Filmkritik zu Helmut Dietls ‘Zettl’

Filmkritik zu Helmut Dietls ‘Zettl’

Bisher war es immer der ‚Das Parfum‘-Schriftsteller Patrick Süßkind, der mit Regisseur Helmut Dietl die Drehbücher zu seinen Fernsehserien und Spielfilmen wie ‚Monaco Franze‘, ‚Vom Suchen und Finden der Liebe‘ oder ‚Rossini‘ geschrieben hat. Für sein neues Filmwerk ‚Zettl‘ holte sich Dietl mit Benjamin von Stuckrad-Barre einen neuen Partner ins Boot, der neben seinem bereits verfilmten Roman ‚Soloalbum‘ weitere Erfolge mit ‚Livealbum‘, ‚Remix‘ oder ‚Blackbox‘ feierte. Wo Stuckrad-Barre als frische Inspiration für den Regisseur herhalten sollte, hat er mit Dieter Hildebrandt (als Fotograf Herbie Fried) und Senta Berger (als Mona) zwei alte Bekannte aus seinen Tagen bei ‚Kir Royal‘ in sein Filmuniversum übertragen. Aber vergessen sind die Zeiten, in denen er die High Society in München aufs Korn genommen hat. Dieses Privileg gebührt nun der Landeshauptstadt Berlin.

Hier will der Chauffeur Max Zettl (Michael Herbig) um jeden Preis Karriere machen. Glückliche Umstände helfen ihm dabei, vor allem weil er sie zumeist selbst herbeiführt. Denn Zettl weiß, was man wissen muss und was niemand wissen darf. Mit Charme und ohne Skrupel steigt er vom Chauffeur zum Chefredakteur einer neuen Online-Publikation auf. Mit Paparazzo-Urgestein Herbie Fried, immer schussbereit an seiner Seite, nimmt Zettl die Reichen und Mächtigen aus Showbusiness und Politik ins Visier.

Filmkritik zu Helmut Dietls ‘Zettl’

Karoline Herfurth

Wenn ‚Zettl‘ etwas schafft, dann ist es die Skrupellosigkeit des Journalismus darzustellen, in welcher Form auch immer er auftreten mag. Dabei zeigt der Film, wie sehr Politik und Presse miteinander verstrickt sind und wie die Welten sich gegenseitig zu beeinflussen versuchen. Helmut Dietl wagt den Schritt aus dem klassischen Medienbild heraus und erschafft mit „The New Berliner“ den Pressewahnsinn rund um den Online-Journalismus, der härter und vor allem schneller daherkommt. Da müssen keine Schlagzeilen mehr durchdacht werden, von der einen auf die andere Sekunde können Schicksale bestimmt werden – und dass es dabei auch gar nicht mehr auf eine journalistische Ausbildung ankommt, zeigt Michael Herbig in der Rolle des Promi-Chauffeurs, der nicht einmal die Treppe hinauf steigen muss, sondern direkt ganz oben abgesetzt wird. Herbig schlägt sich charmant mit Akzent durch den Film, kann aber bei weitem nicht an seine Leistung in ‚Hotel Lux‘ anknüpfen. Die Schuld hierfür muss man allerdings nicht bei dem Schauspieler, sondern viel mehr beim Drehbuch von Dietl und Stuckrad-Barre suchen, welches die Handlung eher stockend als mit einem roten Faden präsentiert.

Filmkritik zu Helmut Dietls ‘Zettl’

Dieter Hildebrandt

Nur in den letzten Minuten schafft es der Film noch einmal ein wenig Interesse zu wecken, genau dann, wenn sich der Fokus auf eine Geschichte verlagert und nicht mehr irgendwo in den Handlungssträngen herumlungert. Bis zu diesem Moment hat man das Gefühl, dass Dietl mit seiner Handvoll Darstellern eher eine Sketchshow in Berlin inszenieren wollte, um möglichst viele Figuren in unterschiedlichen Kulissen zum Zuge kommen zu lassen. Jede Szene endet mit einem Gag, wird aber nicht fortgeführt, sondern muss der nächsten – meist zusammenhangslosen – Sequenz weichen, in der das Spiel von vorne beginnt. Bei dieser Machart entwickelt der Zuschauer natürlich wenig Mitgefühl für die Figuren, die ohnehin schon als „unschlagbar charakterlos“ interpretiert werden sollen. Leider lässt sich diese Werbefloskel auf den ganzen Film übertragen. Selten hat man sich so wenig für eine Figur von Herbig interessiert wie es bei Max Zettl der Fall ist, auch wenn der Schauspieler sichtlich versucht alles aus ihm heraus zu holen. Auch der Einsatz von den zwei ‚Kir Royal‘-Urgesteinen Senta Berger und Dieter Hildebrandt ist unnötig und trägt nichts relevantes zu dem Film bei, wobei Hildebrandts Rolle immerhin noch seinen Zweck erfüllt, Senta Berger aber durchweg belanglos bleibt – wie es vielen anderen Figuren, darunter auch Harald Schmidt, ergeht.

‚Zettl‘ hat wenig zu erzählen und weiß lange Zeit nicht, wie er das verstecken kann. Die Handlung streift ziellos irgendwo in Berlin umher. Dietl gewinnt erst so spät einen Überblick über die eigene Vorgehensweise, dass es schon zu spät ist um einen Funken der Begeisterung überspringen zu lassen. Vielleicht sollte Helmut Dietl in Zukunft wieder auf die Schreibe eines Patrick Süßkind vertrauen.

Denis Sasse

Filmkritik zu Helmut Dietls ‘Zettl’

‘Zettl‘

Originaltitel: Zettl
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: D, 2011
Länge: ca. 109 Minuten
Regie: Helmut Dietl
Darsteller: Michael Herbig, Karoline Herfurth, Senta Berger, Dieter Hildebrandt, Götz George, Ulrich Tukur


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