Filmkritik: «Deadpool» (ab dem 11. Februar 2016 im Kino)

Es gibt Superhelden, deren Bekanntheitsgrad weit über den Kreis der eingefleischten Comicfans hinausreicht. Superman und Batman sind solche Figuren, Spider-Man mit Sicherheit auch. Deadpool hingegen ist ein Name, der dem allgemeinen Publikum nichts sagen dürfte. Jedenfalls bis jetzt, denn der Streifen Deadpool, den Fox Deutschland heute in unsere Kinos bringt, dürfte das sehr schnell ändern. Unter der Regie von Tim Miller spielt Ryan Reynolds den Merc with a Mouth in einem Film, der gleichermaßen knallhart wie witzig ist und der es versteht, sowohl die Fans der Vorlage zu überzeugen als auch jene, die erstmals mit diesem Charakter in Berührung kommen.

Filmkritik: «Deadpool» (ab dem 11. Februar 2016 im Kino)

Deadpool erzählt von Wade Wilson (Ryan Reynolds), einem Söldner, der seine Freizeit entweder in seiner Stammkneipe oder im Bordell verbringt. Er nimmt das Leben relativ leicht, as sich jedoch ändert, als er von seiner Krebserkrankung erfährt. Verzweifelt nimmt er das Angebot an, sich im Labor eines Mannes namens Ajax einer Behandlung zu unterziehen. Diese besiegt zwar den Krebs und verleiht Wilson Selbstheilungskräfte, entstellt ihn jedoch äußerlich. Außerdem sind die Motive von Ajax alles andere als selbstlos. Wilson kann fliehen, verbirgt seine abschreckende Erscheinung in einem rot-schwarzen Anzug sowie einer Maske und wird zu Deadpool, um sich an Ajax zu rächen. Außerdem will er das Herz seiner großen Liebe, der Prostituierten Vanessa Carlisle (Morena Baccarin), zurückgewinnen. Zusammen mit zwei X-Men und immer einer coolen Spruch auf den Lippen nimmt er den Kampf gegen Ajax auf.

Deadpool ist eine Figur aus dem Marvel-Universum und lässt sich im Dunstkreis des X-Men Franchises verorten. Folgerichtig fiel es in die Zuständigkeit der 20th Century Fox Studios, den sprücheklopfenden Killer, eine Mischung aus Anti- und Superheld, auf die Leinwand zu bringen. Ganz unproblematisch war das Unterfangen jedoch nicht. Wollte man der Vorlage gerecht werden, würde aufgrund ihres hohen Grads an physischer Gewalt ein Film dabei herauskommen, dem ein R-Rating sicher wäre. Studiobosse macht so eine Aussicht in der Regel nervös, denn die Teenager unter den Kinogängern fallen als Einnahmequelle bei solch einem Rating weg. Und auf deren Geld will Hollywood nur ungern verzichten. Dass die Chefetagen deshalb darauf bestehen, dass Stoffe abgemildert oder Filme solange geschnitten werden, bis schließlich ein PG-Rating herausspringt, ist absolut keine Seltenheit, weshalb die Befürchtung der Deadpool-Anhänger durchaus berechtigt war, sie könnten einen "jugendgerechten" Deadpool ohne jenen Biss zu Gesicht bekommen, dem er seine Popularität in der Comicszene verdankt. Glücklicherweise hat sich bei Fox die Erkenntnis durchgesetzt, dass die einzigen beiden Optionen darin bestehen, entweder einen knallharten Deadpool-Film (inkl. R-Rating) zu machen oder besser gar keinen. Und da "kein Deadpool-Film" keine wirkliche Option war, war der Weg frei für die ungefilterte Adaption des Stoffes.

Wie man es erwarten durfte, erzählt das Skript von Rhett Reese und Paul Wernick die Origin Story des Protagonisten. Dabei geht der Film jedoch nicht linear vor, sondern springt direkt ins Geschehen, um dann in Rückblenden zu erzählen, wie aus dem Söldner Wade Wilson der kostümierte Killer Deadpool wurde. Ist dies geklärt, folgt der Streifen anschließend Deadpools Rachemission, die in einem großen Showdown zwischen ihm und seinem Gegenspieler Ajax mündet, in den auch zwei X-Men und Ajax' Henchwoman Angel Dust involviert sind. Der Plot ist zweifelsohne dünn, trägt aber einen Film gekonnt über seine ca. 110 Minuten Laufzeit, der auf einem schmalen Grad wandelt: Zwar ist Deadpool natürlich ein Beitrag zum Genre, doch nimmt der Streifen gleichzeitig die Klischees und Konventionen immer wieder gekonnt auf die Schippe, die in der Welt der kostümierten Helden herrschen. Der Held und der Film nehmen sich nicht sonderlich ernst, Gewaltdarstellungen werden immer wieder ironisch gebrochen und gelegentlich wendet sich Deadpool sogar direkt an die Zuschauer. Nicht einmal die vierte Wand ist vor seinem großen Mundwerk sicher.

Reynolds hatte bereits 2009 in X-Men: Origins: Wolverine Deadpool gespielt. Doch seinerzeit war die Darstellung der Figur deutlich hinter den Erwartungen der Fans zurückgeblieben, weil zwar ihre Kampfkünste zu sehen waren, die lockeren Sprüche jedoch fehlten. In diesem Solofilm kommt nun beides zusammen. Die Action ist sorgsam choreographiert, der Humor zündet und Reynolds liefert eine Performance ab, die es schwer macht, sich jemand anderes in dieser Rolle vorzustellen. Ihm zur Seite haben die Macher Morena Baccarin als Love Interest gestellt, den Schurken Ajx verkörpert Ed Skrein. Als Vertreter der X-Men geben sich Andre Tricoteux als Piotr Rasputin/Colossus und Briana Hildebrand die Ehre, denen Gina Carano als Angel Dust das Leben richtig schwer macht. Ein guter Cast, der es jedoch schwer hat, von Reynolds nicht vor die Wand gespielt zu werden, auf dem ganz klar der Fokus liegt.

Deadpool ist ein Film, der Fans und Gelegenheitszuschauer gleichermaßen anspricht: Hart aber humorig zeigt er sich der Vorlage verpflichtet, wahrt dabei aber eine ironische Distanz zum Genre, was einer Figur, die gleichermaßen Super- wie Antiheld ist, sehr gut zu Gesicht steht. Wer rasante Action gepaart mit einem hohe Fun-Faktor sucht, ist bei Deadpool an der richtigen Adresse.

Deadpool läuft ab dem 11. Februar 2016 in den deutschen Kinos.


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