COMME UNE IMAGE
(dt.: Schau mich an!)
Agnes Jaoui (Frankreich 2004)
Im Zentrum steht der gefeierte Schriftsteller Etienne Cassard (Jean-Pierre Bacri) – im wahrsten Sinne des Wortes: Alles dreht sich nur um ihn, auch er selbst kennt kein anderes Thema. Seine Tochter, die pummelige Lolita (Marilou Berry) hat es satt, im Schatten des Über-Vaters bis zur Unsichtbarkeit zu verblassen und von niemandem, auch nicht von ihm, wahrgenommen zu werden. So nimmt sie Gesangsunterricht bei Sylvia Millet (Agnes Jaoui), welche Lolita vom Moment an bevorzugt behandelt, da sie erfährt, wer ihr Vater ist. Das hat einen Grund: Sylvies Partner ist selbst Schriftsteller. Die Bekanntschaft mit dem grossen Cassard würde ihm sicher zu mehr Ansehen verhelfen…
Der Zirkus um Ruhm und Kunst wird hier in seiner ganzen aufgeblasenen Leere subtil entlarvt. Trotzdem ist Comme une image ein Film, wie ich ihn nicht mag! Es ist die alte Leier: Abgefilmtes Theater. Talking Heads, die pausenlos quasseln, platt abgefilmt ohne jede cinéastische Ambition. Dabei wären die Dialoge an sich ja gar nicht schlecht, im Gegenteil; als Theaterstück würde ich diese Intellektuellen-Entlarvung durchaus goûtieren. Aber so? Film muss mehr sein als das blosse Abbilden von sprechenden Schauspielern – da können die noch so gut sein!
Kurz und bündig: Ein intellektuelles Vergnügen, das derart einfallslos und langweilig verfilmt wurde, dass sich dessen Reiz ziemlich schnell verflüchtigt.
6/10
TENKU NO SHIRO RAPYUTA
(dt.: Das Schloss im Himmel)
Hayao Miyazaki (Japan 1996)
Der erste offizielle Film des Ghibli-Studios.
Nachdem ich den Anime Kikis kleiner Lieferservice vor ca. einem Jahr genossen hatte, war ich natürlich auf weitere Zeichentrickfilme des Regisseurs Hayao Miyazaki gespannt.
Das Schloss im Himmel ist allerdings ein ganz anderes Kaliber als der beschauliche Lieferservice: da gibt es neben ebenfalls beschaulichen Passagen Action satt: Das Militär führt schweres Geschütz auf, Kampfroboter noch schwereres, es wird gebombt und geschossen, dass es nur so dröhnt.
Ich mag mich der allgemeinen Begeisterung über dieses Werk nur sehr bedingt anschliessen, nicht nur, weil mich die über Gebühr ausgewalzten martialischen Sequenzen und die unsägliche elektonische Synthesizer-Musik stören. Die Handlung ist einfach gestrickt und Miyazaki setzt dem weder dramaturgisch noch mit einer ausgereiften Figurenzeichnung Wesentliches entgegen. Will sagen: Es ist alles in bisserl schematisch.
Es braucht schon reichlich Goodwill, um die vielzitierte Technologieskepsis, die dem Film gemeinhin angedichtet wird, auszumachen. Dafür ist das Geballer zu breit ausgewalzt und zu schön in Szene gesetzt. Man kann die entsprechenden Szenen also durchaus anderes verstehen: Als Zugeständnis ans böllerbegeisterte Massenpublikum.
Wirklich kunstvoll, und das ist die grosse Stärke des Films, sind die Bilder und die Bildkompositionen. Da folgt eine Augenweide auf die nächste, man kann sich kaum sattsehen. Es gibt Sequenzen, die einen mit ihrer leicht irrealen Stimmung völlig in den Bann ziehen.
Lange war ich hin- und hergerissen zwischen Begeisterung und Abneigung; leider überwog auf die Gesamtlänge von 124 Minuten, nach weiterem ausgiebigem Geballer das Zweite.
Was solche Bilder, gepaart mit einer guten Story hermachen, das kann man im später entstandenen Kiki bewundern. Hier ist, bis auf die Bilder, alles noch ein bisschen ungehobelt…
6,5/10
FAUST – EINE DEUTSCHE VOLKSSAGE
F.W. Murnau (Deutschland 1926)
Wenn heute ein europäisches Studio einen “Prestigefilm” dreht, der auch in Übersee Aufsehen erregen soll, dann wird er nach dem Prinzip des grösstmöglichen gemeinsamen Nenners und der grösstmöglichen Angleichnung ans US-Kino produziert; heraus kommt dabei meist ein gesichtsloses Etwas.
Murnaus Faust war ein solches Prestigeprojekt. Aber was ist dabei herausgekommen? Ein künstlerisch visionärer Film, eines der grössten Meisterwerke der Filmkunst. Keine Spur von Gesichtslos: Der persönliche Gestaltungswille, der schiere Kraftakt der Visualisierung eigener Vorstellungen, bisher nie dagewesener Bilder, der aus diesem Film spricht, ist im heutigen Kino kaum mehr zu finden. Schon gar nicht in einem “Prestigeprojekt”!
Es gibt in diesem Blog bereits einen längeren Beitrag zu Murnaus Faust, verfasst von Maria. Ich werde meine detaillierte Sicht in Kürze folgen lassen.
Faust ist übrigens ein weiterer deutscher Stummfilmklassiker, der im deutschsprachigen Raum nicht auf DVD erschienen ist…
10/10
HER NIGHT OF ROMANCE
George Sidney (USA 1925)
Die “Viererbande” George Sidney (Regie), Hanns Kräly (Drehbuch), Constance Talmadge (weibl. Hauptrolle) und Ronald Colman (männl. Hauptrolle) hatten wir schon mal: hier.
Das Quartett war mit seinen Komödien offenbar erfolgreich, denn es existieren mehrere von ihm. Her Night of Romance liegt das bessere Drehbuch zugrunde als Her Sister from Paris, es ist aber trotzdem nicht der bessere Film.
Hatte ich in meiner Rezension von Her Sister auf die Parallelen zu den Filmen Ernst Lubitschs hingewiesen, so sind solche im ein Jahr früher entstandenen Romance kaum spürbar – jedenfalls nicht, was die Regie betrifft. Sidney inszeniert hier sehr langsam, fast schwerfällig, was der gewitzten, Haken schlagenden Drehbuchvorlage Krälys entgegenwirkt. Die Komödie hebt nur sequenzweise wirklich in luftige Höhen ab, die meiste Zeit bleibt sie am Boden kleben.
Schade, denn die Sache hätte durchaus das Zeug zum Stummfilmklassiker gehabt – nicht auszudenken, was Lubitsch daraus gemacht hätte.
Die Handlung kreist um einen verarmten englischen Adligen (Colman), der sich in die Tochter (Talmadge) eines reichen amerikanischen Besen- und Bürstenkönigs verliebt und sie durch unzählige komische Missverständnisse mehrmals verliert und wiedergewinnt.
6,5/10