“Foodporn” ist ein Wort, das eine recht neue Social-Media Bewegung präzise auf den Punkt bringt. Eine Invasion von Bildern saftig glänzender Steaks inmitten goldgelbeb frittierter Pommes, vom Edel-Sushi beim Japaner oder der neuesten Kreation vom eigenen Herd, befällt seit geraumer Zeit Facebook und Twitter. Den eigenen kulinarischen Genuss zu teilen macht offenbar immer mehr Menschen Spaß – wir schließen uns da mit ein. Foodporn polarisiert. Die einen feiern sich als Teil eines neuen lukullischen Zeitalters, den anderen geht die überschäumende Essenslust einfach nur auf die Nerven. Ein junges Tüftler-Team aus Berlin will diese Situation für sich nutzen und allen Ess-Fans eine eigene Plattform bieten – jenseits der bewährten Netzwerke. Noch existieren weder App noch Website, doch wir haben vorab schonmal mit Andre aus dem Entwicklerteam von mealstream gesprochen.
Essen mit seinen Freunden zu teilen scheint ja tatsächlich ein Trend zu sein. Facebook quillt über vor kulinarischer Erotik. Ihr wollt das soziale Netzwerk nun quasi von der Flut an Ess-Bildern befreien und das auf einem anderen Kanal bündeln. Wird mealstream also quasi eine Art Facebook für Gourmets?
Genau, wir haben an uns und unseren Freunden festgestellt, dass Menschen ein starkes Interesse haben, ihre Mahlzeiten und Getränke ihren Freunden mitzuteilen. Das kann unterschiedliche Gründe haben, meistens gefällt ihnen das Essen im Restaurant so gut, dass sie es weiterempfehlen wollen oder sie sind stolz auf ihr selbstgekochtes Gericht, dass sie dies mit der Welt teilen wollen. Das Posten dieser Meals wollen wir für die Nutzer praktikabler und sinnvoller machen, als es derzeit bei Facebook der Fall ist. Dabei ist mealstream nicht nur Gourmets vorbehalten, sondern darf auch vom Currywurstliebhaber genutzt werden.
Generell dürfte Facebook der größte Konkurrent sein, was bekommt der Nutzer bei mealstream, was er bei Facebook nicht hat? Zumal Facebook ja nun mit Instagram den größten Fotostream-Konkurrenten aufgekauft hat.
Wir sehen uns nicht als Konkurrent zu Facebook oder Instagram, sondern als eine Art Erweiterung dazu. Auf den existierenden Plattformen werden die Gerichte nur als Fotos hochgeladen. mealstream sieht sie tatsächlich als Gericht und ermöglicht die entsprechende Verschlagwortung und Kategorisierung (z.B. Pizza, vegan, Ristorante Da Luigi etc). Dadurch ist ein einfaches und effizientes Speichern, Bewerten, Empfehlen und Suchen nach Gerichten möglich.
Habt ihr keine Bedenken, dass diese Food-Welle nur ein temporäres Phänomen ist, das bald wieder abflacht?
Durch die fortschreitende Digitalisierung der Welt und die schnelle Entwicklung der Smartphones ist das Fotografieren und Veröffentlichen von Entdeckungen zum festen Bestandteil des Repertoires der Digital Natives geworden. Diese internetaffinen Menschen sind heutzutage jedoch keine Techies mehr, sondern Menschen wie du und ich. Unter dieser Gruppe von Menschen befinden sich natürlich auch mehr und mehr Essensverrückte oder Foodies. Auch offline spielen die Themen Kochen, Essen, Trinken und Genießen eine immer größere Rolle. Zahlreiche Kochshows, -bücher, Lebensmittellieferdienste, Kochkurse, Winetastings und und und zeugen von dem sogar steigenden Interesse am Thema Essen. Wir glauben daher nicht, dass es sich um ein temporäres Phänomen handelt, sondern in Zukunft noch deutlich zunehmen wird.
Kann oder soll mealstream mit gewöhnlichen Foodblogs in Konkurrenz treten? Anders gefragt: Sollen unter den Posts auch Zutatenlisten und Rezepte stehen oder beschränkt sich das Konzept auf Bilder?
Das schöne an einem Foodblog ist unserer Ansicht nach, dass das entdeckte oder gekochte Gericht ausschweifend beschrieben werden kann. Dafür nutzt man sein eigenes Webdesign und benötigt viel Zeit, um den Beitrag mit Liebe zu erstellen. Diese Möglichkeit, ob nun aus Zeitgründen oder fehlendem technischen Know-How, haben die wenigsten Menschen. Dafür können sie von unterwegs auf einfache Art und Weise mit mealstream ihre Gerichte veröffentlichen.
mealstream sieht für Restaurantgerichte und eigens gekochte Gerichte verschiedene Möglichkeiten der Verschlagwortung vor. Bei selbst gekochten Gerichten wird die Möglichkeit bestehen, eine Zutatenliste bzw. ein Rezept in Kurzform beizufügen. Ausführliche Zubereitungsbeschreibungen sind jedoch nicht vorgesehen.
Wie ist mealstream vernetzt? Gibt’s Funktionen außer einem Bilderstream? Bewertungssysteme, Tischreservierung per Knopfdruck, oder etwas anderes in dieser Richtung?
Im Zentrum steht der Bilderstream, der mealstream an sich. Über diesen können sich Hobbyköche präsentieren und so ihre Gerichte an einem geeigneten Ort speichern und veröffentlichen. Restaurantgänger erschaffen sich ihre persönliche Favoritenliste an Meals durch das Besuchen des Restaurants und dem Hochladen der Gerichte. Natürlich wird es Standardfunktionalitäten wie das Kommentieren, Bewerten und Empfehlen geben. Im Zuge von Weiterentwicklungen von mealstream haben wir eine Vielzahl von Erweiterungen im Kopf, die wir gern nach und nach ausprobieren möchten, um zu sehen, wie sie bei den Nutzern ankommen. Hier sind der Fantasie im Grunde genommen keine Grenzen gesetzt.
Ist auch ein Bonus-System geplant, à la Foursquare? Wird es Kooperationen mit Restaurants oder Bars geben?
Aufgrund der Vielfältigkeit des Themas Essen und Trinken in Restaurants und der eigenen Küche, sind die Weiterentwicklungsmöglichkeiten vielfältig. Hier möchte ich jedoch noch nicht so viel verraten, aber Kooperationen mit beispielsweise Gutscheinanbietern, Essenslieferanten und Restaurants bis hin zu Partnerbörsen, Fotografen und Kochschulen sowie beliebigen weiteren Dienstleistern und Institutionen sind vorstellbar.
Wer steckt hinter dem Projekt, wie entsteht und entstand mealstream?
Wir sind bisher ein Team von drei Personen. Björn und Andre sind die Entwickler im Team und ich, auch Andre, kümmere mich um den restlichen kaufmännischen und administrativen Kram. mealstream entsteht in der Startuphochburg Europas schlechthin – du errätst es nie – genau, in Berlin. Wir tüfteln derzeit kräftig an einer Betaversion der iPhone App und einer passenden Website und hoffen mit dieser im Juni online zu gehen.
Seid ihr selbst auch begeisterte Food-Sharer oder habt ihr schlicht eine Marktlücke entdeckt und verfügt über das technische Know-How?
Ersteres trifft es schon sehr gut. Wir sind selbst seit Jahren schon essensbegeistert und haben festgestellt, dass das Teilen von Gerichten auf Facebook mehr und mehr zunimmt. Ich selbst habe dann auch gemerkt, dass meine geteilten Gerichte, aufgrund der Flut an neuen Nachrichten, bereits nach Minuten wieder von der Bildfläche verschwunden waren und ich habe mir eine Plattform gewünscht, auf der ich geeignet die Gerichte veröffentlichen und auch wiederfinden kann. Darüber hinaus besitzt aber unser Team sowohl die technischen als auch kaufmännischen Fähigkeiten, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu halten und die Entwicklung voranzutreiben. Selbstverständlich werden wir uns im Laufe der Zeit vergrößern, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.