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Ampere, München, 15. September 2014
Gerade erst durfte man lesen, dass Eminem sich mit einem seiner Songs ins Guinness-Buch gerappt hat – 1560 Worte füllen den Track und natürlich hört sich das beeindruckend an. Nina Sonnenberg alias Fiva MC würde, spräche man sie darauf an, diese Meldung wahrscheinlich auf ihre eigene Art charmant weglächeln, sie weiß, dass Quantität und Geschwindigkeit nur mäßig Auskunft geben können über die Güte der Rhymes und dass der Inhalt – Binsenweisheit sowieso – den Sinn und somit die Qualität vorgeben. Von letzterer hat sie nicht zu knapp, im Juni ist ihr neues Album „Alles leuchtet“ erschienen und auch auf diesem zeigt die Münchnerin wieder ihr seltenes Talent, klare Ansagen zu sanftem Wordflow zu verbinden, laut zu sein, ohne sich in leeren Posen zu erschöpfen, Mädchen mit Herz und Kopf also, immer noch.
Sie hatte ihrer Band, so verriet sie, einen wunderbaren Abend angekündigt und es zeigte sich schnell, dass sie sich für dieses Versprechen nicht weit aus dem Fenster lehnen musste – Heimspiel nennt man das und auch wenn sie angeblich von allen Anwesenden den meisten Bammel vor dem Auftritt in der Geburtsstadt hatte – viel zu spüren war davon nicht. Wozu auch, mit einem perfekt harmonierenden DJ Radrum an den Turntables, den abgefunkten Jungs aus Wien im Rücken und einem Publikum, dass ihr für zwei Stunden förmlich an den Lippen hing, brauchte ihr nicht bange sein. Zumal sie ja auf der Setlist reichlich Material hat, um sich die Zeit mit ihren Lieblingsbeschäftigungen zu vertreiben: Singen, Klatschen, Tanzen, solche Sachen eben. „Zu alt um cool zu sein“, den Augenblick genießen, vielleicht auch einen Sommer (wie es in einem ihrer Stücke heißt) – das ging genau an diesem Abend und zwar von Start bis Ende.
„Goldfisch“, „Frühling“, „Kleinkunst“, „Leuchtturm“, viel Bewegung, da kann selbst der verirrte Anzugträger nicht anders, als verschämt die Arme zu schwenken. Nicht alles München-Lieder, aber schnell zu solchen gemacht – denn klar: „Die Stadt gehört wieder (einmal) mir!“ Bei so viel beschwingtem Frohsinn wird es natürlich schwierig, auch mal auf ernst herunterzukühlen, es gelingt ihr dennoch. „Du bist nicht mein Monster“ klingt live noch grimmiger als von der Konserve und bei „Phoenix“, dem wohl besten Song der aktuellen Platte, erwischt einen kurz ein kühles Schaudern, auch das gehört mit zum Programm. Man kann mit ihr, soviel ist klar, allerbestens ausflippen, bekommt das aber nicht umsonst, sondern darf sich dazu gern noch ein paar Gedanken mehr machen oder zur weiteren Verwendung mit auf den Heimweg nehmen.
Auch wenn Bernadette La Hengst und Peter Brugger nur vom Band grüßen - Komplimente gibt es reichlich und zwar von beiden Seiten. Szenenapplaus für ein Solo am Jazzpiano, lockeren Freestyle als Kaufstimulanz und jede Menge glückselige Momente auf und vor der Bühne. Kurz nur glaubt man zu bemerken, wie Fivas sonst so feste Stimme vor lauter Rührung wegzukippen droht, warum auch nicht, solche Abende daheim sind schließlich wie gemacht für’s Familienalbum und da darf man auch schon mal etwas sentimental werden. Der launige Hinweis des Bassisten, man solle doch endlich diese depperten Luftballons wegtun, wird mit breitem Grinsen quittiert – es bleibt also dabei: Nicht wieviel, sondern was man sagt, entscheidet. Und wer noch Trost braucht, summt draußen einfach weiter: „Das Beste ist noch nicht vorbei…“