Finest Spirits 2016

Finest Spirits 2016

Winterzeit, Messezeit. Zumindest in München und für Whiskyfans. Die Entwicklung beim Winter ist allerdings eine ähnliche wie bei der Finest Spirits – es ist nicht mehr so, wie man das alles mal gewohnt war. Die Winter werden wärmer, die Messer größer und professioneller. Beiden Entwicklungen ist ebenfalls gemein, dass es wenig Sinn ergibt, sich darüber aufzuregen. Der Winter richtet sich nach dem Klimawandel, die Messe nach der Entwicklung auf dem Whiskymarkt. Ob einem das nun gefällt oder nicht, die Dinge sind, wie sie sind. Dass Frank Böer mit seinem Messekonzept nicht so falsch liegen kann, zeigt der Ansturm auf die Messe, der am Samstag so weit geht, dass eine Schließung wegen Überfüllung überlegt werden muss.

GlenfiddichWir sind am Sonntag da und da ist es angenehmerweise deutlich entspannter. Im Gegenzug ist allerdings auch schon einiges leergetrunken. Unter anderem der Whisky zum einzigen der Gutscheine, den wir einlösen wollen. Dafür sollte es einen 15jährigen Glenfiddich geben. Nicht, dass der jetzt spannend wäre, aber um den Gaumen am Mittag auf Alkohol einzustellen, geht das schon in Ordnung. Allerdings sind die vorgesehenen Bestände für den Gutschein schon lange aufgebraucht und so bekommen wir stattdessen einen Malt Master’s Edition, double matured in oak and sherry casks, der uns selbstverständlich auch als die viel bessere und wertigere Alternative angepriesen wird. Aber es bleibt bei dem, was wir mit Glenfiddich immer in Verbindung bringen. Kann man trinken, aber warum sollte man, wenn es auch nur einen anderen Single Malt in erreichbarer Nähe gibt? Wobei erreichbar ausgeschrieben wohl „zu Fuß, innerhalb weniger Stunden, durch halbwegs zivilisiertes Gebiet und Windgeschwindigkeiten unter 200 km/h“ lauten muss. Schon erstaunlich, dass einer der absoluten Giganten auf dem Markt es nicht schafft, auch nur ein einziges Mal eine halbwegs brauchbare Abfüllung herauszubringen. Es hat schon seinen Grund, dass ich den Namen noch nie bei irgendeinem Tasting gelesen habe.

20160221_134441Aber seinen Zweck hat er erfüllt und damit geht es jetzt richtig los. Der erste Besuch ist traditionell bei Munich Spirits bzw. Slowdrink, wo wir nach der allgemeinen Begrüßung und ein paar Berichten von den Vortagen dann auch getränketechnisch richtig einsteigen. Pit Krause empfiehlt uns einen Deanston, den er direkt bei der Destillerie selber aus dem Fass abgefüllt hat. Mit 58,9% natürlich gleich eine ganz andere Hausnummer, mit wuchtigen Kelleraromen in der Nase. Geschmacklich geht es aber eher in Richtung Honig mit viel Volumen und einem ordentlichen Abgang. So überraschend wie angenehm. Später probieren wir noch den „normalen“ Deanston und der verliert dann auch wenig überraschend auf der ganzen Linie gegen diese Abfüllung. CooleyPe probiert einen 20jährigen Cooley mit 43% und sehr viel Frucht im Glas.

Der erste Single Malt, den ich bewusst getrunken habe, war der 12jährige Glenlivet, den ich dann später auch immer wieder gern getrunken habe. Aber auch Glenlivet geht den Weg, den den meisten größeren Destillerien inzwischen eingeschlagen haben und ersetzt seine Standardabfüllungen durch neue ohne Altersangabe, dafür mit wohlklingenden Namen und deutlich höheren Preisen. Im Glas hat man dann meist etwas aus dem Bereich 4-7 Jahre, das trotz aller Marketingbemühungen kaum an die Vorgänger heranreicht. Noch gibt es den 18jährigen zu einem ausgesprochen fairen Preis und da ich den tatsächlich noch nie probiert hab, ist hier die Gelegenheit dazu. Der ist auch in der Tat sehr angenehm, aber aufgrund seines niedrigen Alkoholgehalts auch ziemlich dezent. Kann man schon kaufen, aber so richtig anspringen tut er mich dann doch nicht. Interessant ist allerdings das Gespräch mit dem Mitarbeiter von Campari am Stand (die den Import übernehmen). Der geht im Moment davon aus, dass Glenlivet zumindest auf absehbare Zeit am 15- und 18jährigen festhalten wird, wenn auch nicht unbedingt am Preis. Zumindest nicht, wenn man es mit Longmorn vergleicht, die hier auch am Stand stehen. Da läuft gerade die aktuelle 16jährige Abfüllung aus und wird im Sommer durch eine neue ersetzt, die dann allerdings deutlich über 100€ liegen wird. Dazu gibt es dann noch einen 23jährigen, für den man dann knapp 500€ auf den Tisch legen darf. An der Stelle frage ich dann nochmal nach, ob ich gerade richtig gehört habe. Habe ich. Aber immerhin haben die ja jetzt auch einen neuen ohne Altersangabe für 80€. Vielen Dank, ich bin dann mal raus.

TomatinDann doch lieber ein Abstecher zu den Jungs der Single Cask Collection aus Österreich. Über deren Abfüllungen hab ich erst kürzlich schon was geschrieben und hier wollen wir auf alle Fälle was probieren, denn hier lohnt das Einkaufen dann doch deutlich mehr. Bei mir ist es ein Tomatin mit 9 Jahren, Bourbon Barrel, 55,7%, der zwar für eine Abfüllung in Fassstärke recht leicht, aber schon auch ganz schön ist. Pe hat den Teeling im Glas, den ich schon auf dem Tasting probiert hatte und der wandert heute auch in den Einkaufskorb. Hier lasse ich mein Geld auch deutlich lieber als in den Marketingabteilungen der großen Konzerne.

MackmyraNebenan sind die Schweden von Mackmyra. Von dem hab ich bislang nur immer wieder gelesen, aber ihn noch nie probiert. Also greife ich zum Svensk Ek, der quasi ihre Referenzabfüllung darstellt. Recht fruchtig, zieht ein wenig Speichel, das Holz des Eichenfasses kommt auch raus. Nicht schlecht, kann man schon trinken. Es fehlt aber an Komplexität, was wohl dem Umstand geschuldet ist, dass Mackmyra die Whiskys eher kurz und intensiv in kleinen Fässern reifen lässt.

Bavarian MoonshineEine der Neuheiten auf dieser Messe ist Moonshine. So nannte man während der Prohibition in den USA die Schwarzbrände, die im Schutz der Dunkelheit gebrannt und in Marmeladegläser gefüllt wurden. Auf diese Tradition berufen sich nun ein paar Hersteller und bieten ihre Destillate in solchen Gläsern an. Das ist erstmal eine witzige Idee und macht sich ganz gut im Regal. Wir probieren an zwei Ständen, ob der Geschmack da auch mithalten kann. An Stand Nummer 1 (dessen Name ich vergessen habe) ist ein Student damit beschäftigt, im Akkord drei Varianten in kleine Plastikbecher zu füllen, die auch reichlich Absatz finden. Variante eins ist Moonshine pur und der glänzt vor allem durch geschmackliche Neutralität. Das scheint auch dem Hersteller bewusst zu sein, deswegen gibt es noch zwei aromatisierte Varianten. Die eine davon ist rötlich und schmeckt wie Wodka mit roter Brause. Von der anderen schlägt einem ein penetranter Marzipan- und Apfelgeruch entgegen und der pappige, völlig übertrieben süße Geschmack reiht sich da nahtlos ein. Schlimm. Wie man es richtig macht, zeigt der Stand von Bavarian Moonshine. Hier stehen Chef und Chefin selber bereit und man merkt ihnen an, dass sie Herzblut in ihr Produkt gesteckt haben. Das hat zwar auch die Geschmacksrichtung „Apple Pie“, aber hier ist das richtig gut gelungen. Der Apfel schmeckt nach Apfel, die Süße ist deutlich aber nicht ekelhaft und die 30% Alkohol runden den Geschmack ab, bleiben ansonsten aber gefährlich im Hintergrund. Wenn man seine Gäste auf einer Party richtig fertig machen will, hat man hier das Getränk seine Wahl gefunden. Der Preis ist auch völlig korrekt und so kaufen wir hier ein. Allerdings nicht die kultige Jar, sondern die deutlich praktischere Flasche.

Roy MartinInzwischen fordern unsere Mägen recht eindringlich die Zufuhr fester Nahrung ein. Auf dem Weg zum Essensbereich machen wir aber noch einen kurzen Stop am Raritätenstand von Lothar Langer. in der Vergangenheit war das schon mehrfach ein gefährlicher Halt, denn hier finden sich nicht nur rare, sondern vor allem auch oftmals ziemlich spektakuläre Abfüllungen. Da die zugehörigen Flaschen aber weit außerhalb meines Budgets liegen und der Reiz, solche ausgefallenen Tropfen mal zu probieren im Laufe der Zeit auch etwas geschwunden ist, hält sich die Gefahr diesmal in Grenzen. Tatsächlich hat er auch ein paar günstigere Flaschen dabei, unter anderem eine Auswahl an seltenen Blends, die uns sein Mitarbeiter wärmstens an Herz legt. GlendrostanMit Blends bin ich in der Vergangenheit nie so richtig warm geworden, da die zwar überwiegend recht gefällig, aber im gleichen Zug auch eher langweilig sind. Zwei der drei, die wir nun ins Glas bekommen, machen da keine Ausnahme, Rarität hin oder her. Aber der meinige ist zumindest in der Tat sehr eigen. Der Roy Martin kommt ziemlich breitbeinig daher und erinnert stark an einen Rum. allerdings mit eher herben als süßen Noten. Zu meiner Überraschung gibt es hier obendrein eine gewisse Entwicklung im Mund, die in einen malzigen Nachklang mündet. Nicht uninteressant, aber den mal probiert zu haben, reicht mir dann auch.

Das Essensangebot ist diesmal mehr als ordentlich. Die Gerichte sind überwiegend deftig (und mit Whisky), die Portionen reichlich. Pe nimmt einen Eintopf mit Whisky und Rindfleisch, der stark an Gulasch erinnert, bei mir wird es Schinken im Whiskysud mit Wurzelgemüse. Beides kann überzeugen.

CooleyFrisch gestärkt machen wir uns nochmal auf den Weg in die Halle. Der erste Stop ist bei Villa Konthor, die auch gerne mal attraktive Abfüllungen im Programm haben. Zu dem Zeitpunkt überlege ich noch an einer Alternative zum Teeling der Single Cask Collection und so probiere ich hier einen Cooley mit 10 Jahren. Auch der kommt mit reichlich Frucht daher, aber dahinter liegen noch andere Noten, die nicht nur angenehm sind. Ich hab Lakritz in der Nase, David fühlt sich an Bierschinken und Aufschnitt erinnert. Nicht übel, kommt aber nicht an den Teeling ran. Das mag aber auch durchaus dem Umstand geschuldet sein, dass der Cooley auf Trinkstärke verdünnt worden ist.

GlentauchersEin weiterer Halt auf dem Weg zum Einkaufen ist Riegger’s Collection, wo sich ebenfalls einige Falschen auf dem Display finden, die unser Interesse wecken. Ich beginne mit einem 17jährigen Glentauchers in Fassstärke. Leider hab ich mir zu dem keine Notizen gemacht, und so weiß ich nur noch, dass er mich nicht so richtig überzeugt hat. GlenfarclasDas ändert sich aber mit der zweiten Flasche, einem 99er Glenfarclas, den ich ziemlich toll finde. Auch hier hab ich keine Notizen mehr gemacht, kann mich aber an eine recht komplexe Kombination aus grasigen Noten und Nüssen erinnern. Hier beginne ich nun deutlich zwischen dem und Teeling zu schwanken, vor allem da ich im Moment nichts habe, was in diese Richtung geht. Letztens gewinnt aber doch der Teeling, der in David und Pe auch überzeugte Fürsprecher gefunden hat.

Airigh nam BeistNach dem Einkauf sind wir bereit für den Abschluss und den machen wir auch dieses Jahr wieder bei Pit am Slowdrink-Stand. Was besonderes darf es zum Schluss nochmal sein. Allerdings muss das auch was sein, was sich auf der Position noch durchsetzen kann und bei dem die Details nicht untergehen. Bei mir wird das ein Ardbeg Airigh nam Beist, den ich das letzte Mal vor gut 10 Jahren auf Islay getrunken habe und als eher untypischen und sehr leichten Ardbeg in Erinnerung hatte. Das war nur teilweise korrekt, denn er hat zwar eine für Ardbeg eher ungewöhnlich deutliche, schlanke Süße, aber gleichzeitig auch ein schon eher typisches Muskelspiel aus Torf und Rauch. Eine weitere ehemalige Abfüllung von Ardbeg, um die es schade ist. Ihn nochmal trinken zu können, war also sicher kein Fehler. AberlourKnapp besser allerdings die Wahl von Pe mit einem alten 8jährigen Aberlour, der trotz der wenigen Jahre im Fass und der vergleichsweise niederen Prozente mit einer Fülle und Komplexität glänzt, wie man sie bei aktuellen Abfüllungen kaum findet. Beeindruckend. Eine spätere Recherche im Netz findet ihn aber auch in Preisregionen, bei denen man nicht weiter über einen Lauf nachdenken muss.

Damit verabschieden wir uns von einer Messe, die sich trotz aller kritischen Entwicklungen letztlich doch wieder gelohnt hat und auf der wir auch viel Spaß hatten. Also doch wieder bis zum nächsten Jahr 😉


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