Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia
9Taktik-RPGEs sei einem Nintendo-Fan verziehen wenn er im Moment genug von Fire Emblem gehört hat. Immerhin war Fire Emblem Fates so gestaltet, dass einfach jeder Spieler so viel Fire Emblem-Nachschub erhält, dass er einfach absolut gestättigt sein muss.
Zählt man das seltsame Releasemodell von Fates genau, so hat es auf dem 3DS nun bereits vier Fire Emblem-Ausgaben gegeben. In dieses Szenario fällt nun der Release von Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia, welches dem betagten Handheld noch einmal Leben einhauchen möchte. Hat das Spiel denn noch irgendetwas zu bieten, was man nicht schon vor kurzer Zeit in den anderen Ausgaben erlebt hat?
Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia ist genau genommen ein Remake des zweiten Fire Emblem-Spiels, das nur in Japan und schon vor Jahrzehnten auf dem NES erschien. Ein Umstand, den man sich konstant vor Augen halten muss, denn ansonsten könnte man meinen, die Entwickler seien noch einmal richtig in sich gegangen und hätte Fire Emblem drei Schritte vorwärts entwickelt. Die Taktik-Serie ist nicht grundlos so erfolgreich, doch kränkelt sie an diversen Problemen, die natürlich umso stärker ins Gewicht fallen, je öfter und häufiger man sich damit beschäftigt. Doch Echoes besitzt eine Reihe von Design-Elementen die mit den altbekannten Problemen aufräumen – was äußerst verwirrend ist wenn man bedenkt, dass es eigentlich der zweite Teil der Serie ist und alle Neuheiten daraus von den Designern längst wieder verworfen wurden.
1.) Grundbestandteil der Serie ist es, eine Armee an Spielfiguren einzusammeln. Innerhalb kürzester Zeit hat man so viele Einheiten, dass man zu der Entscheidung gezwungen wird, Figuren auf die Ersatzbank zu schicken – ein Schicksal von dem es angesichts der knappen Ressourcen kaum jemals ein Zurück gibt. Man erhält so dutzende Charaktere, die man nie wirklich einsetzen kann. Echoes schafft hier Abhilfe. Denn der Spieler kontrolliert gleichzeitig zwei unterschiedliche Armeen. So kann man neue Figuren mit gewohnter Frequenz einsammeln und sie kommen doch beinahe alle zum Einsatz.
2.) Klassen-Entscheidungen sind überaus komplex und haben über dutzende von Spielstunden hinweg einen Einfluss, der am Anfang einfach noch nicht überschaut werden kann. Skills, die noch an Nachkommen vererbt werden, verleihen dem Ganzen eine Komplexität, die kaum noch zu durchschauen ist. In Echoes ist zunächst einmal Schluss mit Nachkommen. Figuren die man mühselig aufgezogen hat, bleiben diesmal bis zum Ende relevant und darüber hinaus sind beinahe alle Klassenpfade streng linear. Wie in einem klassischen RPG kann man so seine Figuren einfach hochtrainieren, ohne an jeder Ecke die Angst zu haben, eine Entscheidung zu treffen, die die Figur im weiteren Verlauf völlig nutzlos macht.
3.) Ausrüstungsgegenstände die sich abnutzen gehören bei Fire Emblem einfach dazu. Aber macht es denn wirklich Spaß, wenn man als mühselig erarbeitete Belohnung einen Gegenstand besitzt, der zwar mächtig ist, aber nach einem Einsatz auch schon wieder verschwunden ist? In Echoes ist endlich einmal Schluss mit diesem Unfug. Neue Ausrüstungsgegenstände sind zwar eine Seltenheit, doch genau deshalb kommt wieder richtig Laune auf, wenn man eines der Upgrades erhascht. Zusätzlich kann man seine Items mit Barem beliebig aufwerten, sodass es ausreichend komplexe Entscheidungen gibt – auch wenn sich nicht ständig die antrainierten Waffen in Luft auflösen. Zusätzlich verleihen die Waffen durch Training noch zusätzlich Skills, die zum Experimentieren einladen.
4.) Magie ist in den letzten Ausgaben ein ziemlich sinnloses Unterfangen gewesen. Mechanisch kaum von einem normalen Ausrüstungsgegenstand zu unterscheiden, waren die taktisch interessanten Zauber ohnehin sofort und für immer aufgebraucht. Echoes setzt dem tristen Dasein von Magiern ein Ende. Charaktere lernen ihre Skills durch das Aufleveln und behalten diese dann auch. Alles was zum Ausführen benötigt wird sind Hitpoints – eine einfache, aber extrem effektive Mechanik. Diesmal werden also völlig frei Einheiten durch die Karte teleportiert und Dummy-Einheiten beschworen, was dem ganzen Treiben eine völlig neue taktische Dimension eröffnet, ohne wirklich von bekannten Fire Emblem-Pfaden abzuweichen.
5.) In Fire Emblem gibt es sehr begrenzte Ressourcen. Jeder Zug ist nicht darauf ausgelegt einer sinnvollen Taktik zu folgen, sondern um Erfahrungspunkte zu optimieren, da keine verpasste Gelegenheit, um an XP zu kommen, jemals wiederkommt. In Echoes ist Schluss mit XP-Armut. Nicht nur dass feindliche Einheiten in endlos erscheinender Vielzahl auf der Weltkarte auftauchen, Echoes hat diesmal auch echte Dungeons, in denen man wie in jedem RPG herumzieht und versucht verborgene Schätze zu heben. Geheime Räume und verwinkelte Labyrinthe gehören dort zum Alltag, genauso wie eine sich stets erneuernde Menge an feindlichen Monstern.
6.) Keine Frage, die Inszenierung der 3DS-Episoden war nicht schlecht. Aber die Lokalisierung beschränkte sich stets auf eine handvoll Floskeln, mit denen die Charaktere den tatsächlichen Text unterlegten und die manchmal so überhaupt nicht zusammenpassen wollten. In Echoes gibt es ohne Pause qualitativ hochwertige Sprecher, die sämtlichen Charakteren in charmanter Art und Weise Leben einhauchen. Das Spiel nimmt sich deutlich mehr Zeit, um seine Welt und seine Charaktere zu entwickeln, sodass nicht alle entscheidende Figuren auf gerade einmal zwei Auftritte in der Handlung reduziert sind. Die Welt wirkt so lebendiger, detaillierter und der recht simpel gestrickte Plot kann trotzdem unterhalten. Vor allem aber das bodenständige Charakterdesign hilft dem Spiel, dem allzu plumpen Fantasy-Kitsch der Vorgänger zu entkommen.
7.) Permadeath! In Fire Emblem sterben Figuren für immer. Das kann man zwar heutzutage abstellen, jedoch passen die unterschiedlichen Mechaniken dann nicht mehr gut zusammen. Die Folge ist dass ein Fire Emblem-Spieler eigentlich pausenlos am Spielstand laden ist, wenn eine Figur mal das Zeitliche segnet – ein Martyrium. In Echoes gibt es aber endlich mal ein paar gute Gründe, die Permadeath-Funktion anzulassen. Zunächst wäre da die Möglichkeit, in jedem Kampf die Uhr ein paar Mal zurückzustellen. Das Spielerverhalten ist so sinnvoll in das Gameplay integriert und es entsteht nicht der Eindruck, man würde das Spiel betrügen. Darüber hinaus ist in der Welt die Möglichkeit versteckt, in begrenztem Ausmaß Figuren wiederzubeleben. Diese beiden Umstände sollten es dem Spieler einfach machen, das Spiel diesmal so zu genießen, wie es sich eigentlich gehört.
Alles in allem ist Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia noch einmal ein richtiges JRPG-Highlight. Mit seinen Mechaniken handelt es sich bei dem Spiel vielleicht um einen einmaligen Ausflug in neue Gefilde, doch das tut der Serie merklich gut. Man darf sich auf gewohnte Stärken wie effektvolle Taktikgefechte sowie famosen Soundtrack verlassen und findet zudem jede Menge spielerischer Überraschungen. Da lohnt es sich doch wirklich den 3DS noch einmal auszugraben.
Plattform: 3DS (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 12, Release: 19.05.2017, Link zur Homepage
Autor
Florian KranerAufgabenbereich selbst definiert als: Pixel-Fachmann mit Expertenausweis. Findet ”Das Fürchterliche muß sein Gelächter haben!” zutreffend.
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