Finanzkrise, Autokrise – Gerechtigkeit, Selbstgerechtigkeit – Schutz und Missbrauch

Wir sind in einem Wahljahr. Bald sind Wahlen. Schon im September. Das ist angesichts der gerade vergangenen, noch wirksamen, bei weitem nicht bewältigten Finanzkrise von 2007 und der aktuellen, aus dem Abgasskandal der Autoindustrie entstehenden Verkehrskrise schon sehr bald.

Vision des leicht verdienten Geldes

Dem Steuerzahler muss es angst und bange sein, wenn er beobachten muss, wie mit seinem hart verdienten Geld von den Regierungen notleidende Banken am Leben erhalten werden. Der Steuerzahler fragt sich, weshalb die Lobbyisten der Spielcasinos auch nicht gleich bei der Regierung vorstellig werden und um Unterstützung bitten. Aber die haben es nicht nötig; in Casinos ist Zocken das Geschäftsmodell.

Es ist die Vision des leicht verdienten Geldes, das für die Krisen, man kann getrost sagen für alle Krisen, verantwortlich ist. Um diese Vision den Massen zu verkaufen, das Wegschauen zu manipulieren, wurde „Geiz ist geil" erfunden.

Während in den Supermärkten immer billigere Produkte an der Kasse bezahlt wurden, sind abertausende Quadratkilometer Wälder und Regenwälder für Möbel, Anbauflächen, Fracking usw. abgeholzt worden. Keiner hat die Kunden rund um den Globus gefragt, ob sie sich ihre Lunge entnehmen lassen wollen, - die Gewinnler aber haben mit Unterstützung der Regierungen dem Bürger die Lunge, die Wälder entfernt und ihn dafür mit einem Ramschprodukt an der Konsum-Kasse entschädigt. Für die Herstellung haben die Gewinnler auch noch arme Leute irgendwo in Asien oder Afrika ausgebeutet und mit giftigen Arbeitsbedingungen krankgemacht. Aber Hauptsache wir haben auf den Zigarettenschachteln abschreckende Lungenkrebs-Bilder.

Die Welt schwitzt, taumelt von einer Unwetterkatastrophe in die andere und schließt die Augen vor den kommenden Umweltkatastrophen.

Dazu passt, dass sich die Autokonzerne an dem Treiben der Gewinnler munter beteiligen, Abgasmanipulationen treiben und mit Kartellabsprachen Wettbewerb, d.h. Innovationen verhindern. Alles dafür, dass aus alten Antriebstechniken mit modernen Verbesserungen ein Maximum an Gewinn herausgeholt wird. Mit einem Betrug über Jahrzehnte.

Die Städte ersticken in Autoabgasen, während sich die Regierungen und Wissenschaftler mit den Lobbyisten darum streiten, welcher Anteil der Abgase der schlimmere ist. Die Regierung hält immer schützende Hand über die Autoindustrie, weil es um (veraltete) Arbeitsplätze geht und darum, am Gewinn beteiligt zu sein.

Kein Wunder, dass der Bürger ein Gefühl von Ungerechtigkeit empfindet. Seit längerem und immer mehr. Und auch kein Wunder, dass die Politik in Wahlkampfzeit diese Ungerechtigkeit aufnimmt und verspricht, für Gerechtigkeit zu sorgen.

Neoliberale Modell für ein Gemeinwesen in einem liberalen Staat?

Aber wie wollen es solche Politiker einem Bürger plausibel machen, wenn sie andererseits weiterhin das neoliberale Modell für eine Wirtschaft in einem liberalen Staat fördern. Eine Partei, die SPD, hat schon ihren historischen Schiffbruch mit der Agenda 2010 erlitten, von dem sie sich bis heute auch mit dem Reparaturbetrieb innerhalb der Großen Koalition nicht erholen konnte. Und den Mut, seinen treuen und potentiellen Wählern zu sagen, dass die Agenda 2010 falsch war und Gerhard Schröder von der Auto- und Versicherungsindustrie eingetrichtert worden war, diesen Mut hat die SPD auch unter dem Druck des Wahlkampfes nicht aufgebracht. Dabei wäre es der Sprung nach vorne, der die SPD aus der Umklammerung der beherrschenden Finanz- und Industriewirtschaft befreien und echte Gerechtigkeits-Visionen ermöglichen würde. Martin Schulz hat gerade damit Probleme, dass er nicht richtig Gas geben kann.

Den Wähler interessiert die Selbstgerechtigkeit der Mächtigen nicht, oder hoffentlich nicht mehr, weil er dabei nur den Kürzeren zieht. Gleich kurz nach der Wahl. Gemäß den Wahlprogrammen aller Parteien innerhalb der berühmten 100 Tagen nach der Wahl. Wir werden es in Frankreich bald auf den Straßen erleben, dass es auch unter Macron nicht darum geht, für die Bürger gerechtere Verhältnisse zu schaffen, sondern das alte System mit unverbrauchten Gesichtern am Laufen zu halten. Die Frage nach dem Warum wird am besten mit der alten Regel beantwortet: wenn wir wissen, wer davon profitiert. Der Umbau der französischen Politik läuft bislang nach dem Prinzip von Startups mit einem Hauch von Fintech, die gerade als Anhängsel der Finanzindustrie ins Strudeln kommen. Eingerahmt in pompöse Auftritte, die es immer braucht, wenn die Augen der Bürger von irgendeinem Glanz geblendet werden sollen. Bis jetzt klappt der Betrieb der unbegründeten Euphorie.

Wenn der eine oder anderer Rufer in der politischen Wüste dringend auf die Gefahr von sozialen Unruhen hinweist, dann versickert es im schwarz-weiß-Denken der rechtsextremen Parteien und bringt diesen kurzfristig neue Wähler.

Isolation, wie sie gerade von Großbritannien zelebriert wird, zeigt schon erste Eigenmächtigkeiten: Großbritannien kündigt das Nordseeabkommen, um die Fischereirechte neu zu regeln. Dabei geht es weniger um den schadstoffbelasteten Fisch aus der Nordsee, sondern vor allem um Öl in der Nordsee, und Großbritannien braucht das Geld, um die Lügen aus der Brexit-Propaganda zu vergolden und die Sicht der Bürger für die Belastungen aus dem Brexit weiter zu verschleiern.

Spätestens seit Trump ist sichtbar, dass auch in westlichen Demokratien Eigenmächtigkeiten möglich sind, die man sonst in totalitären Regimen vermutet oder erlebt. Der Zulauf von fanatischen Wählern in Ungarn, Russland, Polen und Türkei u.ä. machen die Politiker unruhig, von wegen was alles möglich ist, wenn man nur eigenmächtig genug auftritt.
Hier sind wir bereits beim Verfall der demokratischen Werte angelangt.

Frühwarnzeichen für die nächste Finanzkrise

Wenn wir nach Frühwarnzeichen für die nächste Finanzkrise suchen, dann müssen wir feststellen, dass sie schon da sind, und bereits zu Warnzeichen geworden sind.

Alle diese Entwicklungen, und das sind nur die größten und exemplarischsten, haben eines gemeinsam: sie unterhalten den Werteverfall von Geld, Warenqualität, von Wert der Arbeit, von Wert der Umwelt und Wert der Gesundheit. Und sie trocknen weite Teile von Kontinenten, wie z. B. Afrika, buchstäblich aus.

Was diesen Werteverfall auf allen Ebenen und in allen Lebensbereichen gemeinsam auszeichnet, ist der mangelnde oder gar fehlende Schutz vor Missbrauch. Der Missbrauch im kleinem Rahmen der Familie, Nachbarschaft und am Arbeitsplatz wird eher geahndet, als der Missbrauch, der die Bürger, Verbraucher, Kunden und die Weltbevölkerung trifft. Hier gibt es keinen Schutz. Der Bürger und Steuerzahler muss immer für die geplanten Vergehen der „Großen", wenn diese schiefgegangen sind, herhalten. Dann sagt man, der Balance wegen sei es nötig und schütze die Bürger vor Schlimmerem. Was eine ausgemachte Lüge ist. Es werden nur Verluste sozialisiert, nachdem vorher Gewinne kapitalisiert und in die Taschen der Gewinnler verschoben worden sind.

Die sozialen Unruhen sind schon voll im Gang: die Flüchtlingswelle oder -krise ist eine ausgemachte soziale Unruhe.

Der Crash der Derivatenbombe tickt bereits laut, und es gibt Banken, die sich aus dem Zocker-Geschäft mit Derivaten leise zurückziehen.

Der Wert der Mobilität, einst ein Motor für Flexibilität, Wachstum und Verkehr, hat durch den Abgasskandal und Kartellabsprachen einen Kolbenfresser, der sich nicht reparieren lässt. Und neue umwelt- und mobilitätsfreundliche Vehikel/Konzepte sind nicht da, geschweige denn umsetzbar. Die Forschung hat es verschlafen, die Ingenieure sind, anstatt neue Innovationen zu entwickeln, für alte Techniken in konspirativen Arbeitskreisen der Autoindustrie verheizt worden. Wir fahren Auto und husten. Beim Husten gehen wir zum Arzt.

Pharmaindustrie züchtet multiresistente Keime

Deutschland hat sich als Apotheke der Welt abgeschafft und Medikamentenherstellung unter dem Kostendiktat der Krankenkassen nach Indien und Asien verlagert. Mit der Folge, dass nur 10% der Medikamente, vor allen voran auch der Antibiotika, in Deutschland hergestellt werden, 90 % in Indien und Asien. Mit der Folge, dass durch die kostengünstige Einspeisung der Pharmazieabfälle der dortigen Fabriken in die Flüsse oder einfach auf umliegende Wiesen massenhaft multiresistente Keime produziert werden - und die erreichen dann auf dem Umweg der Globalisierung und des Flugverkehrs wiederum Menschen in Deutschland.

Es kann aber durchaus sein, dass die Antibiotika aus den gleichen Fabriken nicht so schnell oder gar unwirksam geliefert werden. Der Patient mit multiresistenten Keimen findet auf der Intensivstation wieder „Geiz ist geil"; ob er das allerdings geil findet, darf man bezweifeln.

Auf jeden Fall ist so ein Patient Opfer des mangelnden Schutzes vor Missbrauch. Es wird sicher noch genauso wie die Absprachen in der Autoindustrie bekannt werden, in welchen Arbeitskreisen sich die Pharmakonzerne, die Krankenkassen und die Regierung getroffen haben und festgestellt haben, wie sie die Patienten am besten mit multiresistenten Keimen heimsuchen können. Für die Pharmaindustrie in jedem Fall ein lohnendes Geschäft, weil sie wiederum Medikamente, diesmal besonders teure, gegen die multiresistenten Keime entwickeln, - und wegen der bedrohlichen Lage schnell ohne allzu viele Prüfungen auf den Markt bringen darf.

Das alles ist die Auswirkung von mangelndem Schutz vor Missbrauch. Mangelnder Schutz in Milliardenhöhe.

Der nachhaltige Schutz vor Missbrauch

Und dann hören wir, dass es auch schon für die Gewinnler einen Schutz gibt. Herr Trump hat verkündet, dass er sich selbst begnadigen kann. Damit ist Willkür endgültig salonfähig und Regierungsprogramm.

Also Vorsicht. Wir sind im Wahlkampf. Nur die Programme, die uns vor Missbrauch schützen zeigen, dass Visionen möglich sind.

Die Zeichen stehen auf Wechsel, Die Medien haben in den ersten Wochen von Martin Schulz den Wechsel herbeigesehnt und seine Wahl zum Hype gemacht. Dann belächelt. Jetzt warten alle ab, was wird. Muss noch etwas Katastrophales geschehen, damit Angela Merkel mit Aktivismus punkten und ihre Position weiter ausbauen kann? Oder besinnt sich die SPD auf ihre Wurzeln und nimmt ihren Auftrag ernst? Manchmal frage ich mich, was hat die SPD für Berater, die es nicht fertigbringen, die historische Funktion der SPD zweifelsfrei heraus zu stellen. Eine Agenda wie 2010 darf nicht noch einmal stattfinden. Dafür braucht es kein liebäugeln mit einer Koalition mit der Die Linke. Dann wäre ein weiterer Missbrauch vorprogrammiert. Die SPD hat vergessen, dass sie als einzige Partei in der Lage ist, die Bürger vor Missbrauch zu schützen. Sozialdemokratische Vernunft ist für die Lösungen der komplexen Probleme gefragt. Der nachhaltige Schutz vor Missbrauch ist die Vision für den Wechsel. Jetzt kommt es darauf an, bei welcher Partei wir den nachhaltigen Schutz vor Missbrauch der Bürger glaubhaft finden.


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