12. Juni 2011, Montreal, Circuit Gilles Villeneuve. Es war der siebte Lauf der Saison und Sebastian Vettel hatte sich in der WM-Wertung bereits einen angemessenen Punktevorsprung erarbeiten können. Der Red Bull-Pilot stand auf der Pole Position vor den beiden Ferraris von Fernando Alonso und Felipe Massa. Im Gegensatz zum Qualifying kam am Renntag ein Regenguss der die Situation komplett verändern sollte.
Abgesehen von einem Test und einem Freien Training in der Türkei gab es noch keinen richtigen Einsatz für die neuen Regenreifen von Pirelli, die zum Anfang des Jahres die Nachfolge von Bridgestone angetreten hatten.
Der fliegende Start
Anschließend beschleunigte Schumacher auch noch Button aus, worauf ihm Hamilton kurz darauf folgte. Auf dem Weg nach vorne versuchte Hamilton dann auch den siebenmaligen Weltmeister zu kassieren. In Runde 6 scheiterte das Vorhaben als der Brite an der Hairpin an Schumacher vorbeigehen wollte, dabei leicht von der Ideallinie gedrängt wurde und den Platz an Jenson Button wieder verlor.
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Als der Weltmeister von 2008 dann wieder an seinem Teamkollegen dran war, setzte er am Ende von Runde 7 auf der Start-Ziel-Geraden wieder zum Überholen an. Da Button seinen Landsmann aber in der Gischt nicht sehen konnte und auch nicht mit einem Angriff an dieser Stelle rechnete kollidierten die beiden McLaren-Piloten, wodurch sich der Bolide von Hamilton so stark beschädigte, dass er nicht mehr weiterfahren konnte. Jenson funkte demnach überrascht: “What is he doing?”
Hamilton fuhr mit seinem zerstörten Auto aber doch noch einige Kurven weiter und parkte erst später. Die Folge: Das Safety Car kam nach kurzer Abwesenheit wieder auf die Strecke.
Jenson Button nutzte dies schon aus um auf die Intermediate-Reifen zu wechseln. Natürlich ließ er sich zuvor vom Team vergewissern, dass sein Auto trotz der Kollision noch vollständig intakt war.
Am Ende von Runde 12 wurde dann das Rennen erneut freigegeben – allerdings noch ohne große Veränderungen. Reihenfolge: Vettel, Alonso, Massa, Rosberg, Schumacher, Kobayashi, Heidfeld, Petrov.
Der große Regen
Jenson Button erhielt dann aber plötzlich eine Durchfahrtsstrafe. Aber nicht etwa wegen der Kollision, sondern weil er das vorgegebene Zeitlimit hinter dem Safety Car nicht eingehalten hatte. Somit fiel der Brite wieder kurzzeitig ans Ende des Feldes zurück.
Als auffiel, dass Button mit den Intermediates immer weiter noch vorne kam, wechselten auch andere Fahrer nach und nach auf Intermediates. Beispielsweise wurden zuerst Rosberg und Alonso an die Box gerufen – eine Runde später und wahrscheinlich genau zum falschen Zeitpunkt dann auch Michael Schumacher.
Denn nachdem der Deutsche wieder herauskam fing es richtig stark an zu regnen, sodass alle die, die noch keine Reifen gewechselt hatten, profitierten. Zudem wurde dann auch prompt mit dem Stand von Runde 20 das Safety Car zu seinem dritten Einsatz herausgeschickt.
Das Warten und der Restart
Das Wetter gab keine richtigen Anzeichen auf Besserung. Die Zuschauer an der Strecke und vor dem Fernseher wurde auf eine richtige Geduldsprobe gestellt. Regelmäßig wurde das Wasser von der Strecke gefahren bis es dann tatsächlich kaum noch regnete und nach zwei Stunden (!) wieder weitergehen konnte.
Dennoch führte das Safety Car das Feld noch einige Runden vor sich her. Mit der Beginn von Runde 26 starteten alle Piloten wieder pflichtgemäß wie im Reglement festgesetzt mit Regenreifen. Diese müssen bis zum Ende der Safety Car-Phase draufbleiben. Jedoch hielten sich nicht alle dran: Jérôme d’Ambrosio wechselte in Runde 34 – eine Runde bevor das Safety Car herein kam – bereits auf die Intermediate-Reifen. Dafür erhielt der Belgier kurz darauf eine Durchfahrtsstrafe.
Beim Restart konnte sich Vettel eine Lücke herausfahren während hinter ihm Felipe Massa in der ersten Kurve einen Angriff auf den zweitplatzierten Kamui Kobayashi startete, aber um Kollision zu vermeiden dennoch nachgeben musste.
Einige Piloten, darunter Michael Schumacher, wechselten zu Anbeginn des Restarts dann direkt auf Intermediate-Reifen. Eine Runde später folgte die nächste Reihe von Piloten mit u. a. Jenson Button und Nick Heidfeld.
In Runde 37 kamen dann mit Ausnahme von Vettel auch der Rest wie z. B. beide Ferraris und Kobayashi an die Box. Jedoch gerieten kurz darauf Fernando Alonso und Jenson Button in Kurve 3 aneinander, weshalb der Spanier auf dem Kerb fest hing, aufgeben musste und eine weitere Safety Car-Phase verursachte.
Button beschädigte sich sich dabei den linken Vorderreifen und fiel ein weiteres Mal ans Ende des Feldes zurück. Vettel nutzte die Safety Car-Phase dann um seinen Wechsel auf Intermediate-Reifen durchzuführen.
In Runde 41 kam es dann ein weiteres Mal zu einem Restart. Reihenfolge: Vettel, Kobayashi, Massa, Heidfeld, Di Resta, Webber, Schumacher, Petrov, Rosberg, Sutil. Vettel konnte sich hier wieder gut absetzen während hinten zwischen Adrian Sutil und Nico Rosberg bereits vor Wiederfreigabe des Rennens an der Hairpin zu einer Kollision kam. Zudem hatte der Gräfelfinger seinen Landsmann zu früh angegriffen und erhielt dafür anschließend noch eine Durchfahrtsstrafe.
In der Runde darauf hatte Mark Webber Probleme beim Rausbeschleunigen aus der Haarnadel, was Michael Schumacher direkt ausnutzte und am Australier vorbeiging. Gleich danach kam es zu einen Kollision zwischen Nick Heidfeld und Paul di Resta in der Schikane von Start und Ziel. Während der Renault keinen Schaden davontrug, wurde der Frontflügel des Force Indias beschädigt.
Währenddessen hing Massa noch immer hinter Kobayashi auf Rang 3 fest. Sein Renningenieur motivierte seinen Schützling mit den Worten: “Let’s get him out of the way. Quick as you can, get passed him, then we get on Vettel.”
Dann wurde von der Rennleitung in Runde 46 entschieden, dass das DRS angewendet werden darf.
Wenige Runden später näherte sich Michael Schumacher den Kampfhähnen Kobayashi und Massa immer mehr und als die beiden sich in Kurve 10 nicht ganz einig wurden, zog der Deutsche an beiden Piloten vorbei auf Position 2.
Dann war aber die Strecke schon trocken genug um Slicks aufzuziehen, was die Piloten dann auch der Reihe nach taten. In Runde 53 musste Massa dann einem überrundeten HRT von der Ideallinie weg über die nasse Spur ausweichen, weshalb der Brasilianer in die Barriere krachte und sich einen neuen Frontflügel holen musste. Derweil übernahm Nick Heidfeld die Jagd auf Kamui Kobayashi, dem der Deutsche in Runde 56 beim Beschleunigen ins Heck krachte, sich den Frontflügel beschädigte, dieser unters Auto flog und den Renault aus dem Rennen warf.
Die Trümmerteile lagen vor Kurve 3 aber so ungünstig auf der Strecke verteilt, dass es zu einer erneuten Safety Car-Phase kam. Am Ende von Runde 60 sahen wir dann letztendlich den finalen Restart und den Showdown mit den letzten zehn Runden des Rennens. Reihenfolge: Vettel, Schumacher, Webber, Button, Kobayashi, Petrov, Barrichello, Alguersuari, Rosberg, Massa.
Das Finale
Beim Restart war der siebenmalige Weltmeister hellwach und setzte sich vor der Schikane sogar neben seinen deutschen Landsmann Vettel. Jedoch musste der Mercedes-Pilot danach abreißen lassen und sich gegen Webber und Button verteidigen. Nachdem die ersten Überholmanöver von Webber scheiterten, kam Jenson Button am Australier vorbei und schickte sich danach auch noch an Schumacher zu überholen.
Mit dem wieder freigegebenen DRS war dies für den Briten eine Leichtigkeit und somit konnte der McLaren-Pilot direkt seine Verfolgung auf den Spitzenreiter Vettel aufnehmen. Kurz darauf wurde Schumacher dann komplett vom Podium gestoßen, als ihn Webber auch noch kassierte. Dennoch blieb der Deutsche weiter am Australier dran.
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Button näherte sich Vettel mit riesigen Schritten. Über Funk gab man sich auch schon optimistisch: “We can have him. We can win this race, Jenson” . In vorletzten Runde (69/70) war der Brite sogar bereits im einsekündigen DRS-Fenster.
Es ging in die letzte Runde und Vettel musste alles daran setzen, dass sein Verfolger im McLaren auf der langen Geraden und an Start-Ziel nicht die Möglichkeit erhält seinen Heckflügel flach zu stellen. Das Vorhaben scheiterte: Der Red Bull-Pilot, der bis zu diesem Zeitpunkt das ganze Rennen in Führung lag, machte in der Kurve 7 einen Fehler und kam von der Ideallinie ab.
Button nahm dieses Geschenk dankend an und fuhr zu seinem 10. Grand Prix-Erfolg. Vettel wurde Zweiter vor Teamkollege Webber und dem Mercedes von Schumacher. Massa klebte vor der letzten Schikane nach an Kobayashi und setzte dank DRS auf dem Weg zur Ziellinie noch zum Angriff an: Mit einem knappen Fotofinish setzte sich der Ferrari-Pilot noch auf den sechsten Platz.
So endete ein spektakulärer Kanada-GP. Hier nochmal ein Blick auf die wichtigsten Fakten:
- Das längste Formel 1-Rennen aller Zeiten mit einer Dauer von 4:04:39.537 Std
(Pause eingerechnet)
- Ein Rekord von insgesamt sechs Safety Car-Phasen
- Rekord: Button gewann das Rennen mit insgesamt sechs Boxenstopps
(inkl. einer Durchfahrtsstrafe)
- Ein weiterer Bestwert: 30 von 70 Runden lag das Safety Car in Führung