Finanztransaktions… Was?

Erstellt am 22. Januar 2012 von Newssquared @Oliver_schreibt

Beinahe täglich gibt es neue Meldungen zur Eurokrise. Länder werden abgeschrieben, dann wieder gerettet. Zwischendurch versuchen uns Politiker und Experten die Krise zu erklären. Meist mit wenig Erfolg.

Was eine Ratingagentur macht, das haben die meisten mittlerweile verstanden. Aber was eine Finanztransaktionssteuer ist – da wird es schon schwieriger. Und was soll das alles mit uns zu tun haben?

News.de erklärt zehn Begriffe der Eurokrise. Klicken Sie sich durch.

Finanztransaktionssteuer: Eine Steuer gegen die Armut?

Billionen von Euro werden an den Börsen umgesetzt. Ein Tastendruck und das Geld wechselt den Besitzer. Sekundenschnell und meist sogar steuerfrei. Ein wahrer Spielplatz für alle Händler, Broker und Zocker. Doch genau solche übereilten Spekulationen bringen Unruhe in die Börsen, lassen die Währungen wanken, Finanzblasen platzen und das komplette Finanzsystem aus dem Gleichgewicht gleiten.

Dabei könnte schon eine kleine Steuer, die Finanztransaktionssteuer, auf die täglichen Milliardendeals die Märkte beruhigen. Ähnlich einer Mehrwertsteuer könnte der Staat einen geringen Betrag auf die Geschäfte mit Aktien, Devisen und Anleihen bis hin zu hochriskanten Papieren belegen. Die Händler würden sich einmal mehr überlegen, ob sie einen Deal tätigen. Das Geschehen an den Finanzmärkten würde sich entschleunigen – und das eingenommene Geld könnte in die EU-Kasse wandern oder zur Bekämpfung der Armut sowie für den Umweltschutz eingesetzt werden.

Selbst ein geringer Steuersatz von 0,05 Prozent würde Deutschland laut Experten jährlich 40 Milliarden Euro einbringen. Die Schauspieler Jan Josef Liefers und Heike Makatsch jedenfalls sind überzeugt von einer solchen Steuer und brachten ihr Anliegen für das globalisierungskritische Netzwerk Attac bereits Anfang 2011 in einem Spot gekonnt auf den Punkt.

Restriktive Kreditvergabe und die Macht der Banken

Geht es um die Kreditvergabe, dann haben die Banken das letzte Wort. Sie entscheiden, ob sie Geld verleihen und wenn ja, zu welchen Konditionen. Geht es der Wirtschaft schlecht, wird es für Unternehmen schwieriger, an Kredite zu kommen, weil die Banken mögliche Ausfälle befürchten. Haben die Banken selbst finanzielle Probleme, kann es ebenfalls schwer werden, an frisches Geld heranzukommen. Verschärft sich das Problem weiter, kommt es zur Kreditklemme. Die Kreditvergabepolitik der Banken gilt als wichtiger Indikator für die Wirtschaftsentwicklung.

Das Münchner ifo-Institut befragt monatlich rund 4000 Unternehmen zur Kreditbeschaffung und ermittelt daraus die sogenannte Kredithürde. In Deutschland ist es trotz Schulden- und Bankenkrise derzeit relativ einfach für Unternehmen, an Kredite heranzukommen. In anderen krisengebeutelten Ländern dürfte das hingegen weitaus schwieriger sein. Ein Teufelskreis, der die gesamte Wirtschaft zum Erliegen bringen kann.

Derivate, die «finanziellen Massenvernichtungswaffen»?

Bayern München gegen den 1. FC Augsburg – eine ganz klare Angelegenheit: Die Bayern werden ihren Gegner plattmachen. Das ist mal sicher. Wer da ins Wettbüro geht, auf Bayern München setzt und diese dann auch gewinnen, der kann seinen eigenen Einsatz vermehren. Setzt er auf Augsburg, ist das Geld futsch. Ähnlich wie solche Sportwetten funktionieren auch die Geschäfte mit Derivaten an der Börse.

Sie sind Finanzgeschäfte, die sich auf einen sogenannten Basiswert beziehen und damit von ihm abgeleitet sind. Ein Investor kann damit beispielsweise auf fallende Kurse einer Währung, etwa des Euro, setzen. Behält er Recht, macht er einen Gewinn, genau wie bei der Wette im Sportbüro. Andere Werte, auf die Investoren an der Börse setzen können, sind Aktien oder Rohstoffe.

Vor allem in Zeiten der Krise nutzen Spekulanten diese Art von Geschäft, um mit geringen Geldeinsätzen große Geschäfte zu machen. Kritiker warnen, dass die Krise dadurch weiter angeheizt wird. Die US-Investmentlegende Warren Buffett bezeichnete Derivate sogar als «finanzielle Massenvernichtungswaffen».

Dabei war die Grundidee der Derivate eine ganz andere: Sie sollten unerwünschte Kursentwicklungen des Basiswerts mit einer Art Gegengeschäft abfedern. Landwirte sollten so etwa bei sinkenden Getreideaktien ihren Verlust eindämmen können, indem sie mit Derivaten genau darauf setzten, nämlich dass die Aktien an Wert verloren.

Hedgefonds: Handeln kann tödlich sein

Es ist schon äußerst verwirrend, wenn ein Name etwas vermuten lässt und dann das genaue Gegenteil bedeutet: Denn «to hedge» heißt übersetzt «absichern». Doch Hedgefonds sind höchst spekulativ und damit alles andere als sicher. Wer mit ihnen handelt, trägt ein hohes Risiko – kann aber auch hohe Renditen erzielen. Und genau das ist es, was das Geschäft für viele so interessant macht.

Hedgefonds nutzen alle möglichen Derivate, um Gewinne sowohl in steigenden als auch fallenden Märkten zu erzielen. Ein typisches Modell sind Leerverkäufe, bei denen große Aktienpakete gegen Provision von Fondsgesellschaften oder Banken ausgeliehen und an der Börse verkauft werden – und zwar in der Hoffnung, dass deren Kurs sinkt. Zu den dann niedrigeren Bewertungen kaufen die Hedgefonds die Papiere zurück und reichen sie an Bank oder Fondsgesellschaft weiter. Die Differenz ist ihr Gewinn. Klingt einfach, ist aber höchst riskant. In den USA, sind sich Experten einig, waren sie mitschuldig an der großen Finanzkrise im Jahr 2007.

In Deutschland dürfen Single-Hedgefonds wegen ihres hohen Risikos für Privatanleger deshalb nicht öffentlich vertrieben werden. Dach-Hedgefonds dagegen schon, da sie mehrere Fonds unter sich vereinen und somit weniger anfällig für Wertschwankungen sind. Sie werfen dann aber auch weniger Gewinn ab. Und die Anbieter müssen – ähnlich wie auf einer Zigarettenschachtel – bei ihnen auf das Risiko hinweisen. Dort steht dann geschrieben: «Der Bundesminister der Finanzen warnt: Bei diesem Investmentfonds müssen Anleger bereit und in der Lage sein, Verluste des eingesetzten Kapitals bis hin zum Totalverlust hinzunehmen!»

Schuldenbremse gegen den finanziellen Untergang

Keine neuen Schulden zu machen ist absolute Utopie. Doch sie eindämmen, eine Obergrenze bestimmen, das könnte schon eher funktionieren. Deshalb gibt es die Schuldenbremsen.

Um die Stabilität in der Eurozone zu gewährleisten, beschlossen die Euroländer auf dem EU-Gipfel Ende 2011, dass alle 17 Euroländer bindende Schuldenbremsen in ihre jeweiligen Verfassungen aufnehmen. Sie sollen das strukturelle Defizit von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten und damit die Haushaltspläne der Staaten wieder auf einen gesunden Nenner bringen.

Deutschland hat eine solche Bestimmung bereits erlassen. Ab 2016 darf der Staat seine Schulden nicht mehr durch die Aufnahme neuer Schulden begleichen. Zudem darf sich die Regierung nur noch bis zu einer Höhe von maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden. In absoluten Zahlen sind das etwa zehn Milliarden Euro. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Staat sein Defizit reduzieren, und zwar mithilfe von jährlichen Einsparungen in Höhe von acht bis zehn Milliarden Euro.

Die Kapitalerhöhung – mehr Geld, mehr Aktien

Die Deutsche Bank und die Commerzbank haben es getan: eine Kapitalerhöhung. Aber was soll das genau bedeuten? Eigentlich ist es ganz einfach: Ein Unternehmen braucht dringend Geld, also werden einfach mehr Anteile an der Firma oder der Bank verkauft. Damit kommt Geld in die Kassen, das beispielsweise für Neu-Investitionen benötigt wird.

Der Nachteil: Wer schon eine Aktie des Unternehmens besitzt, hat plötzlich einen geringeren Anteil – eben deshalb, weil es plötzlich viel weiter aufgesplittet wurde. Das ist auch der Grund dafür, dass bei der Ankündigung einer Kapitalerhöhung der Wert der Aktien erst einmal in den Keller rutscht.

Die ARD hat den Begriff ganz kurz in diesem Video erklärt.

Wer sind eigentlich die Bankenaufseher?

Ganz weit oben, im zweithöchsten Wolkenkratzer Londons, sitzt die Europäische Bankenaufsicht. Die Bankenaufseher bestehen aus Experten der Bankenaufsichtsbehörden und Notenbanken der einzelnen EU-Länder sowie der Europäischen Zentralbank.

Sie überwachen vor allem die Banken und können bei Problemen ein Institut auch schließen. Hat eine Bank beispielsweise nicht mehr genügend Eigenkapital, bedeutet das, dass Gewinne nicht mehr ausgeschüttet werden können – die Bankenaufsicht schreitet ein.

Im Zuge der Finanzkrise wurde den Aufsehern aus dem Wolkenkratzer aber vorgeworfen, ihre Arbeit vernachlässigt zu haben. Bis heute gibt es Experten, die eine Abschaffung der Bankenaufsicht fordern, da die rund 25 Angestellten mit ihrer Arbeit überfordert seien, ihre Fehler aber auch nicht eingestehen würden.

«Hartes Kernkapital» für alle!

Unternehmen arbeiten mit Geld. Mit viel Geld sogar. Da sind Gewinne und Verluste, hinzu kommen Immobilien mit Wert, Investitionen und eine ganze Menge mehr. Nur ein Bruchteil dessen wird auch als  «hartes Kernkapital» bezeichnet.

Dieses Geld besteht aus dem Grundkapital und einbehaltenen Gewinnen, also den Gewinnen, die nicht zur Refinanzierung dienen. Ungefähr das, was wir Normalbürger auf unseren Sparbüchern haben, für schwierige Zeiten. So ist es auch beim harten Kernkapital: Es ist für etwaige Insolvenzen oder finanzielle Probleme.

Ursprünglich war der Anteil des harten Kernkapitals am Gesamtkapital recht gering, bis 2015 soll der Satz jedoch auf 4,5 Prozent steigen. Damit soll verhindert werden, dass Banken während einer Krise in eine finanzielle Schieflage geraten. Weil es eben noch «Erspartes» gibt.

Das Weltfinanzsystem – eine absurde Verschwörung?

Der Begriff «Weltfinanzsystem» gehört in der Eurokrise zu einem der meistgebrauchten Worte. Vor allem klingt es aber bedrohlich. «Weltfinanzsystem», das hat etwas von beinahe unkontrollierbarer Größe. In einem guten Zusammenhang wird das Wort ohnehin nie verwendet. «An Italien hängt das Weltfinanzsystem» titelte die Financial Times Deutschland im November, und die Welt schrieb im Mai 2011 «Weltfinanzsystem braucht Ersatz für Strauß-Kahn».

Dabei beschreibt das Weltfinanzsystem eigentlich nur die Strukturen von Banken und Wirtschaftsgeflechten dieser Welt. Aber dass alles irgendwie zusammenhängt – das ist doch wirklich logisch. Deswegen sollte das Wort «Weltfinanzsystem» uns auch einfach weniger Angst machen.

Brutto- und Nettokreditaufnahme – wahre Zahlenmonster

Nettokredite, Bruttokredite – von all dem Geld, das dahinter steckt, kann einem schon der Kopf glühen. Dabei muss man sich den Nettokredit und den Bruttokredit ähnlich wie beim Gehalt vorstellen – dann erscheint es viel logischer.

Oder nehmen wir das Beispiel des Autokaufs: Sie brauchen einen neuen Wagen und kaufen ihn für 7000 Euro. Dieses Geld leihen Sie sich von der Bank, die 7000 Euro auszahlt. Das ist der Nettokredit. Über einige Jahre verteilt zahlen Sie das Geld zurück an die Bank – inklusive Zinsen und Gebühren, schnell kommen da 10.000 Euro zusammen. Das ist die Summe des Bruttokredits.

Wird in den Nachrichten also von einem Nettokredit gesprochen, darf man nicht vergessen: Eigentlich handelt es sich um mehr Geld, das zurückgezahlt werden muss. Netto klingt beim Zurückzahlen eben netter.

Quelle:
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Wirtschaft Nachrichten -
Krisendeutsch – Finanztransaktions… Was?

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