In der Nacht auf heute sind wir aus Asien nach Hause gereist. Wir waren dort für Sitzungen und anschliessende Ferien. Auf der Rückreise hatten wir einen Tag Zwischenhalt in Singapur eingeplant, und weil wir des Wartens überdrüssig wurden und ohnehin schon in der berühmten Arab Street waren, begaben wir uns in einen der zahlreichen Teppichläden. Anfänglich wollten wir uns einfach nur sattsehen, aber schon bald tauchte die Idee auf, wir könnten uns ja auch einen Teppich kaufen und damit nach Hause fliegen. Dies erschien uns umso attraktiver, als wir das übliche Reisen per Flugzeug aus Gründen des Umweltschutzes sowieso problematisch finden. Zudem erinnerten wir uns auch wieder daran, dass wir vor etlichen Jahren mit einem Teppich von Istanbul nach Hause flogen, und so wussten wir aus Erfahrung, dass sich Flugreisen tatsächlich auch mit einem Teppich bewältigen lassen.
Schon beim Kauf des besagten Teppichs in Istanbul lernten wir, dass man sich dafür besser genügend Zeit lässt, denn es handelt sich dabei um eine Vertrauenssache (ich hoffe, darüber später noch einen weiteren Artikel schreiben zu können). Dies umso mehr, wenn man mit ihm eine lange Flugreise antreten will, was bei uns ja der Fall war. Der Flug von Istanbul nach Zürich dauert vergleichsweise kurze zwei Stunden; für den Flug von Singapur mussten wir mit über dreizehn Flugstunden rechnen, was vom gewählten Flugmaterial offensichtlich erheblich mehr abverlangt. Wir wollten bei der Qualität des gewählten Teppichs keine Kompromisse eingehen – immerhin waren auch andere Faktoren nicht zu ignorieren: Mit der hereinbrechenden Nacht mussten wir uns auf einen Nachtflug einstellen, was bezüglich Navigation höhere Ansprüche stellt. Zudem hatten wir mehrere grosse Gewässer zu überqueren; wir hatten zwar einschlägige Erfahrungen mit dem Fliegen mit Teppichen (s.o.), wussten aber kaum etwas über deren Schwimmfähigkeit und -verhalten. Dass wir dann innerhalb der engen Grenzen unseres Budgets einen guten Teppich fanden, machte uns nicht wenig glücklich.
Der nach langer Verhandlung erstandene Teppich kommt aus Indien und ist 90 x 125 cm gross; es können darauf also im Schneidersitz ohne Probleme zwei Passagiere sitzen und haben dabei sogar etwas mehr Platz zur Verfügung als auf einem gängigen Economy-Sitz. Preislich meinen wir einen guten Deal gemacht zu haben, jedenfalls deutlich günstiger als zwei Plätze in einem kommerziellen Flug. Auch die Ökobilanz ist bei Teppichen deutlich besser als bei Passagierflugzeugen.
Eigentlich wären wir gerne direkt auf unserem Balkon gelandet, aber die Flugüberwachung und andere physikalische Limitierungen zwangen uns zur Landung auf dem Züricher Flughafen. Beim Zoll lieferten wir dem Schweizer Staat pflichtbewusst etwas über vierzig seiner Franken ab.
Als ich heute Nachmittag eine kurze Runde über’s Bieler Seeland drehen wollte, tat der Teppich keinen Wank. Vermutlich sind Teppiche, auf welchen die Schmach der Schweizerischen Warenumsatzsteuer liegt, bezüglich Flugverhalten von hiesigen Teppichen nicht mehr zu unterscheiden. Somit dürfte dies die letzte Flugreise unseres Teppichs gewesen sein. Wie viele Flugreisen er schon vor unserem käuflichen Erwerb gemacht hat, haben wir den persischen Teppichhändler leider zu fragen vergessen.
Foto: http://popupcity.net/flying-grass-carpet-a-landscaping-fairytale/