Mit ‘Les Aventures Extraordinaires D’Adèle’ (Adeles ungewöhnliche Abenteuer) widmet sich Regisseur Luc Besson (‘Das fünfte Element’) dem Genre der Comicverfilmungen. In diesem Fall der gleichnamigen frankobelgischen Vorlage aus der Feder des Künstlers Jacques Tardi. Zuerst als Comicstrip in einer Tageszeitung veröffentlicht, erschien 1976 das erste Album der Reihe bei Casterman, ein auf Comics und Kinderliteratur spezialisierter Verlag in Belgien. Irgendwo angesiedelt zwischen ‘Die fabelhafte Welt der Amélie’ und ‘Indiana Jones’ spielt sich Hauptdarstellerin Louise Bourgoin als Journalistin Adèle Blanc-Sec durch ein fantastisches Action-Abenteuer.
Dieses Abenteuer verschlägt sie nach Paris des Jahres 1912. Als leidenschaftliche Reporterin und Hobby-Archäologin schreckt die kluge, mutige und abenteuerlustige Adèle vor keiner Gefahr zurück. Auch nicht vor einer Reise zum Nil, wo sie düstere Pharaonengräber, mürrische Kamele und eine geheimnisvolle Mumie trifft, die sie kurzerhand nach Paris entführt. Mit Hilfe des berühmten Professors Esperandieu soll die Mumie wieder zum Leben erweckt werden. Denn nur sie weiß um ein Geheimnis, das Adèles Schwester wieder gesund machen kann. Professor Esperandieu hat derweil aber ganz andere Probleme. Ein Riesenflugsaurier schlüpft im Naturkundemuseum aus einem 136 Millionen Jahre alten Ei und stellt ganz Paris auf den Kopf.
Mit ‘Adèle’ stellt Regisseur Luc Besson die Welten von ‘Indiana Jones’ oder vielmehr dem humoristischeren Abklatsch ‘Die Mumie’ oder aber auch den ‘Tomb Raider’ Verfilmungen auf den Kopf. Schrill und schrullig, wie man es vom französischen Filmen wie ‘Die fabelhafte Welt der Amelie’ oder Luc Bessons eigenem Werk ‘Angel-A’ kennt, kommt Schauspielerin Louise Bourgoin (‘Das Mädchen aus Monaco’) als titelgebende Heldin daher und schafft es zumindest auf europäischer Ebene ihren Hollywoodebenbildern das Wasser zu reichen. Dabei sollte bewusst im Hinterkopf behalten werden, dass es sich hier keinesfalls um Vorbilder handelt, sind Figuren wie Indiana Jones, Lara Croft oder Brendan Frasiers Rick O’Connell aus ‘Die Mumie’ doch weitaus später entstanden als Adèle Blanc-Sec. Sie hat es nur eben etwas später auf die Leinwand geschafft.
Nun darf man aber auch nicht mit den falschen Erwartungen an diese Verfilmung herangehen. Luc Besson ist spätestens seit ‘Arthur und den Minimoys’ ein Filmemacher, der bewusst darauf bedacht ist mit kindlichen, verspielten Inszenierungen die Leinwand zu bevölkern. Nuanciert setzt er erwachsene Momente ein, in denen man eine erotische Adèle zu sehen bekommt. Oder aber der Film rutscht mit einer Sarkophag-Fahrt, die an Indiana Jones’ jüngstes Erlebnis in einem Kühlschrank erinnert, ab in ein actionbetontes Abenteuerspektakel. Weitaus mehr bekommt man aber fantastische Momente geliefert, die eher an ein verrücktes, abgedrehtes Märchen erinnern.
Hauptdarstellerin Louise Bourgoin hat dabei zwar noch keine lange Filmografie vorzuweisen, gibt sich in ihrer Rolle als Adèle aber facettenreicher als manch ein erfahrenerer Kollege ihrer Berufsklasse. Das spiegelt sich nicht nur in den über ein Dutzend Kostümen wider, die Bourgoin innerhalb des Filmes tragen darf, sondern auch bei der Darstellung der unterschiedlichsten Charakteristika der Figur. So sehen wir sie als selbstbewusste, junge Dame die ihrer Zeit weit voraus ist. Sie bestreitet ihre eigenen Auseinandersetzungen und lässt sich keine Vorschriften machen, sie ist abenteuerlustig, sie ist neugierig, wirkt manchmal aber auch ein wenig eingebildet und zickig. Eine Frau mit Ecken und Kanten. Aber auch die andere Seite kommt gut zur Geltung. So sehen wir sie verletzlich, empfindsam und am Rande der Verzweiflung. Damit muss man Bourgoin neidlos anerkennen, dass sie den Film auf ihren alleinigen Schultern zu tragen im Stande ist.
Aber auch Besson gebührt diese Anerkennung, hat er sich doch auf das Wagniss eingelassen, dieses unverbrauchte, frische Gesicht in einer solch wichtige Rolle zu platzieren. Die Rolle als Adèles Gegenspieler Dieuleveult übernimmt Matthieu Almaric, der weltweite Bekanntheit erlangt hat durch seine Darstellung des Dominic Greene, dem Böseeicht in ‘James Bond: Ein Quantum Trost’. Hinter einer grotesken Maske und im Originalton mit verstellter Stimme fällt es dann aber schwer ihn überhaupt zu erkennen. Hier sollte man auch vielmehr seinen Kindern danken, die den Schauspieler davon überzeugen mussten das Rollenangebot zu akzeptieren, lehnte er doch zuerst mit der Begründung ab, er wolle sich erst einmal von der Schauspielerei distanzieren und sich selbst im Regiestuhl ausprobieren.
Mit ‘Adèle’ liefert Luc Besson einen hervorragenden Abenteuerspaß mit französischen Flair. Es dürfte nicht zuviel verraten sein, wenn gesagt wird, dass der Film ein offenes Ende oder einen neuen Anfang präsentiert und somit der Weg geebnet ist für weitere Abenteuer der Comicheldin. Da dieser erste Film aber auch nur auf zwei von insgesamt bisher neun erschienene Bänden basiert – ein zehnter und letzter wird bald folgen – gibt es noch genug Vorlagen um hier mehrere filmische Ausflüge der Adèle Blanc-Sec zu inszenieren.
Denis Sasse