Schwere Reiter
Was wurde eigentlich aus der ersten Liebesgeschichte der Menschheit? Nach einem kleinen Unfall mit etwas Frischobst wurden die menschlichen Prototypen Adam und Eva ja bekanntlich von ihrem Schöpfer aus dem Paradies verbannt. Doch wohin führte die beiden ihr Weg?
Diese Frage klärt der Musiker und Regisseur Peter Pichler in seiner neuen Musikthaterproduktion „Zurück im Paradies“, die am 5. Dezember im Theater der Schweren Reiter uraufgeführt wurde. Die Inszenierung basiert auf dem gleichnamigen Romans des Universalkünsterls Funny van Dannen, mit dem Pichler auch zusammenarbeitet. Bereits in seiner utopischen Kammeroper „Bloss a Gschicht“, die 2011 Premiere feierte (wir berichteten), wurden Texte und Songs eines Künstlers – in diesem Falle Hans Söllner – zu einem Theaterabend verwoben. Obwohl das Grundprinzip wieder aufgegriffen wurde, ist dem Zuschauer jedoch vor allem aufgrund des sehr anderen Stils van Dannenes ein völlig anderer Theaterabend geboten.
Erzählt wird die Geschichte von Adam und Eva, die sich bereits durch die Weltgeschichte gelebt haben und nun einen kleinen Tante-Emma-Laden betreiben. Adam ist jedoch unzufrieden mit seinem Leben und so beschließen die beiden, Gott wieder einmal einen Besuch abzustatten. Der Alte sitzt mit Jogginghose und Morgenmantel über der Tageszeitung und fühlt sich einsam. Er schlägt seinen abtrünnigen Kindern, wieder ins Paradies zu ziehen. Doch die beiden haben inzwischen ein eigenes Leben mit Freunden und Familie aufgebaut und wollen dieses – wenn auch schlichte – Dasein nicht aufgeben. Und so kämpfen sie tagtäglich mit den Tücken des Mensch-Seins: Gewalt, Gefühlskälte, Sex und aggressive Waldbewohner, die sich an den Menschen rächen wollen.
Ich persönlich kannte vor der Premiere noch nichts von der Musik des Wahlberliners van Dannen, aber sie ist wieder inhaltlich sehr passend in die Story eingefügt und im Gegensatz zu „Bloss a Gschicht“ mit modernen Instrumenten wie E-Cello, E-Bass oder Trautonium sehr modern interpretiert. Die Bandmitglieder fungieren als Engel Gottes in orangem Overall und Wollmützen. Herrlich auch ihr Auftritt als Gitarren-Mundharmonika-Quartett mit Hirschgeweihen!
Neben den Musikern stehen auch drei Schauspieler auf der Bühne, die Gott, Adam, Eva und andere Nebenfiguren darstellen. Der Schauspieler und Kabarettist Stephan Zinner hat schon in der letzten Produktion bewiesen, dass er durchaus mehr als nur lustig sein kann. Sein Adam scheint zwar meist sarkastisch und unbekümmert, doch bringen ihn Kleinigkeiten wie ein misslungener Dekorationsversuch aus der Fassung. Auch scheint seine Beziehung zu Eva nicht mehr so glücklich zu sein, wie es vorgesehen war. Sie wird von Anett Krause dargestellt, die mit lautem und selbstbewusstem Auftreten der Figur trotzdem etwas Verlorenes gibt. Sie überlegt eigentlich, ins Paradies zurück zu gehen, doch scheint ihre Pflicht darin zu sehen, bei Adam zu bleiben. Dieser zeigt ihr jedoch immer öfter die kalte Schulter, selbst wenn sie ihm ihre Liebe gesteht. Als sich die beiden einige Zeit aus den Augen verlieren, findet sie eine glücklichere Beziehung. Gott bleibt weitestgehend außerhalb der Bezeihung, alleine an seinem Lesetisch. Jochen Striebeck zeigt einen müden, einsamen Gott. In seinem Jähzorn hat er nicht nur seine Kinder, sondern auch andere Begleiter verloren; etwa einem Engel, der auf die Erde verbannt wurde und dort umkam. Immer wieder versucht er daher, Adam und Eva wieder zu sich zu locken.
Die Story klingt an sich dramatisch, wird aber immer wieder durch tragi-komische und einfach nur irrwitzige Momente aufgelockert. So wird das Problem erörtert, dass der Himmel mit Meerschweinchen überfüllt ist, die es Petrus angetan haben. Oder dass ehemalige Zirkushirsche Menschen die Hosenträger klauen und daraufhin von den beleidigten Zweibeinern vergiftet werden. Interessant ist, dass viele Szenen nicht gespielt, als vielmehr als private Gespräche erscheinen. Immer wieder sprechen sich die Darsteller etwa mit ihren echten Namen an. Man kann nicht unterscheiden, ob es nun tatsächlich zur Inszenierung gehört oder wirklich spontan entsteht. All das macht „Zurück im Paradies“ zu einem absurden, nachdenklichen aber auch unterhaltsamen Theaterabend.
Im Schwere Reiter ist die Inszenierung nur noch heute Abend zu sehen, soll jedoch im nächsten Jahr wieder aufgenommen werden. Infos finden Sie auf der Webseite des Regisseurs Peter Pichler und des Theaters.
Peter Pichler