In der diesjährigen „Generation Kplus“-Sektion der Internationalen Filmfestspiele in Berlin lief die Geschichte von ‚Zarafa‘, einer Giraffe, die 1827 als erstes Tier ihrer Art den europäischen Boden betrat. Sie war ein Geschenk von Muhammad Ali Paschas, dem Vizekönig Ägyptens an Karl X, den König von Frankreich. Ihre Reise aus ihrer Heimat in Afrika bis nach Frankreich dauerte mehr als zwei Jahre. In dem französisch/belgischen Zeichentrickfilm ‚Zarafa‘ von den Regisseuren Rémi Bezançon und Jean-Christophe Lie, sowie dem Drehbuchautoren Alexander Abela, wird die Geschichte dieser Giraffe erzählt – mit einigen hinzugefügten abenteuerlichen Elementen, die aus der Reise der Giraffe einen wunderschön erzählten Kinderfilm machen.
Unter einem Affenbrotbaum im Herzen Afrikas lauschen Kinder einem weisen alten Mann. Er erzählt die Geschichte des Jungen Maki, der auf der Flucht vor einem Sklavenhändler Freundschaft zu der jungen Giraffe Zarafa schließt. Kurz darauf wird sie gefangen, um dem französischen König geschenkt zu werden. Aber der kleine Maki will dies nicht zulassen. Er verspricht der Giraffenmutter, Zarafa zu ihr zurückzubringen. Mit dem Beduinen Hassan und dem Luftschiffer Malaterre unternimmt Maki eine Ballonreise über das Mittelmeer und die schneebedeckten Alpen bis nach Paris. Dort ist die Ankunft der ersten Giraffe auf dem europäischen Kontinent eine große Attraktion. Aber schnell zeigt sich, dass Zarafa nicht in die Stadt gehört. Maki will sein Versprechen halten und sucht nach einer Möglichkeit, Zarafa zu retten.
Die Piratin Bouboulina
Die Geschichte basiert natürlich nicht komplett auf wahren Ereignissen. Während es die Giraffe wirklich gegeben hat, ist eine solche Ballonfahrt, wie sie im Film stattfindet, nicht geschehen. Aber mit der Figur des Malaterre bekommt ‚Zarafa‘ einen amüsanten Zusatz, der als Ausgleich zu dem ernsten Beduinen Hassan fungiert. Auch wird in dem Film davon gesprochen, dass die Türken die Ägypter angreifen würden, obwohl es im wahren Leben genau andersherum passiert ist. Aber so gestaltet sich der Film seine eigene Realität vor dem Hintergrund seiner wahren Geschichte um möglichst gute Unterhaltung für das Zielpublikum zu bieten. Und da sehen wir die afrikanische Wildnis, die abenteuerliche Ballonfahrt, die Großstadt Paris und sogar Piraten, die unter der Flagge der griechischen Bouboulina segeln, die der realen Freiheitskämpferin nachempfunden wurde. Aber alle realen Ereignisse und Personen – oder Tiere – beiseite, bietet ‚Zarafa‘ schön gezeichnete Landschaftsbilder aus Afrika, Äthiopien oder auch Frankreich. Die Weltreise wird durch eine markante Farbgebung in den Vordergrund gespielt. Es entwickelt sich ein exotisches Flair, welches seine Wirkung vollends entfalten kann und den Zuschauer hierdurch tief in die erschaffene Welt hinab tauchen lässt.
Der Beduine Hassan & Giraffen-Freund Maki
Und der pädagogische Wert hinter dem Film besagt, dass Freundschaft und Familie das wichtigste Gut auf der Welt sind. Denn am Ende kann Maki sein gegebenes Versprechen zwar nicht einhalten, aber in Hassan und Malaterre hat er gute Weggefährten gefunden, Zarafa wird er niemals vergessen und ein nettes Mädchen, mit dem er eine Familie gründen kann, springt auch noch für Maki heraus. Er ist auch der alte Mann, den wir zu Beginn sehen, wie er einer Schaar von Kindern diese Geschichte erzählt. Am Ende fällt sein Blick auf eine Fata Morgana seiner inzwischen verstorbenen Freunde – sogar über den Tod hinaus hält diese innige Bindung an.
‚Zarafa‘ kommt aber auch mit gruseligen und brutalen Szenen daher. Die Mutter der kleinen Giraffe wird zu Beginn skrupellos erschossen und dem Filmbösewicht wird auch kein gutes Schicksal zu Teil. Dennoch bleibt der Film kinderfreundlich, zeigt keine unnötige Gewalt oder gar Blut. Ohnehin nehmen diese Szenarien nur einen kleinen Teil in der großen Geschichte ein, die als Ganzes gesehen, ein erfreulicher Beitrag der Franzosen zum Zeichentrickfilm-Genre ist.
Denis Sasse
‘Zarafa‘
Originaltitel: Zarafa
Altersfreigabe: ab 7 Jahren empfohlen
Produktionsland, Jahr: F / BE, 2011
Länge: ca. 78 Minuten
Regie: Rémi Bezançon & Jean-Christophe Lie
Synchronstimmen: Simon Abkarian, François-Xavier Demaison, Vernon Dobtcheff, Roger Dumas, Ronit Elkabetz, Mohamed Fellag, Déborah François