Filmkritik zu ‘The Thing’

Von Denis Sasse @filmtogo

Der Ursprung war die Kurzgeschichte ‚Who Goes There?‘ des US-amerikanischen Science-Fiction Schriftstellers John W. Campbell, die 1938 veröffentlicht wurde. Nur dreizehn Jahre später inszenierte der Regisseur Christian Nyby mit ‚Das Ding aus einer anderen Welt‘ einen Klassiker des frühen Sci-Fi Films, der durch John Carpenters 1982er Neuverfilmung zu noch mehr Ruhm gelangte. In einer Zeit, wo kaum noch neue Geschichten erzählt werden und die Kinowelt von Fortsetzungen, Remakes und Prequels bevölkert wird, musste mit ‚The Thing‘ – dem Regiedebüt des Niederländers Matthijs van Heijningen Jr. – nun auch dieser Klassiker eine Vorgeschichte bekommen: Mit Mary Elizabeth Winstead, der Haarfarbe wechselnden Freundin von Scott Pilgrim in ‚Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt‘, als Hauptdarstellerin, die sich gemeinsam mit einer ganzen Mannschaft von internationalen Wissenschaftlern gegen das Biest stellt, welches 1982 bereits Kurt Russell das Leben in der Antarktis zur Hölle machte.

Dort liegt völlig isoliert inmitten des ewigen Eises die Forschungsstation Thule Station, wo eine bemerkenswerte Entdeckung gemacht wurde. Die Paläontologin Kate Lloyd bekommt die Chance, die Sicherheit ihres sterilen Labors hinter sich zu lassen um mit einem norwegischen Forscherteam am Südpol ein Raumschiff zu bergen. In dem Wrack entdecken Kate, Dr. Sander Halvorsen (Ulrich Thomsen) und Adam (Eric Christian Olsen) ein Wesen, das schon vor einer Ewigkeit ums Leben gekommen zu sein scheint. Aber diese Gefahr schläft nur und wird durch ein Experiment wieder aus dem Tiefschlaf erweckt. Gemeinsam mit dem Piloten Carter (Joel Edgerton) muss Kate nun versuchen, den hochentwickelten Parasiten zu stoppen, der jede Lebensform nachahmen kann, die er berührt hat.

Mary Elizabeth Winstead & Ulrich Thomsen

Ein Vergleich mit den vorherigen ‚The Thing‘-Versionen wäre mit diesem Prequel zu einfach, orientiert der Film sich doch sehr stark an dem selben Strickmuster wie John Carpenters ‚Das Ding aus einer anderen Welt‘, so dass manche Szenen eins zu eins übernommen wirken – dies macht sich ausgerechnet in den spannendsten Momenten bemerkbar, die nicht etwa der außerirdischen Lebensform zukommen, sondern der Zwietracht und dem Misstrauen, welches unter der Antarktis-Mannschaft durch den Körperfresser – um einen weiteren Sci-Fi Klassiker heran zu ziehen – gesät wird. Viel mehr könnte man sich auch an ‚Alien‘ orientieren, da hier versucht wird, die Hauptdarstellerin Mary Elizabeth Winstead als Heroin á la Sigourney Weavers Ellen Ripley darzustellen. Wo Ripley allerdings in der Masse der Besatzung ihres Raumschiffs untertauchen konnte und es bis zum Ende des Filmes niemals klar war, welche Figur überleben würde, steht bei ‚The Thing‘ von vornherein fest, welches Gesicht bis zum Ende mit dabei sein wird – das nagt gewaltig an der Spannung und Erwartungshaltung der Zuschauer. Aber diese werden sowieso am laufenden Band viel zu früh in Dinge eingeweiht: Viel zu schnell weiß man, dass es sich um ein Alien handelt, viel zu schnell bekommen alle Figuren dieses Alien zu sehen und viel zu schnell wird eine enthüllende Blutuntersuchung gemacht, die auf die Fähigkeiten dieses Aliens schließen lässt. Somit gibt der Film mehrere Spannungselemente auf um in ein schnelles Gemetzel wechseln zu können, welches allenfalls tricktechnisch überzeugend, aber niemals spannend daherkommt.

Adewale Akinnuoye-Agbaje & Joel Edgerton

Hinzu gesellen sich fragliche Handlungselemente, die den Film undurchdacht erscheinen lassen. Wenn das Alien versucht, die Menschen auseinanderzutreiben um sie ohne Aufsehen zu erregen töten zu können, warum beschließen die Forscher dann, in Zweierteams zu arbeiten und der Lebensform seine Arbeit somit zu erleichtern? Mit solchen Fragestellungen wird der Zuschauer geradezu bombardiert. Einzig ein kurzer Zeitabschnitt des Filmes schafft es, genügend Intensität zu entwickeln um an vorhergegangene Verfilmungen atmosphärisch anzuknüpfen. Hier spielt das Alien dann keine visuelle Rolle, sondern die Überlebenden beginnen sich gegenseitig zu verdächtigen, der Parasit zu sein. Hier treten menschliche Abgründe hervor, es bilden sich Fronten und eine interessantere Charakterstudie wird etabliert, mit der man den gesamten Film hätte füllen und damit aufwerten können.

Leider traut sich ‚The Thing‘ noch nicht einmal, die logische Konsequenz aus der Prequel-Prämisse zu ziehen. Das Ende bleibt viel zu offen, auch wenn wir den Parasiten noch in der Form sehen, wie er dann im 1982er Film auftritt. Trotz aller Anstrengungen können weder Mary Elizabeth Winstead noch die Nebendarsteller der eisigen Hölle des Drehbuchs ein wenig Wärme einhauchen. ‚The Thing‘ ist leider nur ein Neuaufguss der vorherigen Klassiker, der keine neuen Wege beschreitet, sondern sich auf altem Material ausruht.

Denis Sasse


‘The Thing‘

Originaltitel: The Thing
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 103 Minuten
Regie: Matthijs van Heijningen Jr.
Darsteller: Mary Elizabeth Winstead, Joel Edgerton, Ulrich Thomsen, Eric Christian Olsen, Adewale Akinnuoye-Agbaje