Filmkritik zur Dokumentation ‘Taste The Waste’

Bereits seit 2008 beschäftigt sich Filmemacher Valentin Thurn mit der alltäglichen Verschwendung von Lebensmitteln. Angefangen hat dabei alles im WDR-Fernsehen, wo seine halbstündige Dokumentation ‚Gefundenes Fressen: Leben vom Abfall‘ lief, in der drei junge Menschen begleitet wurden, die mit Essensabfällen versucht haben, ihren Hunger zu stillen. Hier wurde Thurn darauf Aufmerksam gemacht, was für Schätze sich dort in den Müllcontainern der Supermärkte befinden.

Mit seiner Kino-Doku ‚Taste The Waste‘ wirft er nun einen 90-minütigen Blick auf den internationalen Umgang mit Lebensmittelresten. Hier wird aufgezeigt, dass jeder zweite Kopfsalat aussortiert und jedes fünfte Brot ungekauft entsorgt wird. Kartoffeln, die der offiziellen Norm nicht entsprechen, bleiben auf dem Feld liegen und kleine Schönheitsfehler entscheiden über ein Schicksal als Ladenhüter. So lassen sich in den Abfalltonnen der Supermärkte weltweit unglaubliche Mengen einwandfreier Nahrungsmittel, original verpackt und mit gültigen Mindesthaltbarkeitsdatum vorfinden. Der Film zeigt auf, dass das nicht nur verschwenderisch ist, sondern auch Folgen hat: Die Landwirtschaft verschlingt riesige Mengen an Energie, Wasser, Dünger und Pestiziden und der Regenwald wird für Weideflächen gerodet. Mehr als ein Drittel der Treibhausgase entsteht durch eben diese Landwirtschaft. Außerdem entsteht durch verrottende organische Stoffe eine ungesunde Menge von Methangas, was sich auf die Erderwärmung 25 Mal so stark auswirkt wie Kohlendioxid. Die Doku zeigt aber auch, dass langsam aber sicher ein weltweites Umdenken stattfindet und dass es Menschen gibt, die mit Ideenreichtum und Engagement diesem Irrsinn entgegen treten.

Filmkritik zur Dokumentation ‘Taste The Waste’

Rooftop Garden in New York

Dabei lässt der Filmemacher seine eingefangenen Bilder für sich stehen. Kein Off-Kommentar bewertet das Geschehen auf der Leinwand. Er lässt Personen sprechen, die ihrer Arbeit in französischen Supermärkten nachgehen, wo Lebensmittel sechs Tage vor Ablauf des Verfallsdatums in den Müll wandern. Eine Frau aus Kamerun muss in einem Lebensmittelmarkt Essen aussortieren, was Freunde und Bekannte in ihrem Heimatland mit Kusshand entgegen nehmen würden. Später erfahren wir, dass diese Frau ihren Job verloren hat, da sie unterschiedlicher Meinung mit ihrem Vorgesetzten war, was als schlechtes Essen gewertet werden kann und was nicht. Es ist ein schockierendes, nachdenklich stimmendes Bild, wenn Thurn Aussagen einfängt, die zeigen, dass Supermärkte Zäune aufstellen, damit sich niemand an ihren Abfällen bedienen kann. Abfälle, die auch als Spenden an Essenstafeln, als nahrhaftes Tierfutter oder gar als reduzierte Waren im Laden angeboten werden könnten. Aber Abfall soll auch Abfall bleiben.

In Kamerun wurde auf einer Bananen-Plantage gefilmt, wo sich die Arbeiter bemühen, die Früchte in der richtigen Größe und mit der richtigen Krümmung zu züchten. Sogar die Anzahl der Bananen an einer Staude ist wichtig, sonst landet die Ernte auf dem Müll. Immer mehr Normen werden gemacht, immer mehr Lebensmittel landen erst gar nicht im Verkaufsregal, immer höher wird hierdurch der Verkaufspreis. Dennoch zeigen die meisten Endverbraucher ein Verhalten auf, das an Verschwendung grenzt. Man fühlt sich selbst ertappt, wenn beschrieben wird, wie sich die Einkäufer auf Sonderangebote stürzen und dann das Essen im Kühlschrank verschimmeln lassen. Der Kühlschrank als Vorhof zur Mülltonne – nicht als Frischhalteapparatur. Ungläubig muss man sich eingestehen, dass ein großer Teil der Menschen zu dieser Überfluss-Gesellschaft ohne Wertschätzung für Lebensmittel dazugehört.

Filmkritik zur Dokumentation ‘Taste The Waste’

Mitarbeiter in einem frz. Supermarkt beim Aussortieren von "schlechter" Ware

Man kann es Valentin Thurn an dieser Stelle auch gar nicht ankreiden, dass er keine Gegenpositionen aufzeigt. Die Supermärkte in Deutschland wollten ihn nicht einmal in ihren Hinterhöfen filmen lassen, so dass er sich an einen kooperativen Markt in Frankreich wenden musste. International gibt es die gleichen Probleme, ein Miss-Stand der umso mehr zu schockieren weiß. Ernten die weggeworfen werden, umsonst geschlachtete Tiere und Fische die aus dem Netz direkt in die Tonne wandern. Das hierzu niemand Stellung beziehen möchte ist nachvollziehbar.

Zumal ‚Taste The Waste‘ aufzeigt, dass es auch anders funktioniert, dass es Menschen gibt, die mit Lebensmitteln umzugehen verstehen. Allein ein Blick in die Großstadt New York zeigt, dass dort Gärten auf Häuserdächern ein erfolgreiches Modell sind um den Menschen den Wert von Essen wieder näher zu bringen. Voller Erstaunen erzählt eine Betreiberin eines solchen Rooftop Gardens wie Menschen zu ihr kommen, vor einer Tomatenstaude stehen und fragen, ob dies ein Apfel sei. Hier zeigt sie nicht nur Kindern, wo das Essen herkommt – kein Gemüse oder Fleisch wächst unter der Folienverpackung des Supermarktes – überall steckt Arbeit dahinter. Das soll nicht das einzige Beispiel bleiben, was ‚Taste The Waste‘ aufzeigt. Die Dokumentation nimmt sich in der kompletten zweiten Hälfte die Zeit, von erfolgreichen Initiativen und Vorhaben in der ganzen Welt zu berichten, so dass nicht nur ein apokalyptisches Bild aufgezeigt wird, in dem immer mehr Essen im Nichts verschwindet, sondern Lebensmittel auch nutzvoll weiterverarbeitet- und verwertet werden können.

‚Taste The Waste‘ kommt mit einigen erschreckenden Aussagen und Bildern daher. Das schlimmste daran ist, dass man sich selbst oft wiedererkennt. Das eigene Einkaufsverhalten sollte nach dem Konsum dieser Doku noch einmal überdacht werden. Valentin Thurn hat hiermit seine Verschwende-keine-Lebensmittel-Reihe erfolgreich abgeschlossen, auch wenn weitere Recherchen sicherlich immer neue Fakten auf den Tisch bringen würden.

Denis Sasse

Filmkritik zur Dokumentation ‘Taste The Waste’

‘Taste The Waste‘

Originaltitel: Taste The Waste
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: D, 2010
Länge: ca. 90 Minuten
Regie: Valentin Thurn

‘Taste The Waste‘ läuft ab dem 8. September 2011 in den deutschen Kinos.
Offizielle Homepage: tastethewaste.com


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