Filmkritik zu ‘Darkest Hour’

Filmkritik zu ‘Darkest Hour’

Was hat es nur mit dem Weltuntergang durch Alien-Invasionen am Jahresende auf sich? Mit dem Abschluss des Jahres 2010 bemühten sich die Brüder Colin und Greg Strause in der vorletzten Dezemberwoche mit ihrem Sci-Fi-Film ‚Skyline‘ ein beunruhigendes Szenario zu erschaffen, was allerdings durch viele Einzelheiten zerstört wurde: Ein schlechtes Drehbuch, merkwürdige Plot-Twists und Schauspieler, die selbst mit einer platten Geschichte sichtlich überfordert wirkten. Jetzt, ein Jahr später, wieder kurz vor dem Jahreswechsel, versucht eine weitere Alienrasse die Erde heimzusuchen. ‚Right At Your Door‘-Regisseur Chris Gorak entfernt sich dabei von einem amerikanischen Blick auf die Sicht der Dinge und siedelt seine Sci-Fi-Alieninvasion in der russischen Hauptstadt Moskau an – wenn da mal nicht Produzent und Filmemacher Timur Bekmambetov (‚Wanted‘) seine Finger im Spiel hat.

Aber schon mit den ersten Atemzügen des Filmes wirkt Moskau austauschbar, denn letztendlich wollen es sich Sean (Emile Hirsch) und Ben (Max Minghella) hier einfach nur gut gehen lassen. Dass sie ganz nebenbei noch ein sehr viel Geld einbringendes Projekt abschließen wollen, ist eine geschäftliche Randnotiz. Auch Natalie (Olivia Thirlby) und Anne (Rachael Taylor) sind für ein paar Tage in Moskau um sich zu amüsieren. Alle vier treffen in einem Szeneclub der Stadt aufeinander, als eine fremde Intelligenz vom Himmel fällt und die Menschheit angreift. Sie reißt die Kontrolle über die Elektrizität an sich und setzt diese als tödliche Waffe ein. Durch die Flucht in den Moskauer Untergrund gelingt es den Urlaubern zunächst zu überleben. Doch als sie Tage später ihr Versteck verlassen, hat sich die Metropole in eine Geisterstadt verwandelt. Die für Menschenaugen nicht sichtbaren Aliens sind noch immer da und der Gruppe bleibt nur eine Chance: Sie müssen andere Überlebende finden, um sich dem Kampf gegen die fremde Macht stellen zu können.

Filmkritik zu ‘Darkest Hour’

Joel Kinnaman, Rachael Taylor, Emile Hirsch, Max Minghella, Olivia Thirlby (v.l.n.r.)

Der Vergleich mit dem letztjährigen Sci-Fi-Film ‚Skyline‘ ist gar nicht so weit hergeholt. Im damaligen Film der Strause-Brüder wurden imposante, blaue Lichtsäulen über Los Angeles verteilt, die Menschen in die Raumschiffe der Aliens sogen. In ‚Darkest Hour‘ ist die Farbgebung eher orangener Natur, denn so sehen die kleinen, pollenartigen Wesen aus, die zu Beginn des Filmes auf Moskau hinunter fallen. Viel mehr bekommt man von ihnen zunächst auch nicht zu sehen. Elektrische Blitze fungieren ihnen wie Greifarme, wenn ein Mensch ihnen zu nahe kommt, wird er zu Staub gemacht. Ein Faktum, welches die Bevölkerungsdichte recht schnell minimiert. Dennoch können diese neuartigen Aliens nicht davon ablenken, dass hier das altbekannte Schema F abgespult wird. Die Aliens landen, die Aliens greifen an und eine Gruppe von Menschen versucht zu überleben – da muss nicht nur ‚Skyline‘ als Vergleich herhalten, dasselbe funktioniert auch mit ‚Cloverfield‘ und ‚Independence Day‘, beide jedoch weitaus besser inszeniert.

Erfrischend wirken hingegen die Schauspieler, zumindest Emile Hirsch (‚Milk‘, ‚Speed Racer‘) und Olivia Thirlby (‚Juno‘, ‚Freundschaft Plus‘), denen hier die Verantwortung zugesprochen wurde, die Hauptprotagonisten des Filmes darzustellen. Sie holen aus dem Drehbuch das Beste raus, was es dort rauszuholen gibt. Unverständlich ist der Einsatz von Zeitlupen-Sequenzen, die offenbar dazu dienen sollen, die Dramatik und Trauer zu transportieren, die stellenweise vom Film eingefordert wird. Diesen technischen Eingriff müssen allerdings auch nur Hirsch und Thirlby über sich ergehen lassen, womit der Film noch einmal vorzeitig klar stellen möchte, um welche Figuren man sich keine Angst zu machen braucht. Die übrigen Charaktere bilden ein buntes Bild an Stereotypen, vom Arschloch, das seine eigene Freundin opfert um zu überleben bis zur hysterischen Zicke, die durch ihre Gemütszustände alles immer noch schlimmer macht als es ohnehin schon ist.

Filmkritik zu ‘Darkest Hour’

Emile Hirsch

Und dann wäre da noch die Location. Wenn die Idee, die amerikanischen Urlauber in Moskau den Terror erleben zu lassen, gut umgesetzt worden wäre, hätten die Zuschauer sicherlich Spaß gehabt an schönen Bildern der russischen Metropole. Einige wenige davon bekommt man auch zu sehen, seien es anfängliche Zusammenschnitte der nächtliche Clubszene der Stadt oder die spätere Flucht durch die zerstörten Häusergassen. Allerdings halten sich die Figuren viel zu lange an Orten auf, die überall auf der Welt ähnlich aussehn. Ein U-Bahn Schacht, ein Einkaufszentrum – hier macht der Film viel zu wenig aus dem Setting, mit dem er so sehr angepriesen wurde: Moskau steht keinesfalls im Mittelpunkt, der Film hätte genauso gut in New York, Berlin oder Madrid spielen können, es hätte nichts an der Atmosphäre geändert. Wo es an der Atmosphäre fehlt, kann der Film immerhin durch seinen Spannungsaufbau punkten. Aber das ist auch nicht so schwer bei einem Gegner, den die Protagonisten und damit auch die Zuschauer, die sich mit in die Rolle der Opfer einfügen dürfen, nicht sehen können. Nur durch das Anspringen von elektrischen Geräten machen sich die Außerirdischen bemerkbar. Schnell kommt man auf die Idee, Glühbirnen zu Alarmanlagen umzufunktionieren. Das Unsichtbare und nicht Wahrnehmbare ist seit jeher ein Mittel zur Angst- und Spannungserzeugung, wodurch der Film auch hier ein funktionierendes Schema verfolgt – keine Neuerfindung, in diesem Fall aber durchaus effektiv.

Damit ist ‚Darkest Hour‘ eine kleine Weiterentwicklung zu ‚Skyline‘ gelungen. Aber zu sehr mag man sich nicht in solchen Vergleichen verlieren – immerhin wird es nicht jeden in die Kinos getrieben haben um sich zur Weihnachtszeit einen Film anzusehen, in dem die Menschen reihenweise von Alienkreaturen ermordet werden. ‚Darkest Hour‘ baut auf seine Spannungselemente, die gut umgesetzten Spezialeffekte und seine Darsteller um als halberwachsener Science-Fiction-Film zu überzeugen. Hätte sich Regisseur Chris Gorak noch mehr als durch den bloßen Locationwechsel von typischen Hollywoodproduktionen entfernt, hätte der Film ein Vorzeigebeispiel für das Genre werden können. Die Idee war da, die Darsteller haben funktioniert und Moskau hat sich als Schauplatz angeboten – ohne gute Kamerabilder, gutes Drehbuch und Originalität konnten diese guten Zutaten jedoch nichts daran ändern, dass es dem Gesamtkonzept dennoch an Überzeugungskraft fehlt.

Denis Sasse

Filmkritik zu ‘Darkest Hour’

‘Darkest Hour‘

Originaltitel: The Darkest Hour
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 89 Minuten
Regie: Chris Gorak
Darsteller: Emile Hirsch, Olivia Thirlby, Max Minghella, Rachael Taylor, Joel Kinnaman, Veronika Ozerova, Dato Bakhtadze, Vladimir Jaglich


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