Filmkritik zu "Drei" von Tom Tykwer

Von Denis Sasse @filmtogo

Zu seinen bekanntesten Filmen gehörte sicherlich der 1998er Film ‚Lola rennt‘, in dem Schauspielerin Franka Potente in drei leicht voneinander sich unterscheidenden Geschichten durch Berlin gehetzt wurde. Es folgte die Literaturverfilmung ‚Das Parfum: Die Geschichte eines Mörders‘ von Patrick Süskind und ‚The International‘, der Eröffnungsfilm der 59. Berlinale im Jahre 2009. Mit ‚Drei‘ bringt der deutsche Regisseur Tom Tykwer nun wieder einen Film auf die Kinoleinwände, der weniger international ist als seine letzten Werke.

Seit 20 Jahren sind Hanna und Simon ein Paar. Sie leben in Berlin, nebeneinander und miteinander in kämpferischer Harmonie. Sie sind gereift, kinderlos, kultiviert und ernüchtert. Die Kulturmoderatorin und der Kunsttechniker haben vieles hinter, aber nicht mehr ganz so viel vor sich. Bis sich beide, ohne es voneinander zu wissen, in denselben Mann verlieben. Adam Born, Stammzellenforscher. Ein Mensch mit vielen Gesichtern. Er ist charmant und geheimnisvoll. Erst lässt sich Hanna mit ihm ein, wenig später auch Simon. Heimlich führen sie ihre Affären mit Adam, nicht ahnend, wie sehr das Geheimnis, das sie voreinander haben, sie miteinander verbindet.

Das langsame Erzähltempo von ‚Drei‘ beinhaltet, dass sich Regisseur Tom Tykwer reichlich Zeit für den Aufbau der Settings nehmen kann, die das Dreiergespann umgeben. Der langweilige Alltag der Simon und Hanna inzwischen umgibt, das Kennenlernen von Adam und die spätere Eskalation werden in ruhigen Bildern erzählt, die immer auch ein wenig zum schmunzeln anregen. Denn ‘Drei’ wurde nicht als schwer im Magen liegendes Drama konzipiert. Vielmehr schaffen es die Hauptakteure Sophie Rois, Sebastian Schipper und Devid Striesow ihre Figuren locker leicht durch die Welt schweben zu lassen.

Sophie Rois und Sebastian Schipper

Tykwers Welt besteht dabei nicht nur aus der Beziehung der drei Figuren zueinander. Stellenweise werden Ausflüge in andere Problematiken unternommen. Der Freitod-Wunsch von Simons Mutter, Fehlgeburten, mit denen Hanna in ihrem Leben bereits zu kämpfen hatte oder Diskussionen rund um die Stammzellenforschung, an denen Adam beteiligt ist. Jede der Figuren bringt noch weitere Probleme mit in die Geschichte, die nur am Rande abgehandelt werden. Hier hätte der Film sich sicherlich mehr Zeit nehmen können auf diese Exkurse einzugehen. Aber am Ende ist es doch nur ein Ausschnitt aus dem Leben dreier Menschen und keine Abhandlung über sämtliche Probleme die uns im Alltag beschäftigen. So können diese Abschweifungen als Vertiefungen der Charaktere angesehen werden, die aber nicht unbedingt den Film vorantreiben.

Schön sind die unverblümten Bildkompositionen. Der Sex wird nicht als ästhetisches Kunstwerk präsentiert, sondern recht real, lustvoll mit viel Liebe. Dadurch entsteht das Gefühl dass nicht der Akt, sondern die Beziehung der Menschen zueinander auch in diesen Szenen im Mittelpunkt steht. Auch der Wechsel von Simons sexueller Gesinnung, von der Hetero- zur Bisexualität, wird gar nicht so sehr in den Fokus genommen. Auch hier arbeitet Tykwer mit der Normalität, bleibt immer dem Zwischenmenschlichen treu. Den Blick abwenden wird Man(n) nur einmal, nämlich wenn auch eine Hoden-OP im kleinsten Detail zu sehen ist.

Mit ‚Drei‘ schaltet Tom Tykwer einen Gang zurück, entfernt sich ein ganzes Stück vom Mainstream und ermöglicht den Kinogängern einen wunderschönen zweistündigen Aufenthalt in den Programmkinos. Er liefert den Zuschauern charmante Figuren, viele Ausflüge in die Berliner Kulturszene und einen Film der als Gesamtpaket als Tragikomödie hervorragend funktioniert.


"Drei"

Originaltitel: Drei
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: Deutschland, 2010
Länge: ca. 119 Minuten
Regie: Tom Tykwer
Darsteller: Sophie Rois, Sebastian Schipper, Devid Striesow

"Drei" ist ab dem 23. Dezember 2010 in den deutschen Kinos zu sehen.