Die Geschichte von Shin Dong-hyuk, der 1982 im nordkoreanischen Internierungslager Kaech'ŏn (Straflager 14) geboren wurde und entkam, hat mich zutiefst berührt und nachdenklich gemacht. Das Buch ist ein berührendes Zeugnis eines ungewöhnlichen Schicksals und zugleich Dokument eines unmenschlichen Lagersystems.
Der kleine Junge lernte die Regeln des Lagers,
"die zehn Gebote", wie er sie später nannte,
auswendig und kann sie auch heute noch aufsagen.
Die erste lautete: Jeder, der bei einem Ausbruchs-
versuch gefasst wird, wird auf der Stelle erschossen.
Um den Häftling daran zu hindern, den Staat, der ihm gleich das Leben rauben würde, zu verfluchen, stopften die Wärter seinen Mund mit Kieselsteinen und zogen ihm eine Kapuze über den Kopf.
Die Wärter zogen Shin aus, fesselten seine Hand-
und Fussgelenke und hängten ihn an einen Haken
an der Decke. Anschliessend machten sie unter
ihm ein Feuer und liessen ihn langsam von der Decke
herab. Als seine Haut Blasen warf, fiel er in Ohnmacht.
Shin und seiner Mutter ging es während der Hungersnot elend, sie litten Hunger, aber nicht stärker, als sie es im Lager ohnehin gewohnt waren. Der Junge machte weiter wie bisher, fing Ratten, ass seiner Mutter das Mittagessen weg und erduldete die Schläge, die er dafür bekam.
Er nahm seinen langen Zeigestock aus Holz, holte
weit aus und schlug immer wieder auf den Kopf des
Mädchens. Während Shin und seine Klassenkameraden
schweigend zusahen, bildeten sich auf dem Kopf des
Mädchens kleine Schwellungen.
Er befahl dem Jungen, seine Zunge auf ein eiskaltes Moniereisen zu drücken. Es dauerte fast eine Stunde, bis es Soon Ho mit Tränen in den Augen und blutigem Mund gelang, seine Zunge vom Eisen zu lösen.
Als er schwer verletzt auf dem Boden des Schachts lag,
verspürte er mehr Enttäuschung als Schmerzen.
Er hatte 23 Jahre in einem Freiluftkäfig verbracht, in dem Männer mit Willkür, Folter, Morden, Hinrichtungen und der Pflicht zur Denunziation über die Gefangenen herrschten. Er fühlte sich wunderbar frei - und soweit er es beurteilen konnte, gab es niemanden, der nach ihm suchte.
Das Wort, das Shin immer und immer wieder
gebrauchte, um diese ersten Tage in der Freiheit
zu beschreiben, war "Schock".