Filmkritik zu Marvels ‘Thor’

Filmkritik zu Marvels ‘Thor’

Wenn es um den Job des Regisseurs geht, hat Kenneth Branagh hauptsächlich Erfahrungen mit Shakespeare-Verfilmungen gesammelt. 1989 inszenierte er ‚Heinrich V.‘, es folgten ‚Viel Lärm um nichts‘, ‚Ein Winternachtstraum‘ und zuletzt ‚Hamlet‘. Den hier thematisierten Konflikt zwischen Vater und Sohn durfte Branagh nun in das Marvel-Comic-Universum übertragen. Mit ‚Thor‘ fügt sich ein weiterer Film in den Aufbau der ‚The Avengers‘-Verfilmung ein. Kenneth Branagh macht einen Ausflug nach Asgard, wo er Anthony Hopkins als Göttervater zwei ungleiche Söhne an die Seite stellt, die um seine Gunst buhlen.

Dabei hat sich sein Sohn Thor (Chris Hemsworth) als wagemutiger und tapferer Krieger einen Namen gemacht. Doch durch eine rücksichtslose, mutwillige Entscheidung entfesselt der arrogante Donnergott einen seit Generationen befriedeten Krieg im Götterreich. Zur Strafe wird Thor daraufhin von seinem Vater auf die Erde verbannt und gezwungen, sein Dasein unter den Menschen zu fristen. Die Wissenschaftlerin Jane Foster (Natalie Portman) und ihr Team nehmen den jungen Mann auf, der direkt vor ihren Augen wie ein Stein vom Himmel fällt. Auch die Geheimorganisation S.H.I.E.L.D. wird schnell auf den ungewöhnlichen Mann aufmerksam. Dieser hadert schwer mit seinem Schicksal und stößt bei der Suche nach seinem Machtsymbol, dem Hammer Mjölnir, immer wieder an die Grenzen der irdischen Welt. Doch dann bietet sich ihm die Gelegenheit zur Bewährung. Ein Gegner betritt die Bühne, der im Verbund mit den dunkelsten Kräften seiner Heimat Asgard steht.

Filmkritik zu Marvels ‘Thor’

Loki

‘Thor’ wirkt weitaus harmloser als andere Marvel-Verfilmungen. Wo ‚Iron Man‘ in gigantischen Metall-Materialschlachten zu überleben versucht und der Hulk ganze Städte auseinander nimmt, kommt der Donnergott in seiner Kleinstadt, in die er verbannt wurde, recht normalsterblich daher. Das mag daran liegen, dass Göttervater Zeus ihm seiner Kräfte beraubt hat, aber auch an Regisseur Kenneth Branagh, der es sich eher zur Aufgabe gemacht hat das komplizierte Dreiecks-Vater-Sohn-Verhältnis von Zeus, Thor und Loki in den Mittelpunkt zu stellen.

Dabei liefert Anthony Hopkins als Ober-Gott eine standardmäßige Glanzleistung in seinem Schauspiel ab. Während dies aber keine große Überraschung darstellt, sind es seine zwei Filmsöhne die ‘Thor’ an sich reißen. Chris Hemsworth brilliert als Idealbesetzung für den von sich selbst überzeugten und äußerst übermütigen Thronfolger Thor, der nach einer List seines Bruders Loki von seinem Vater in die Menschen-Welt verbannt wird – ohne seine Kräfte, ohne seinen Hammer Mjölnir. Derweil zeigt sich Tom Hiddleston, demnächst zu sehen in Woody Allens ‚Midnight in Paris‘ und Steven Spielbergs ‚War Horse‘, als gewiefter Schurke, der sein Netz im Hintergrund verborgen zusammen zieht und alle Figuren der Handlung wie Puppen zu dirigieren scheint. In der direkten Konfrontation zeigt er dann aber auch, dass er Thor schlagkräftig gegenüber treten kann. Damit empfiehlt sich Hiddleston bereits an dieser Stelle als Gegenspieler der Avengers, zu denen auch Thor im nächsten Jahr stoßen wird.

Zum Thema ‚The Avengers‘, wo die Marvel-Helden von Regisseur Joss Whedon (‚Buffy‘, ‚Firefly‘) zusammengeführt werden: Auch der Neuzugang Hawkeye, ein Meisterschütze mit Pfeil und Bogen, wird in ‚Thor‘ eingeführt – dargestellt von Jeremy Renner, bleibt dessen Auftritt allerdings unbedeutsam. Sein Auftreten muss als nicht mehr als ‚Avengers‘-Hype angesehen werden. Aber während ‚Iron Man 2‘ noch eine komplette Robert Downey Jr.-Show mit ständigen Bezügen zum baldigen Multi-Superhelden-Film war, bleibt Hawkeye eine der wenigen Ausflüge innerhalb des ‚Thor‘-Filmes zu der großen zusammen geschmelzten Fortsetzung.

Filmkritik zu Marvels ‘Thor’

Thor und Jane Foster

Natürlich möchte man nicht nur auf Joss Whedons Großprojekt schauen, sondern auch auf den Film, den die Zuschauer direkt vor Augen haben. ‚Thor‘ schafft es, die Welten der Menschen und Götter deutlich voneinander abzugrenzen. Während Thor auf der Erde in einem kleinen Dorf zurecht finden muss, wird Asgard als gigantische Behausung der Götter ebenso pompös und imposant in Szene gesetzt. Die Figuren bewegen sich in riesigen Hallen, reisen über ewige Brücken und tragen edle Gewänder. Hier bekommt der Zuschauer die schönsten Computer-Kulissen seit ‚Avatar‘ zu sehen. Die Handlung auf der Erde wird derweil vor allem durch Chris Hemsworth in Gang gehalten. Der gefallene Gott, der sich ohne seine Kräfte und ohne das Wissen der Menschen über die Gottheiten in Asgard, um die Wiederbeschaffung seines Hammers kümmern muss, der wie ‚Excalibur‘ in einem Stein steckt und nur von der Person herausgezogen werden kann, die wirklich seiner Kräfte verdient hat. Das Szenario ‚Gott in Menschenwelt‘ wird derweil für einige lustige Momente genutzt, in denen Hemsworth nicht nur sein ernstes Schauspiel vorzeigt, sondern auch seine komödiantisches Talent ausnutzt. Etwas deplatziert wirkt derweil die Liebesgeschichte, die der Film zwischen Thor und Jane Foster aufzubauen versucht. Diese wirkt mehr wie ein Mittel um den Film unnötig in die Länge zu ziehen. Beide Figuren werden durch diese Handlung jedenfalls nicht sonderlich weitergebracht, man spürt den Einfluss Hollywoods, der hier das Liebes-Konstrukt unbedingt einbringen wollte und eine wenig glaubhafte und unausgegorene Liebesgeschichte präsentiert.

Trotzdem darf ‚Thor‘ als ein Superhelden-Film auf guten Niveau angesehen werden. Der Film hat ohne Zweifel seine Längen, weiß aber größtenteils zu unterhalten. Zumindest hat es Kenneth Brannagh geschafft, seinen Helden filmisch zu etablieren, so dass es interessant werden wird, den willensstarken Thor auf den nicht minder von sich selbst überzeugten Tony Stark / Iron Man treffen zu sehen. Und mit Loki wurde hier einer der diabolischsten und interessantesten Superschurken der Comicverfilmungen-Geschichte geschaffen.


Filmkritik zu Marvels ‘Thor’

‘Thor‘

Originaltitel: Thor
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2010
Länge: ca. 115 Minuten
Regie: Kenneth Brannagh
Darsteller: Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Anthony Hopkins, Natalie Portman, Stellan Skarsgård, Kat Dennings, Idris Elba, Rene Russo

Deutschlandstart: 28. April 2011
Offizielle Homepage: thor.marvel.com/


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