Filmkritik: Das Hochzeitsbankett (US, TW 1993)

Filmplakat

Ang Lee wirft einen ironischen Blick auf die gravierenden Ost-West-Verschiedenheiten und stachelt zum rasanten Versteckspiel der Scheinidentitäten an. Was anfangs noch witzig und ulkig anmutet, eskaliert spätestens ab dem titelgebenden Hochzeitsbankett, das mit grotesk-übertriebener Ausgelassenheit gleichzeitig anwidert und fasziniert. Aus der screwballesken Komödie wird ein tragisches Drama, eine fesselnde Maskerade der Erwartungen und Hoffnungen, angetrieben durch einen Motor der Manipulation. Lediglich die auf Englisch stattfinden Passagen sind ehrlichen Charakters – ist man nur in der kulturellen Ferne in der Lage, die [persönliche] Wahrheit zu finden? Mit viel Feingefühl setzt der berühmte Autorenfilmer die zärtliche Beziehung des homosexuellen Paares in Szene, präsentiert sie als widerstandsfähige Kämpfer gegen die damaligen Konventionen. Familien- und Gesellschaftsstrukturen werden scharfsinnig analysiert; ein pikantes Beziehungs-Potpourri aus China, Taiwan und dem vermeintlich liberalen Amerika kreiert. Der seinerseits gebürtige Taiwanese behandelt die universellen Themen der Kommunikations-, Kultur- und Gesellschaftsdifferenzen, welche er gnadenlos ad absurdum zu führen scheint, obwohl sie meist der traurigen Realität entsprechen. Wenngleich im Gesamtbild noch etwas inhomogen wirkend, ist „Das Hochzeitsbankett“ ein irrwitziger, satirischer und zugleich todernster Blick auf die moderne Völkerverständigung und die dazugehörigen Toleranzgrenzen, der seine große Wirksamkeit aus der totalen Objektivität zehrt, was besonders dadurch verdeutlicht wird, dass sich die eine Hälfte des Publikums mit dem amerikanischen Pärchen identifiziert, während der andere Teil ausschließlich mit den asiatisch-traditionellen Eltern sympathisiert. So ist das 1993 produzierte Werk gar als gewitzter Aufklärungsfilm funktionierend, der anhand seines großen Erfolges genau die richtigen Töne getroffen zu haben scheint. Laut Ang Lee selbst lediglich die therapierende Sühne für seine eigene in New York abgefrühstückte Hochzeit und letztendlich so viel mehr als das: Die Kunst als belehrende Anleitung für ein harmonischeres Miteinander.

 Filmkritik: Das Hochzeitsbankett (US, TW 1993)8,0/10



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