Filmkritik zu ‘Breaking Dawn – Teil 1′

Von Denis Sasse @filmtogo

Im Februar 2009 erschien in Deutschland der letzte Band der Twilight-Saga der US-amerikanischen Schriftstellerin Stephenie Meyer. Hierzulande als ‚Bis(s) zum Ende der Nacht‘ bekannt, kommt in diesen Tagen das Finale der Verfilmungsserie unter dem Originaltitel ‚Breaking Dawn‘ auf die Kinoleinwände. Das soll aber noch nicht das endgültige Ende um Bella Swan, dem Vampir Edward und Werwolf Jakob sein, denn ähnlich wie zuletzt bei ‚Harry Potter und die Heiligtümer des Todes‘ erlebt das Kinopublikum die finale Geschichte in zwei Episoden.

Regisseur Bill Condon, der die Arbeit an der Twilight-Saga von Catherine Hardwicke (‚Twilight‘), Chris Weitz (‚New Moon‘) und David Slade (‚Eclipse‘) übernommen hat, wird die Ehre zuteil, die Hochzeit von Bella und Edward zu inszenieren. Nachdem die Feierlichkeiten auf dem Anwesen der Cullens vorüber sind, reist das frischvermählte Paar nach Rio de Janeiro und verbringt dort ihre Flitterwochen. Auf einer einsamen Insel geben sie sich endlich ihren so lange unterdrückten Leidenschaften hin. Schon kurze Zeit später muss Bella entdecken, dass sie schwanger ist. Doch das Baby scheint nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihr Leben zu gefährden. Während der verhängnisvollen Geburt erfüllt Edward schließlich Bellas Wunsch unsterblich zu werden, um sie vor dem Tod zu bewahren.

Edward & Bella auf ihrer einsamen Insel

Ein Traum in Weiß, den Regisseur Bill Condon zu Beginn in Szene setzt – gleich ob in einem blutdurchströmten Alptraum oder in der Realität, wo Weidenbäume die Hochzeitskulisse romantisieren. Treue Twilight-Anhänger sollten sich von diesen Bildern allerdings nicht täuschen lassen. Condon orientiert sich mit Bellas Schwangerschaft eher beim Körperhorrorfilm eines David Cronenberg als an emotional aufgeladenen Bildern wie in vergangenen Verfilmungen dieser Serie. Der Nicht-Fan bekommt dadurch weitaus weniger von dem romantischen Spannungsfeld der Dreieckskonstellation Bella, Edward, Jakob zu sehen und darf sich an blutigen Szenarien erfreuen, sowie an einem gut durchdachten Drehbuch, welches die filmische Umsetzung nicht so endlos lang erscheinen lässt, wie es bei den Vorgängerfilmen der Fall war.

Auf der Ebene der schauspielerischen Leistung hat sich derweil nicht sehr viel getan, auch wenn man Kristen Stewart und Robert Pattinson deutlich ansieht, dass sie sich mehr Mühe geben als ein Taylor Lautner, der immer noch mit Gesichtsstarre und bäuerlicher Tumbheit durch das Bild stapft. Die überzeugendsten Szenen dürften die Momente sein, in denen er in Wolfsgestalt mit den anderen Tieren des Rudels kommuniziert. Auch wenn die am Computer entstandenen Werwölfe immer noch keinen überzeugenden Realismus darbieten, ist es doch weitaus angenehmer Jakob in dieser Form auf der Leinwand zu sehen. In seiner menschlichen Gestalt, muss dann auch einmal die Frage gestellt werden, ob Lautner inzwischen in seinen Verträgen eine Oben-Ohne-Klausel einbauen lässt, die es ihm erlaubt, in den ersten Szenen eines Filmes seinen Oberkörper zu entblößen – was sowohl in ‚Atemlos‘ der Fall war, wo er einen Ausflug aus dem Twilight-Franchise heraus gewagt hat, aber auch hier wieder zu sehen ist, wenn Jakob gleich in der ersten Sequenz sein Hemd vom Körper reißt um durch den Regen zu rennen um seiner Wut über die bevorstehenden Hochzeit Ausdruck zu verleihen.

Jakob schützt die Cullen-Familie

Ebenso plakativ wie Lautner hier als Teenie-Sexsymbol aufgebaut werden soll – Edward ist nun immerhin verheiratet, Jakob bleibt erst einmal Single – muss man sich mit den Motiven der Heirat und der anschließenden Geburt auseinandersetzen, die mit einer Holzhammer-Akrobatik als schändliche Laster dargestellt werden, die von Monstern und Sündern praktiziert werden. Wenn Bella und Edward wilden, unbändigen Sex haben, der für die beiden zwar schön ist und sie im siebten Himmel schweben – ihr Bett wird zerstört und Bella wacht umringt von Daunenfedern auf – so sehr müssen sie dann auch mit den grausamen Folgen leben. Die Schwangerschaft, Abtreibung unmöglich, wird zur ungeplanten Last gemacht, die den Sündern ihre Bürde auferlegt. Nicht anders verhält es sich mit der Geburt selbst, die zur martialischen Körperanstrengung wird. Das Monster muss raus. Und wenn Bella dann endlich Mutter ist, muss sie als Dämonin auferstehen. Der Mensch ist tot, das Monster geboren, die Familie, die auf Sünden aufgebaut wurde wird sich fortan mit noch viel mehr Problemen herumschlagen dürfen. Aber das ist die Geschichte, die in ‚Breaking Dawn – Teil 2‘ erzählt werden wird.

Hier bekommen Team Jakob und Team Edward aber erst einmal einen ‚Breaking Dawn‘-Film geliefert, der vorrangig durch die Verwandlung von Bella zur gebeutelten, abgemagerte und schwangeren Bald-Vampirin in Erinnerung bleiben wird. Diese Verwandlung steht im starken Kontrast zur anfänglichen Hochzeitsschnulze, die durch die weiteren Geschehnisse aber schnell in Vergessenheit gerät. Wo Kristen Stewart sicher Spaß mit dem Make-Up hatte und Robert Pattinson als Schmuse-Vampir seinen filmischen Sinn und Zweck erfüllt, muss Taylor Lautner als das wohl größte Manko des Filmes betitelt werden.

‚Breaking Dawn – Teil 1‘ ist der bisher erste Twilight-Film, bei dem man zwischenzeitlich nicht hilfeschreiend aus dem Kino rennen möchte. Bill Condon hat es geschafft, die Schnulze für Teenager zumindest ansatzweise Unterhaltsam zu gestalten. Und wer so lange im Kinosessel sitzen geblieben ist, sollte auch noch ein paar Minuten mehr ausharren – dann darf nämlich Michael Sheen als Volturi Aro noch einen Auftritt absolvieren, der dann als Überleitung zu ‚Breaking Dawn – Teil 2‘ fungiert, der uns am 22. November nächsten Jahres heimsuchen wird.

Denis Sasse


‘Breaking Dawn: Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 1‘

Originaltitel: The Twilight Saga: Breaking Dawn, Part 1
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 113 Minuten
Regie: Bill Condon
Darsteller: Kristen Stewart, Robert Pattinson, Taylor Lautner, Billy Burke, Ashley Greene, Jackson Rathbone, Peter Facinelli, Nikki Reed, Anna Kendrick, Michael Sheen