Der Bildbestand umfasst insgesamt rund 400 Fotografien, die Feininger selbst zu einer Retrospektive seines fotografischen Lebenswerks zusammenstellte. Noch bis zum 9. Januar ist im Zeppelin-Museum unter dem Titel “Andreas Feininger – That’s Photography” eine Ausstellung dieser Werke zu sehen. Die Arbeiten sollen zukünftig auch für externe Ausstellungen zur Verfügung gestellt werden.
Meldung des Südkuriers:
Nun hat die von Andreas Feininger selbst zusammengestellte Retrospektive seines fotografischen Lebenswerks also eine neue Bleibe: Die rund 400 Aufnahmen des Andreas-Feininger-Archivs (Tübingen) gehen in die Sammlung des Zeppelin-Museums Friedrichshafen über – Bildrechte inklusive.
Bei Beginn der aktuellen Feininger-Ausstellung im Zeppelin-Museum war das Geschäft mit Thomas Buchsteiner, Leiter des Feininger-Archivs und einer von Feiningers Nachlassverwaltern, schon anvisiert, aber noch nicht in trockenen Tüchern. Das Zeppelin-Museum will die Arbeiten eines der wichtigsten Fotografen des 20. Jahrhunderts für externe Ausstellungen zur Verfügung stellen, damit aber auch einen eigenen Sammlungsschwerpunkt stärken, der im Aufbau begriffen ist: Er umfasst Exponate, die an der Schnittstelle von Technik und Kunst siedeln.
Andreas Feininger, 1908 geboren als Sohn des Malers Lyonel Feininger, bietet sich hierfür besonders an, denn er verbindet Kunst mit Forschergeist: Schon als Jugendlicher experimentiert er im Elternhaus in Dessau mit Chemikalien und Fotonegativen, entwirft und baut schließlich Kameras mit extrem langer Brennweite. Später gibt er eine Vielzahl von Büchern heraus, in der es ihm um eines geht: die handwerklich-technische Vermittlung der Fotografie als der „einzigen Sprache, die überall auf der Welt verstanden werden kann“. Diese Funktion der Verständigung über nationale Grenzen hinweg, die Feininger der Fotografie zuschreibt, ist auch eine Folge der Erschütterungen durch den Zweiten Weltkrieg. Feininger, „Halbjude“, emigriert nach der Machtübernahme durch die Nazis über Schweden in die USA.
In Stockholm hat er sich, selbst Architekt, bereits als Architekturfotograf einen Namen gemacht – und nun, in den USA, der Heimat seines Vaters, prägen seine Aufnahmen von New York das weltweite Bild dieser Metropole. Fast 20 Jahre lang, bis 1962, fotografierte Feininger für das „Life“-Magazin. Sein Werk ist eng mit dem Journalismus verbunden, aber: „Fotografisch war er kein Hasardeur wie Robert Capa, kein Beobachter wie Henri Cartier-Bresson, der am liebsten auf den ‚decisive moment’ wartete, den Augenblick, in dem eine Situation fast ins Surreale kippte. Andreas Feininger war ein Entdecker mit dem altmodischen Postulat der Schönheit“, so Thomas Buchsteiner in einem von zwei bei Hatje Cantz erschienenen neuen Büchern über Feiningers Leben und Werk, die Buchsteiner mitherausgab.
Feininger plante seine Fotografien mit Sorgsamkeit und Konsequenz. Seine oft menschenleeren Aufnahmen von New York haben ihm den Ruf eingebracht, sich für Menschen nicht zu interessieren – ein Vorwurf, den die Ausstellung durch seine Fotoszenen aus dem Leben der Einwanderer – Einwanderer, wie Feininger selbst einer war – entkräften kann.
Die Ausstellung zeigt nicht nur Feiningers Fotos von New York mit ihren geschäftig dampfdurchzogenen Straßen oder weite Landschaften unter noch weiterem Himmel, in denen die einschneidenden Straßen fast verschwinden. Sie zeigt auch seine Porträtaufnahmen, deren Schönheit noch unterkühlter und analytischer ist als seine Architekturfotografie. Feiningers Porträt des Fotojournalisten Dennis Stock fokussiert den sich hinter einer Kamera versteckenden Menschen wie ein Wissenschaftler ein Objekt unter dem Mikroskop – und lässt ihm doch seine Verborgenheit. Zugleich verrät die Komposition erheblichen künstlerischen Einfluss, wirkt nicht weniger konstruiert als eine Grafik von Bauhaus-Lehrer Moholy-Nagy. Feininger fand seine Bilder nicht, er „machte“ sie – im vollen Sinn des Wortes.
Das gilt in besonderem Maße für seine experimentelle Fotografie, wie die Langzeitbelichtung eines startenden Hubschraubers mit dem spiralförmigen Phantom der Rotorspur. Seine Makroaufnahmen aus der Tier- und Pflanzenwelt schwanken zwischen der metallischen Nüchternheit Karl Blossfeldts und einer Hingegebenheit an die Schönheit der Form, wenn etwa die Struktur von Libellenflügeln sein Thema wird. „Die Welt ist voller Dinge, die das Auge nicht sieht“, hat Feininger einmal geschrieben. Auch in diese verborgenen Bereiche ist er mit dem Auge des forschenden Künstlers vorgedrungen.
Quelle: Südkurier
- Andreas-Feininger-Archive Tübingen
- Zeppelin-Museum Friedrichshafen
Wann und wo
Die Retrospektive ist noch bis zum 9. Januar 2011 in Friedrichshafen zu sehen
Andreas Feininger – That’s Photography
Zeppelin-Museum Friedrichshafen
Seestraße 22
88045 Friedrichshafen