Filmkritik zu ‘Hell’

Wenn es um den deutschen Filmemacher Roland Emmerich geht, dann assoziiert man eher große, spektakuläre und effektgeladene Katastrophenfilme mit dem in Stuttgart geborenen Mann. Ob er zuletzt in ‚2012‘ die Welt untergehen lässt, in ‚The Day After Tomorrow‘ eine neue Eiszeit ausruft oder – wie in dem 1996er Film ‚Independence Day‘ – der Menschheit eine Meute von Aliens auf den Hals hetzt, bei Emmerich muss es krachen. Allerdings nur wenn er im Regiestuhl sitzt. Anders schaut es aus, wenn er sich als ausführender Produzent um ein Filmprojekt kümmert, wie es bei dem deutschen Endzeitfilm ‚Hell‘ der Fall war. Hier hat er den Weg frei gemacht für einen 29jährigen Jungregisseur, der vor zwei Jahren sein Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München abgeschlossen hat. Aber bereits während seiner Studienzeit hat Tim Fehlbaum für seinen Kurzfilm ‚Für Julian‘ den Hauptpreis bei den Shocking Shorts Awards erhalten. Mit ‚Hell‘ darf der junge Mann nun sein Spielfilmdebüt auf den deutschen Kinoleinwänden feiern.

Filmkritik zu ‘Hell’

Hannah Herzsprung

Seine Endzeit hat sich aus unerklärlichen Sonnenstürmen entwickelt. Die Sonne hat die ganze Erde mit ihrer entfesselten Strahlkraft in verdorrtes, lebloses Ödland verwandelt. Die Wälder sind versengt, Tierkadaver säumen die Straßen und selbst die Nächte sind eindringlich hell. Nur wer sich gegen das blendende Licht der Sonne schützt, hat eine Chance zu überleben. Wie Marie (Hannah Herzsprung), die mit ihrer kleinen Schwester Leonie (Lisa Vicari) und Phillip (Lars Eidinger) in einem abgedunkelten Auto Richtung Gebirge fährt. Dort soll es Wasser geben. Es ist eine verzweifelte Irrfahrt ins Nirgendwo. Unterwegs lesen sie Tom (Stipe Erceg) auf. Er erweist sich als perfekter Mechaniker und ist unentbehrlich für die Weiterfahrt. Doch schon bald werden die Vier in einen Hinterhalt gelockt, der den Überlebenskampf erst richtig beginnen lässt.

Es ist nicht die Atmosphäre des Filmes, die der Handlung einige Schwierigkeiten bereitet. Untypisch für den deutschen Film hat Tim Fehlbaum mit ‚Hell‘ einen Schwenk in ein selten genutztes Genre unternommen, bleibt diesem allerdings nicht immer ganz treu. Er erschafft eine leere, bedrückende Landschaft, die mit schön abgebildeten Motiven ein Lob an Kameramann Markus Förderer mit sich bringen sollte. Am Tage werden diese Bilder durch die gleißend helle Sonne in einen grellen Weißstich getaucht, bei Nacht erinnern die grau-staubigen Bilder an die Verfilmung von Cormac McCarthys ‚The Road‘.

Filmkritik zu ‘Hell’

Stipe Erceq

Während sich die erste Hälfte des Filmes mit der Irrfahrt der vier Protagonisten beschäftigt und zu einer interessanten Charakterstudie am Ende der Welt avanciert, entgleitet Fehlbaum der Film in der zweiten Hälfte. Hier finden sich die Figuren auf einem Bauernhof wieder, der von einer kannibalischen Großfamilie bewohnt wird, die aus Mangel an Vieh auf Menschenjagd geht. Zwar schaffen es einzelne Szenen dennoch zu überzeugen – wenn zum Beispiel Hannah Herzsprung an dem gemeinsamen Familienessen teilnehmen muss und eine Portion Mensch serviert bekommt – aber spätestens in einem dunklen Schlachtkeller fühlt man sich an eine Light-Version des ‚Texas Chainsaw Massacres‘ oder an den Operationsraum in den U-Bahn Schächten von ‚Creep‘ erinnert, womit der Film eine unnötige Wendung in Richtung Slasher-Horror macht.

Im Schauspiel gibt es derweil nicht viel zu beklagen. Überzeugend spielt Lars Eidinger die Figur des Phillip, der als unsicherer Angsthase die Leitung des kleinen Überlebenstrupps übernommen hat, bis ihm Tom in die Quere kommt und das Ruder an sich reißt. Die Dialoge zwischen Hannah Herzsprung und Kannibalen-Familienoberhaupt Elisabeth, dargestellt von Angela Winkler (‚Drei‘), ähneln allerdings eher einer Darbietung auf der Theaterbühne als einer authentischen Konversation zwischen Opfer und Jäger.

Man darf nicht vergessen, dass ‚Hell‘ das Regiedebüt eines Mannes ist, der mit seinen 29 Jahren noch jung und lernfähig ist. Bereits jetzt hat er sich aus dem Standardmuster des deutschen Filmes herausgewagt und eine hübsch bebilderte Dystopie entworfen, die mit nur wenigen Schwächen inszeniert wurde.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Hell’

’Hell’

Originaltitel: Hell
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: Deutschland, 2011
Länge: ca. 98 Minuten
Regie: Tim Fehlbaum
Darsteller: Hannah Herzsprung, Stipe Erceg, Lars Eidinger, Angela Winkler, Lisa Vicari

Deutschlandstart: 22. September 2011
Offizielle Homepage: hell-derfilm.de/


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