Auch dieses Jahr bleibt die Finest Spirits ein Pflichttermin für die Whiskyliebhaber in München – auch wenn Whisky immer mehr in der Hintergrund zu rücken scheint. Gefühlt jeder zweite Stand ist ein Gin-Stand und auch andere Spirituosen nehmen reichlich Platz ein (obwohl es nicht mehr ganz so viele Obstbrenner wie vor ein paar Jahren sind). Hier bewegt man sich offenbar weiter in Richtung Eventpublikum. Andererseits sind etliche großen Namen der Whiskywelt mit ihren Standards nicht und oder nur mit vergleichsweise kleinen Ständen vertreten und überlassen das Thema eher den unabhängigen Abfüllern, bei denen es nach wie vor mehr zu entdecken gibt, als man sinnvollerweise trinken kann. Hier kennt man inzwischen auch schon viele und kann recht gezielt nach interessanten Tropfen suchen. Das Angebot richtet sich also eher an die Freaks denn an die Masse. Wohin sich das entwickeln wird, ist im Moment nur schwer abzuschätzen. Aktuell bleibt es aber nach wie vor interessant.
Deutliche Verbesserungen gab es dieses Jahr beim Essen. Gute Auswahl, ordentliche Portionen und auch geschmacklich alles im grünen Bereich. Dazu angemessene Preise, hier gehen also beide Daumen klar nach oben.
Ebenfalls positiv bemerkbar gemacht hat sich, dass viele Fahrzeuge aus dem MVG-Museum gefahren wurden und damit zwischen den Ständen mehr Platz war. Somit hat es weniger voll gewirkt als im letzten Jahr, auch wenn sicher nicht weniger Besucher in der Halle waren.
Um den Gaumen auf Whisky zu bringen, suchen wir nach einem unkomplizierten Einstieg. Das gestaltet sich „schwieriger“ als gedacht (eben wegen der eher spärlich vertretenen Standards). Schließlich lande ich beim Classic Malts Stand und probiere da mal den Talisker Storm, der kürzlich recht ausgiebig beworben wurde. In der Nase ist der ziemlich süß, im Mund aber eher kräftig und pfeffrig. Ganz OK als Einstieg und auch insgesamt.
Weiter zu alten Bekannten, den Linzern der Single Cask Collection. Deren Abfüllungen lohnen eigentlich immer und so werden auch wir hier fündig. An sich hab ich noch zwei aus ihrer aktuellen Range auf dem potentiellen Einkaufszettel, verschiebe das Thema aber erst mal auf später und probiere einen 15jährigen Benriach aus dem Boubon Hogshead, der mich deutlich ans Heumachen auf einer Alm erinnert. Sehr klarer und straighter Whisky mit viel grasigen und krautigen Noten. Gefällt mir ziemlich gut.
Der nächste Stop ist bei den Schweizern von Säntis, die wir in der Vergangenheit schon mehrfach besucht haben. Nach wie vor finden sich hier sehr eigenständige Whiskys aus dem Bierfass. Ich versuche den Snow White, eine Sonderabfüllung, die es immer nur im Winter gibt und die nach dem Bierfass in einem Apfelschnapsfass nachgereift wurde. Riecht interessant und hat tatsächlich neben dem Holz Noten von Granny Smith Schalen, enttäuscht mich aber im Geschmack. Da ist vor allem Holz präsent, sonst aber eher wenig. Nicht meins.
Zwei Stände weiter steht Maggie Miller, die wir gerade erst beim Warm Up Tasting dabei hatten. Sie erinnert sich sofort, dass ich einen Benrinnes versuchen wollte, der 28 Jahre in einem neuen Holzfass gelagert wurde. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dabei etwas Trinkbares herauskommt. Vor ein paar Jahren durfte ich Bourbon versuchen, der mit 9 Jahren zu lange im Fass war und der war komplett ekelhaft. Wie wenn man in ein Stück modriges Holz beißt. Der Benrinnes hingegen funktioniert überraschend gut. Zwar sind die Holznoten hier auch deutlich, aber weder übermächtig noch unangenehm. Das Ergebnis ist kein überragender, aber ein überraschend ausgewogener und trinkbarer Whisky. Hätte ich nie gedacht. Die anderen finden hier auch einige hervorragende Tropfen, wenn auch nicht gerade zu Spottpreisen.
Zeit für einen der Monster Malts am Stand von Munich Spirits und Slowdrink, so lange die Geschmacksnerven noch mitspielen. Hier sind wir in der absolute Oberklasse und die mag ich genießen und nicht verschwenden. Pit hatte die Liste vorab schon veröffentlicht und so hatte ich bereits Kandidaten im Kopf. Dass die Leute am Vortag überaschenderweise schon bei den Monster Malts Schlange gestanden haben und in Folge dessen einer davon deswegen leer war, hat die Auswahl dann zumindest erleichtert. Es wurde also ein Tomatin „Angel’s Choice“ von 1976. Was soll ich sagen? Bombe, wie nicht anders erwartet! Eine Geschmacksexplosion mit vielen Aromen, allen voran aber eine mächtige Cassisnote sowohl in der Nase wie im Mund. Gespräche treten jetzt erst mal in den Hintergrund, der will genossen werden!
Pit überlässt mir außerdem noch einen Rum, der ihm gerade zu viel wird. Das ist halt leider Perlen vor die Säue, da das einfach nicht mein Getränk ist. Der ist sicher toll (und ich finde ihn auch überraschend trinkbar), aber die Großartigkeit, die er angeblich hat, bleibt mir trotzdem verschlossen.
Essenspause, Rindergeschnetzltes in Whiskysauce mit Spätzle. Läuft.
Nach dem Essen ist der ideale Zeitpunkt gekommen, um einen der Gutscheine zu verballern, die man mit der Eintrittskarte bekommen hat und die auch diesmal weitestgehend uninteressant sind. Eigentlich sind nur zwei dabei, die überhaupt in Frage kommen. Da einer der beiden ein Laphroaig 10 und es dafür noch zu früh ist, bleibt also der Bleded Scotch von Grant’s. Der ist genau wie erwartet – süß und egal. Aber genau richtig nach dem Essen.
Besuch bei Lorenz von den Tasting Fellows. Der trifft normalerweise genau meinen Geschmack und hier kann ich eigentlich bedenkenlos alles mit der Gewissheit kaufen, nicht enttäuscht zu werden. Seine Ausrichtung ist Bourbonfass mit viel Frucht und damit genau mein Ding. Zu den wenigen Abfüllungen in seinem Sortiment, die ich noch nicht kenne, gehört der 18jährige Braeval. Was soll ich sagen? Super halt! Wie wenn man den Kopf über eine Schüssel mit Früchten hält, voll, weich und voluminös. Würde ich sofort kaufen, hätte ich nicht noch ein paar zu Hause, die genau in diese Richtung gehen.
Nebenan ist dann gleich Cadenhead’s und damit der nächste Pflichtstand. Hier fällt die Auswahl sehr schwer, denn es gibt etliche Sachen auf der Liste, die mich interessieren würden. Letztlich entscheide ich mich für einen 9jährigen Springbank aus dem Barolofass. Mit Whisky aus Weinfässern hab ich bislang oft gute Erfahrungen gemacht und dieser hier riecht auch ziemlich gut mit ein paar schönen Beerennoten. Leider hält der Geschmack nicht ganz mit, da ist erst mal außer einer gewissen Bitterkeit nicht viel da. Mit etwas Zeit im Glas wird er besser, aber richtig vom Hocker haut er mich nicht.
Inzwischen bin ich aber auch nur noch begrenzt aufnahmefähig, also wird es Zeit, sich langsam dem Ausgang zu nähern. Auf dem Weg da hin kann man aber durchaus noch bei Laphroaig vorbei und den Gutschein einlösen. Der 10jährige geht immer, natürlich auch jetzt. Da macht man nix verkehrt.
Allerdings muss ich vor dem Gehen noch meine Rechnung bei Pit begleichen und der wiederum überredet mich doch noch zu einem weiteren. Natürlich Monster Malt, was sonst? Da wir gerade schon bei Rauch sind, wird es ein alter Ardbeg 1976 von The Cooper’s Choice. Der ist nicht nur verdammt gut, sondern auch für einen alten Ardbeg recht ungewöhnlich. Zwar findet sich hier viel Frucht in der Nase, aber auch recht viel Rauch im Geschmack, was eher typisch für die neueren Abfüllungen ist. Ich mag aber genau die Variante und deswegen kommt der ziemlich gut bei mir an. Auch wenn sich mir die Komplexität zu dem Zeitpunkt nicht mehr ganz erschließt, sondern nur andeutet.
Spätestens jetzt ist wirklich der Zeitpunkt zum Gehen gekommen, aber ich lass mich noch auf eine Runde Bourbon breitschlagen. Und auf einen Aureum in Fassstärke auf dem Weg dahin. Der überzeugt mich aber genau so wenig wie der Woodford, den wir dann noch trinken. Beides bietet Holz und wenig Tiefe und das liegt nicht nur an mir.
Jetzt ist aber endgültig Schluss für heute! Schee war’s, bis zum nächsten Mal!