Filmkritik zu Steven Soderberghs ‘Haywire’

Filmkritik zu Steven Soderberghs ‘Haywire’

Eigentlich ist Regisseur Steven Soderbergh dafür bekannt, dass er gerne mit den Größen aus der Traumfabrik zusammen arbeitet. Für George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon konzipierte er gleich drei Filme der ‚Oceans‘-Serie. An dem relativen Schauspiel-Neuling Matt Damon hatte Soderbergh damals einen Narren gefressen: Sowohl in ‚Der Informant!‘ (2009) als auch in dem Virus-Thriller ‚Contagion‘ (2011) arbeiteten Regisseur und Darsteller erneut zusammen. Manche mögen sagen, dass Damon durch Soderbergh zu dem Status gelangt ist, den er heute in der Schauspiel-Branche inne hat. Nun wird es also Zeit für ein neues Gesicht, hat sich Soderbergh wohl gedacht und für seinen neuen Film ‚Haywire‘ die Hauptrolle mit der Schauspiel-Debütantin und Mixed Martial Arts-Kämpferin Gina Carano besetzt. Aber keine Panik, auf ein großes Staraufgebot verzichtet der Regisseur trotzdem nicht. Um seine First Lady versammelte er einen Mix aus gestandenen Hollywood-Urgesteinen wie Michael Douglas, Ewan McGregor und Antonio Banderas und noch frischen Gesichtern wie Michael Fassbender und Channing Tatum. Und sie alle haben nur eine Aufgabe: Sich von Gina Carano vermöbeln zu lassen.

Filmkritik zu Steven Soderberghs ‘Haywire’

Michael Fassbender & Gina Carano

Sie spielt die Geheimagentin Mallory Kane, die rund um die ganze Welt reist um an der Grenze zur Legalität verdeckte Einsätze für die Regierungen zu unternehmen. Diese sind bereit, den nötigen Preis für diesen gefährlichen Beruf springen zu lassen. Aber dann gerät eine Mission plötzlich aus dem Ruder. Mallory wird von ihren eigenen Auftraggebern verraten und damit selbst zur Gejagten. Im Fadenkreuz einer internationalen Fahndung kämpft sie fortan um ihr Leben. Für sie gibt es kein Zurück mehr. Aber systematisch und gnadenlos übt sie Rache an all jenen, die sie hinterhältig und eiskalt ans Messer ausliefern wollten.

Eiskalt tritt auch Gina Carano in ihrem ersten Spielfilm auf. Nicht umsonst werden die ersten und letzten Worte, die in ‚Haywire‘ gesprochen werden „Oh Shit“ sein. Soderbergh hat sich dieses Mal mit der Handlung ein wenig zurückgenommen, verfolgt geradlinig die Flucht von Mallory Kane, was in Anbetracht der harten Kampfsequenzen kein Negativpunkt sein soll. So simpel die Geschichte gestrickt ist, so unterhaltsam und atemraubend sind die Schlagabtäusche, die sich Carano mit Fassbender, Tatum und McGregor liefert – ein vierter Kampf mit Banderas wird nicht mehr gezeigt, sowohl die von dem Spanier dargestellte Figur Rodrigo als auch die Zuschauer wissen was kommt, es bedarf am Ende keiner Bilder mehr um die Geschichte zu Ende zu führen. Zwischen Verfolgungsjagten und kurzen Verschnaufpausen darf Carano also dreimal ihre Kenntnisse als Mixed Martial Arts-Kämpferin auf die Leinwand bringen – was ihren männlichen Mitdarstellern sicherlich keine Freude bereitet hat. Channing Tatum unterliegt ihr in einem herkömmlichen Cafe, Michael Fassbender nimmt gemeinsam mit Carano ein Hotelzimmer auseinander und Ewan McGregor wird an einem beschaulichen Strand, an dem er sich in Sicherheit wiegt, zum Opfer seiner kampferfahrenen Filmpartnerin. Und jedes Mal verstummt die Musik, vor geräuschloser Kulisse lässt Soderbergh die harten Schläge und Tritte wirken, die sich den Zuschauern selbst in den Magen rammen werden. Damit zeigt der Regisseur dass er schnell geschnittene Action à la Bourne und Bond auch in seinem Repertoire hat. Einzig dass es bei dem 90-Minüter wirklich nur zu drei großen Kampfsequenzen kommt ist ein Manko, denn die Zuschauer werden mehr von der Kampfesdame sehen wollen und wie sie mit den Männern umspringt, die sich ihr in den Weg stellen.

Filmkritik zu Steven Soderberghs ‘Haywire’

Ewan McGregor

Umso beeindruckender, dass sich Carano nicht nur in diesen Szenen gut verkauft. Dass sie sich prügeln kann, wird jeder Zuschauer auf YouTube nachforschen können, wo sich ihre MMA-Auseinandersetzungen wiederfinden lassen. Aber auch an der Seite von Schauspielern wie Michael Douglas oder Bill Paxton, sicherlich keine Raufbolde, geht sie nicht unter, sondern schlägt sich souverän durch. Dabei verlässt sich der Film nicht immer nur auf die Dialogszenen, sondern lässt seine Figuren für geschlagene vierzig Minuten auch schon mal ruhig sein. Ähnlich wie bei den Kämpfen, sollen hier die Bilder zum Tragen kommen. Wenig Dialog, viel zum Sehen, das war scheinbar die Devise für Steven Soderbergh.

Es ist eine kurzweilige Hetzjagd für Gina Carano, bei der sie sich für zukünftige Actionprojekte empfohlen hat. Wo eine Angelina Jolie in ‚Salt‘ noch recht unglaubwürdig und überzogen dargestellt wirkte, ist dies vielleicht genau die richtige Sparte für Carano. Dabei muss klar im Hinterkopf behalten werden, dass die Story hier nicht herausragend innovativ daherkommt, aber vor der Hintergrund des Filmes sowieso nicht weiter wichtig erscheint. Was ‚Haywire‘ leisten soll, ist die Einführung einer neuen, schlagkräftigen Dame in die Welt des Actionfilms. Und dieses Vorhaben ist gänzlich geglückt. Man schaut Carano gerne dabei zu, wie sie auf die drei Hollywood-Schönlinge Tatum, McGregor und Fassbender einschlägt. Simpel aber Effektiv, das ist ‚Haywire‘ mit einer Hauptdarstellerin, die sich nicht von der sie umgebenen Männerwelt unterkriegen lässt. Ein Vorbild für die Frauen, eine schlagkräftige Augenweide für die Männer.

Denis Sasse

Filmkritik zu Steven Soderberghs ‘Haywire’

‘Haywire‘


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