller wäre. Doch selbst das manuelle Fokussieren hat mir nie zuvor mehr Spaß gemacht. Beim Fotografieren mit DSLR bin ich immer etwas skeptisch ob das, was ich im Sucher scharf zu sehen glaube auch tatsächlich ausreichend scharf ist. Das hat damit zu tun, dass ich Brillenträger bin, auch wenn es vielleicht nur Einbildung sein mag. Ich bevorzuge deshalb in den allermeisten Situationen den Autofokus. Anders bei der OM-D: Drehe ich am Zoomrad sehe ich den Bereich unter dem aktiven AF-Messfeld auf 1:1 vergrößert und das gibt mir die Sicherheit den Fokus korrekt zu treffen. Die OM-D E-M1 wird diesbezüglich noch feiner sein, als die E-M5, denn sie kommt mit einem 1,3-fach-Sucher daher, etwas, was bei Spiegelreflexkameras offensichtlich unmöglich zu sein scheint.

Eine weitere Stärke der OM-D-Modelle: Olympus hat die nach meiner Erfahrung mit Abstand beste Bildstabilisierung – um Welten besser als die von Nikon, und die ist schon nicht schlecht – und die sitzt in der Kamera, kann also für jedes Objektiv genutzt werden (in verwandten Artikel »Es kommt nicht auf die Größe an« zeige ich ein Beispiel, das ich bei 4 Sekunden (4!) aus freier Hand gehalten habe).

Um es noch einmal zu betonen: Meine Argumente zielen nicht darauf ab, dass Olympus OM-Ds und der Micro FourThirds-Standard besser seien, als das, was Canon, Nikon, Pentax, Sony, etc. anbieten – es ist nur anders. Die OM-D ist eine tolle Kamera und jeden Euro wert, so wie beispielsweise auch die Nikon D7100 eine tolle Kamera ist, die ihren Preis rechtfertigt (das Preis/Leistungsverhältnis ist bei der D7100 eindeutig besser als bei der D600 – die Kamerahersteller lassen sich das Vollformat noch bezahlen). Was Olympus mit der OM-D E-M1 zeigt scheint ebenfalls ein tolles Paket zu einem sicher gerechtfertigten Preis zu sein und ich kann es nicht erwarten, das Teil einmal in die Hände zu bekommen. Ich kann nur noch einmal meiner Ansicht Ausdruck verleihen, dass die Rechnung »für das halbe Geld bekomme ich bei anderen Marken bereits APS-C« schlicht engstirnig und dumm ist.

Was zählt ist das Gesamtpaket, was man von einer Kamera erwartet und vor allem, was man mit ihr machen will. Die Modelle von Canon, Nikon und Sony sind sich sehr ähnlich, eigentlich schon fast zu ähnlich. Zwar kann der eine hier ein bisschen mehr und da ein bisschen weniger, doch unterm Strich erfüllen Sie beinahe identische Bedürfnisse. Wie schön, dass es auch Hersteller gibt, die sich um andere Bedürfnisse kümmern. Dafür sollten wir Olympus dankbar sein. Und auch Panasonic und Fuji. Ich fände es schaden, wenn alle Kameras aller Marken gleich wären: Gleich groß, gleich gestaltet, mit gleichen Funktionen und gleichen Abbildungseigenschaften. Ich habe mich bewusst gerade wegen der gänzlich anderen Eigenschaften für die OM-D als Zweitkamera neben der D600 entschieden. Es kommt nicht auf die Größe an sondern auf die inneren und die praktischen Werte. Und auf Individualität. Wir sind unterschiedliche Fotografen. Wir fotografieren unterschiedliche Themen in unterschiedlichen Situationen. Wir brauchen unterschiedliche Kameras.

Hier noch ein paar Impressionen, die ich in den letzten Monaten mit der OM-D eingefangen habe.

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