Filme ohne Farbe: DER HIMMEL ÜBER BERLIN (1987) von Wim Wenders

Ein Engel, der wie Privatdetektiv Philip Marlowe nach einem anstrengenden Tag nach Hause kommen möchte um seine Katze zu füttern. Wem das noch nicht philosophisch genug ist, dem werden noch allerlei mehr solcher Gedankenwelten in Wim Wenders’ Der Himmel über Berlin begegnen. Das Drehbuch von Wenders und Peter Handke zeigt Anleihen an Rainer Maria Rilke und gibt sich mehr wie ein Gedicht oder ein Song, als das wir uns wirklich wie in einem Film fühlen würden. Und das ist wunderschön.

Mehr als ein Jahrzehnt später wurde Der Himmel über Berlin mit weniger Tiefe und mehr Schmalz als Stadt der Engel nachgedreht. Wo das Original von Wenders uns mit Ideen, mit Ansätzen und Gedanken allein lässt, wird uns im US-Remake allerhand erklärt und vor die Füße geworfen. Spätestens hier sollten wir merken, wie sehr wir in den Originalfilm eintauchen und davon schweben können.

Wir folgen den beiden Engeln Damiel (Bruno Ganz) und Cassiel (Otto Sander), die unsichtbar den Gedanken der Menschen auf Erden zuhören. Darunter ein alter Mann, der den Holocaust überlebt hat und Eltern, die sich um ihren Sohn sorgen. Oder aber Menschen, die in einem Stau festsitzen sowie ein  junger Mann, der sich selbst das Leben nehmen will. Niemals können die Engel wirklich eingreifen und das Schicksal dieser Menschen ändern. Sie können nur Hand anlegen und versuchen, ihre Gedanken in bessere Richtungen zu lenken.

Filme ohne Farbe: DER HIMMEL ÜBER BERLIN (1987) von Wim Wenders

Der Himmel über Berlin

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Engel Damiel (Bruno Ganz) hört sich die Gedanken von Artistin Marion (Solveig Dommartin) an.

Der Himmel über Berlin beschäftigt sich mehr mit dem “sein” als mit dem “handeln”, wechselt aber in die Welt des Handelns, wenn Engel Damiel sich entschließt, seine Flügel aufzugeben um ein Mensch zu werden. Diese Entscheidung trifft er, nachdem er sich in die Zirkus-Akrobatin Marion (Solveig Dommartin) verliebt. Wenn er auf einen amerikanischen Schauspieler (Peter Falk als er selbst) trifft, der die Anwesenheit von Engeln spürt, sie aber wie alle anderen Menschen nicht sehen kann, stößt Damiel auf ein Geheimnis, das ihm bei seinem Wunsch nach Menschlichkeit helfen könnte.

Bruno Ganz verleiht seiner Figur genau den richtigen Ausdruck. Er spielt seinen Engel als ein Geschöpf, das die Menschheit seit vermutlichen vielen Jahrhunderten beobachtet, vielleicht gar seit Anbeginn der Zeit. Er hat alles gesehen. Er muss keine überraschenden Reaktionen und Emotionen zeigen, obwohl er es gerne würde. Aber wie geht das eigentlich?

Nicht nur den Menschen, denen Wim Wenders seinen Film gewidmet hat, folgen wir in ihren Gedanken, in ihrem Schwelgen über das Leben, sondern auch den Engeln. Niemand spricht wirklich miteinander, alle sind in sich gekehrt. Wir hören die Stimmen oder Gedanken aus dem Off, was neben der Atmosphäre von Traurigkeit und  dem Verlangen nach mehr von irgendwas, auch eine immense Stimmung von Isolation aufkommen lässt.

Das immer wiederkehrende Einsamkeitsgefühl der Großstadt wird von Wenders, vor allem aber von seinem Kameramann Henri Alekan wunderschön eingefangen. Die Kamera schwebt wie die Blicke der Engel über der Stadt. Immer wenn wir durch ihre Augen sehen, erscheint uns Der Himmel über Berlin in Schwarzweiß. Manchmal wechselt der Film in die Perspektive von sterblichen Menschen, dann werden die Bilder in Farbe getaucht, wodurch die Wahrnehmungen stark kontrastiert werden.

Gerade weil der Film keiner geradlinigen Story folgt, ist er so faszinierend. Immer wieder wechseln wir den Schauplatz und finden uns bei einem anderen Menschen wieder. Der alte Mann nimmt eine zentrale Rolle ein, wie er darüber sinniert bald sterben zu müssen und mit ihm ein Geschichtenerzähler verloren geht, der den Holocaust miterlebt hat. Peter Falk streift über das Set eines deutschen Kriegsfilms. Er gibt gute Ratschläge, trägt einen langen Mantel als wäre er wieder Columbo. So wird er gar von den Kindern auf der Straße auch genannt. Peter Falk lebt sein Columbo-Leben wie ein Philip Marlowe, weshalb er ein so interessanter Mensch für Damiel ist.

Filme ohne Farbe: DER HIMMEL ÜBER BERLIN (1987) von Wim Wenders

Der Himmel über Berlin

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Engel Cassiel (Otto Sander)

Die Engel in Der Himmel über Berlin sitzen in manchen Momenten hoch oben auf der Berliner Siegessäule bei der krönenden Viktoria. Es sind beeindruckende Bilder von beeindruckend realistisch anmutenden Wesen, die in ihrer Existenz dazu verdammt sind, über Existenzen nachzudenken und niemals wirklich etwas zu erleben, was jenseits ihres Geistes geschieht.

Der Himmel über Berlin ist ein fabelhaftes Machwerk, das in all seiner erzählerischen Ruhe dennoch unsere Aufmerksamkeit bekommt. Es ist ein Film, der uns nachdenklich stimmt. Es ist ein Film, der gekonnt durch die Schicksale und Gedanken unterschiedlichster Menschen über das Leben nachzudenken versteht.


DER HIMMEL ÜBER BERLIN von Wim Wenders und mit Bruno Ganz ist ein Film, der in poetischen Worten über den Sinn des Lebens nachdenkt und uns mit auf eine Reise durch die Leben vieler Menschen und zweier Engel nimmt.
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