Filmkritik: MY NAME IS KHAN

Filmkritik: MY NAME IS KHANJetzt habe ich es also auch endlich geschafft, My Name Is Khan zu sehen, die lang ersehnte Wiedervereinigung von 90er-Traumpaar Shahrukh Khan und Kajol, unter Regie von Karan Johar. Und obwohl da so viele “typische” Bollywood-Romanzenelemente zusammen kommen ist My Name Is Khan sicher keine typische Bollywood-Romanze, sondern will ganz ernst Themen wie Behinderung und Religionsvorurteile angehen.
Seit letzten Donnerstag läuft My Name Is Khan auch in Deutschland im Kino, synchronisiert und gekürzt – mehr dazu dann weiter unten.

Regisseur: Karan Johar
Drehbuch: Shibani Bathija
Musik: Shankar-Ehsaan-Loy
Darsteller: Shahrukh Khan, Kajol, Jimmy Shergill
Crew: Sharmishta Roy (production design), Ravi K. Chandran (cinematography)
Erscheinungsjahr: 2010

STORY
Rizvan Khan (Shahrukh Khan) leidet unter dem Asperger Syndrom, einer leichten Form von Autismus. Weil er seiner Mutter versprochen hat, sich ein schönes Leben zu machen, reist er nach San Francisco zu seinem Bruder (Jimmy Shergill) und arbeitet als Kosmetikvertreter. Dabei lernt er die Friseurin Mandira (Kajol) kennen, die alleine ihren Sohn Sam (Yuvaan Makaar) großzieht, und verliebt sich in sie. Die beiden heiraten und führen ein glückliches Familienleben – bis der Terroranschlag vom 9.11. ihre Idylle zerstört…

REVIEW
Als vor zwei Jahren die ersten Informationen über die Story von My Name Is Khan eintrudelten, waren wir alle ein wenig verwirrt – Ist das jetzt ein Film über das Asperger Syndrom, oder über Vorurteile gegenüber dem Islam? Passt das alles in einen Film? Meinen die das ernst? Kann das

denn gut gehen? Jetzt sind wir schlauer:

Filmkritik: MY NAME IS KHAN

Ja, die haben das ernst gemeint und alles in einen Film gepackt. Und auch wenn das nicht so wirklich gut ging, kommt am Schluss ein ganz unterhaltsamer Film raus.

Die Story ist… nun ja. Nicht, dass ich von Shibani Bathija recht viel erwartet hätte, die Frau hat ja bei Fanaa schon eher Schmarrn zusammengeschustert, und Kabhie Alvida Na Kehna hat auf dem Gebiet ja auch Schwächen, aber die Story von My Name Is Khan wirkt schon besonders wie Stückwerk. Es ist ganz offensichtlich alles sehr gut gemeint, aber bei aller guter Absicht hat man sich nicht mehr viele Gedanken drüber gemacht, ob man das wirklich alles in ein Drehbuch packen soll, und ob dabei nicht am Schluss eher Quatsch rauskommt.Und so ist es nun eben, vor allem gegen Ende hin, eher Quatsch geworden.

Filmkritik: MY NAME IS KHAN

Am Anfang ist es noch eine ganz niedliche Liebesgeschichte, und es hätte als Stoff für den Film durchaus gereicht, einfach die Probleme des Familienlebens eines an Asperger erkrankten Mannes darzustellen. Aber man will hier ja mehr, und deswegen kommt noch ein ganzer Schwung anderer Themen dazu, und je mehr es werden, desto abstruser wird alles. Die Attacken auf Muslime in den USA nach 9/11 werden schon so übersteigert dargestellt, dass man sich an Filme über die Religionsunruhen der Partitionszeit erinnert fühlt, dann muss da aber auch noch ein an Hurricane Katrina angelehntes Sturmdrama rein, die Folterpraktiken der Geheimdienste, eine Terroristengruppe und eine Ladung Obama-Verherrlichung. Und das Ganze natürlich mit einer Runde Moral, aber nicht gerade der allerdifferenziertesten Darstellung der verschiedenen ethnischen Gruppen.

Auf der anderen Seite ist es immer noch ein Karan Johar Film, und egal, was für ein absurd überladenes Drehbuch er da verfilmt, ich hab keine Chance gegen seine wunderbar manipulative

Inszenierung.

Filmkritik: MY NAME IS KHAN

Also hab ich nicht nur über die Story die Augen gerollt, sondern auch mitgelitten, mitgeheult und einen Berg Taschentücher vollgerotzt. Bei Karan Johar geht das erstaunlicherweise gleichzeitig.Karan ist einfach ein guter Regisseur – in My Name Is Khan inszeniert er viel zurückhaltender und eleganter als noch in Filmen wie Kabhi Khushi Kabhi Gham mit seinen überbordenen Swoosh-Weiß-Überblenden, aber trotz der Zurückhaltung büßt sein Regiestil nichts von seiner Emotionalität ein.

Ebenfalls auf der Plus-Seite stehen die Schauspieler. Shahrukh spielt seine Behindertenrolle erstaunlich gut – man muss sich ein wenig daran gewöhnen, dann wirkt es aber bald sehr natürlich und die Manierismen lenken nicht mehr weiter von der eigentlichen Figur ab. Kajol macht sich auch sehr gut – ihre Figur geht später leider etwas unter, aber die aufgeweckte Mandira der ersten Filmhälfte ist sehr niedlich.

Filmkritik: MY NAME IS KHAN

Die bei uns nun angelaufene Kinofassung ist um etwa 40 Minuten gekürzt, soweit ich das mitbekommen habe, vor allem in der zweiten Hälfte. Während das vielleicht gar nicht schadet, aus diesem überfüllten Filmteil ein paar Elemente rauszunehmen oder abzuschwächen, dürften dadurch aber auch Probleme im Zusammenhang des Ganzen entstehen. Für ein deutsches Kinopublikum ist es aber wohl ganz gut, wenn der Film auf bei uns normale Spielfilmlänge gekürzt wird, also lassen wir das mal durchgehen.

Während die Story als ziemlich überladen und abstrus ist, ist der Rest des Films ganz gut gelungen. Fans von Shahrukh, Kajol und Karan kommen also schon auf ihre Kosten, solange man keine zu hohen Ansprüche stellt. Und für die Zukunft, Karan: Mach einen weiten, weiten Bogen um Shibani Bathija, aber mach bitte weiter, schicke erwachsene Filme zu drehen, die trotzdem ans Herz gehen.


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