Paul Newman ist in Haie der Großstadt ein wunderbar süffisant grinsender Abzocker, der mit seinem verschmitzten Lausbuben-Lächeln versucht vom kleinen Gauner in die große Liga der Pool-Billard Spieler aufzusteigen um dort sein Geld zu machen. Der 1961er Film von Robert Rossen basiert auf dem 1959er Roman The Hustler von Walter Tevis und bekam später noch das Remake Cincinnati Kid mit Steve McQueen und Poker statt Pool.
Hier nun spielt aber Newman die Hauptrolle des “Fast Eddie” Felson, der einmal quer durchs Land reist nur um den legendären “Minnesota Fats” (Jackie Gleason) im Pool-Billard herauszufordern. Als er ihn trifft, will er ihn um 10.000 US Dollar erleichtern. Die beiden Spieler starten mit kleinen Summen, steigern sich aber recht zügig in höhere Regionen, leeren dabei eine Flasche Bourbon und bleiben viele Stunden an einem Billardtisch kleben, bis sich Eddie geschlagen geben muss.
Während er später an einer Bushaltestelle auf die Alkoholikerin Sarah Packard (Piper Laurie) trifft, die sich von ihrem Vater finanzieren lässt und zwei Tage in der Woche zum Spaß aufs College geht, plant er zugleich eine Revanche bei “Minnesota Fats” einzufordern und doch noch den großen Gewinn aus der Partie herauszuziehen.
Haie der Großstadt
" data-orig-size="1000,416" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />„Fast Eddie“ (Paul Newman) mit Sarah (Piper Laurie)
Fernab vom großartigen Schauspiel und der fokussiert erzählten Geschichte fällt bei Haie der Großstadt zuallererst die Kameraarbeit von Eugene Shuftan auf, der zu Recht mit einem Academy Award belohnt wurde. Seine schwarz-weißen CinemaScope Aufnahmen wirken unfassbar auf das Geschehen fixiert, zugleich wird aber das gesamte Umfeld in den Fokus genommen. Alles sticht klar hervor, nichts scheint im Hintergrund zu passieren. Was im Bild ist, ist auch relevant. Was im Bild ist, wird auch so von der Kamera hervorgehoben, als sei es relevant, auch wenn es das mal nicht ist.
Die Kamera ist alles andere als langweilig oder einfallslos. Immer wieder wird aus anderen Winkeln geschossen und kreativ eine Szene vor uns aufgebaut. In 1986 hat Paul Newman in Die Farbe des Geldes für Regisseur Martin Scorsese nochmal “Fast Eddie” gespielt und Tom Cruise als seinen Pool-Billard Nachfolger auserkoren. Hier kamen dann aber die Farben ins Spiel und diese zwielichtige Ganoven-Welt wirkt auf einmal viel zu hell und zu lebendig für die trübselige Dunkelheit einer herunter gekommenen Billard-Kaschemme.
Die Farblosigkeit, die smoothe Musik, die Arbeit mit der Kamera – das alles sind Werkzeuge, die Haie der Großstadt zu seiner jazzigen Noir-Atmosphäre verhelfen.
Dazu passt, dass es nicht um den Sieg eines Mannes geht, sondern ganz wie im Film Noir typisch, um dessen Niederlage in einfach allem. Paul Newman spielt seinen “Fast Eddie” mit vollem Enthusiasmus, muss sich aber vom Pool, vom Leben und vom Fehlen seines guten Charakters besiegen lassen. Haie der Großstadt ist einer der wenigen Filme, in denen der Protagonist zwar gewinnt, sich hierzu aber geschlagen geben muss – er muss die Realität anerkennen und seine Träumereien aufgeben.
Piper Lauries Sarah kommt dabei wie eine äußerst starke Frau daher, die weiß, wie man sein Leben aufgibt und die jede Situation mit trockenem Realismus kommentieren kann. Dann ist sie eben eine Alkoholikerin, die sich an Bushaltestellen herumtreibt, wenn sie nachts nicht schlafen kann. Und jeden Dienstag und Donnerstag geht sie zum College, weil warum eigentlich nicht?
Haie der Großstadt
" data-orig-size="1000,423" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />„Minnesota Fats” (Jackie Gleason)
Bei dem ersten Verdacht eines Kusses durch Eddie dreht Sarah sich von ihm weg. “Du bist zu hungrig” sagt sie ihm ins Gesicht. “Schau, ich hab meine Probleme und ich glaube du hast auch einige davon, deshalb ist es vermutlich besser wenn wir voneinander ablassen”. Berechnend kalkuliert sie das Risiko, dass ihr von der Realität mitgeteilt, von Eddie in diesem Moment aber noch nicht erkannt wird.
Haie der Großstadt zeigt sich Schauspielerisch und in seiner Inszenierung äußerst stark und gibt uns einen Paul Newman, der mit voller Kraft voraus seine Karriere in Schwung bringen wollte – und das auch getan hat. Seltsam ist nur, dass er seinen Oscar für “Fast Eddie” in Martin Scorseses Die Farbe des Geldes erhalten hat. Eigentlich hätte ihm die Goldfigur bereits für diesen Film gebührt.