Die Saison läuft bereits auf Hochtouren: DFB Pokal, Bundesliga, Champions League und Europa League kommen wieder als wochenfüllendes Programm im Pay-TV. Für die einen weniger erfolgreich als für die anderen. Als Sympathisant der Königsblauen habe ich es beispielsweise gerade nicht so leicht. Ein Grund mehr, das Unvermögen meiner Fussballliebe in einer Sportsimulation auszubessern und die Mannschaft endlich mal zu einem Titel zu verhelfen. Mit FIFA 19 bittet EA nun erneut zum „Kaderupdate" für den Vollpreis zur Kasse. Aber ist das schon alles? Ich habe FIFA 19 bereits ausgiebig testen können und erzähle euch in meinem Test mehr.
Vertragsverlängerung gescheitert, es steht ein Wechsel an
Eine der größten Neuerungen ist in diesem Jahr wohl im Lizenzenbereich zu finden. Hier hat EA es geschafft, dem Hauptkonkurrenten Konami die Rechte für Champions League sowie für die Europa League wegzuschnappen. Damit hält EA natürlich auch nicht hinterm Berg. Überall in FIFA 19 sieht man die Einflüsse. Sei es im Karrieremodus mit Auslosungsanimationen, im Story Modus um Alex Hunter und Co, im Anstoß-Menü mit verschiedenen Spielmodi oder eben auf dem Feld. Banner, Hymnen sowie Kommentatoren versprühen die Stimmung der Königsklasse im Stadion und während des Spiels. Die Marketingmaschinerie funktioniert schließlich nicht nur bei der UEFA selbst, sondern halt auch bei EA und gibt einem das Gefühl zumindest digital einmal selbst Champions League-Luft zu schnuppern.
Nun aber mal von vorne: Neben Champions League und Europa League kommt nun auch die chinesische Liga hinzu. Dafür wechselte allerdings beispielsweise die Rossijskaja Futbolnaja Premjer-liga zu Konami's Pro Evolution Soccer. Aber keine Sorge, russische Mannschaften, die dieses Jahr an der CL teilnehmen, sind trotzdem dabei. Allgemein sind immer noch alle wirklich großen und erfolgreichen Ligen bei EA's Fussball Simulation lizensiert. Wie bereits anfangs erwähnt, gibt es neue Anstoss-Modi. Dabei machen spezielle Modi wie Spiele im Champions League Gewand aber nur einen kleinen Teil aus. So könnt ihr jetzt auch Heim- & Auswärtsrunden direkt hintereinander spielen, eine Best-of-Serie starten oder einmal ganz frei nach „eigenen Regeln" spielen. Wobei Letzteres auch nur ein Euphemismus ist, stehen lediglich vier verschiedene Regelwerke zur Verfügung. Darunter befindet sich zum Beispiel auch der „Battle Royal Modus", welcher viel eher als eine Art Eliminationsmodus zu verstehen ist.
Bei jedem Tor wird ein zufälliger Spieler aus der Mannschaft, welche gepunktet hat, entfernt. Wer die meisten Tore innerhalb der 90 Minuten, mit immer kleiner werdenden Team schießt, gewinnt. Zudem gibt es noch eine Art Basketballverschnitt: Treffer außerhalb des Strafraumes zählen hier doppelt. Oder ihr spielt einfach ohne Regeln und könnt euch ganz wie Sergio Ramos aufführen und einfach alles umholzen, was euch in der Quere kommt. Nette Ideen und gute Abwechslung bringt der Modus für Abende mit Freunden auf jeden Fall. In der heutigen Zeit ist es allerdings nur schwer zu verstehen, warum solche Spielmodi lediglich lokal verfügbar sind. Ein schwacher Trost ist da die Idee der portablen Spielstatistiken, wenn sich die Gastspieler ebenfalls mit ihren Accounts auf der Konsole anmelden. Eine verpasste Chance oder ein erster kleiner Zeh ins „unbekannte" Wasser? Mal sehen, wie die Community die Modi aufnimmt und ob EA vielleicht zum nächsten Teil darüber nachdenkt, die Spielmodi auch online verfügbar zu machen.
Aufsteigender Stern
Seit mittlerweile drei Jahren hat FIFA nun eine Story. Der Protagonist ist allen voran Alex Hunter, welcher in den Jahren immer mehr Zuwachs bekommen hat. In diesem Jahr spielen wir neben Alex Hunter auch noch mit Schwester Kim Hunter und Kumpel Danny Williams - über deren Werdegang wir ebenfalls entscheiden. Haben wir bereits die Geschichten aus FIFA 18 miterlebt und beeinflusst, spiegeln sich unsere Erfolge in den Dialogen von FIFA 19 wider. Ein nettes Gimmick, welches die Geschichte für uns kohärent weitererzählt. Die Geschichte ist allerdings nichts Weltbewegendes und auch FIFA erfindet sich bei der Inszenierung im Vergleich zu den vorangegangenen Teile nicht neu. Neben der „The Journey" steht für Einzelspieler wohl auch der Karrieremodus im Hauptfokus. An diesem hat sich insgesamt allerdings nicht wirklich etwas verändert. Wir können immer noch als Spieler oder Trainer eine Karriere beginnen und die Mannschaft entsprechend managen oder mit der eigenen Leistung voranbringen. Hinzu kommt in diesem Jahr lediglich die offizielle Einbindung der Champions und Europa League mit kleinen neuen Animationen im Nachrichtenbereich.
Tausche meinen Neymar gegen deinen glitzernden Ronaldo
Für Einzelspieler ist also neben dem Karrieremodus wohl wirklich „nur" die offizielle Lizenz für die UEFA Champions League und die Europa League hinzugekommen. Wenn man dann auf die wirkliche Cashcow FIFA Ultimate Team schaut, merkt man schnell, wo der Hauptfokus von EA liegt, wenn es einem ohnehin nicht vorher schon bewusst war. FIFA Ultimate Team oder kurz auch FUT hat im kompetitiven Bereich ein paar Neuerungen bekommen. Wer es geschafft hat den FUT Modus von FIFA bis heute nicht zu kennen, dem sei gesagt, dass es sich dabei um eine Art Kartensammelspiel handelt. Ihr öffnet Boosterpacks für Coins oder Echtgeld, um zufällig neue Spieler zu bekommen. Mit diesen Spielerkarten könnt ihr Handeln und euer eigenes Team zusammenstellen, um gegen Freunde oder zufällig ausgewählte, andere Spieler anzutreten. Wenn ihr online spielt, so spielt ihr nun normalerweise die neue Division Rivals, was die alte Online-Season ersetzt.
Hier werdet ihr nach fünf Spielen einer Division zugeordnet und bekommt für jedes gewonnene Spiel Punkte hinzu und für jedes verlorene Spiel Punkte abgezogen. Am Ende einer Woche wird man anhand dieses Punktestands klassifiziert. Je höher der Punktestand, desto höhere Belohnungen warten auf euch. Die Belohnungen sind entweder Spieler Packs oder Coins. Mit den Division Rivals können sich ambitionierte Spieler nun auch für die Weekend League qualifizieren. Musstet ihr in FIFA 18 noch ein KO-Turnier für die Qualifizierung gewinnen, ist dies jetzt durch mehrmaliges Gewinnen in Division Rivals-Matches möglich. In der Weekend League trifft man dann in insgesamt 30 Spielen am Wochenende auf die Crème de la Crème des FIFA. Gerade Spieler wie Latka, SaLz0r und Co treiben hier ihr Unwesen und versuchen in die Top 100 der Welt zu kommen, um sich für die FUT Champion Cups zu qualifizieren. Durch die Vereinfachung der Qualifikation und das Herabsetzen der maximalen Spiele am Wochenende, ist es nun auch nicht mehr ganz so zeitintensiv und ein wenig einsteigerfreundlicher. Wer hier allerdings mithalten will, muss schon wirklich was auf dem Kasten haben.
Für Einzelspieler hat FUT aber mit den Squad Battles auch in diesem Jahr wieder einen Grund, gespielt zu werden. In Squad Battles spielt ihr mit eurem Team gegen die Teams anderer Spieler, welche aber von der KI gesteuert werden. Genauso wie in Division Rivals könnt ihr hier Punkte für jeden Sieg einheimsen und bekommt am Ende der Woche eine entsprechende Belohnung.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Einzig und allein mit neuen Modi speist EA die Spieler natürlich nicht ab. Auch im spielerischen Bereich gibt es Anpassungen und Neuerungen. Allen voran wohl etwas, womit ich noch ein wenig auf Kriegsfuß stehe: Finish Timing. Beim Drücken der Schusstaste erscheint nun ein kleiner Balken über dem Spieler, bei dem ein Pfeil in die Mitte saust. Drücken wir nun im richtigen Moment noch einmal die Schusstaste, trifft der Spieler den Ball entsprechend besser. Drücken wir zu früh, kann es total in die Hose gehen und der Ball fliegt Richtung Eckfahne oder Stadiondach, sind wir zu spät dran, kommt noch ein recht normaler Schuss dabei heraus, welcher aber in den meisten Situationen ungefährlich ist. Angepriesen aber kaum merklich sind die 50/50 Zweikämpfe, welche dem Spieler zu besseren Zweikämpfen verhelfen soll. Was nun allerdings deutlich häufiger vorkommt sind Pressschläge, wodurch auch mal schnell ein Ball verloren geht. Dem realistischen Spielgefühl tut es auf jeden Fall gut. Im Bereich der Bewegungsanimationen hat EA noch einmal deutlich zugelegt. Die Bewegungen der Spieler sind flüssiger und realistisch. Allerdings verlangsamt sich das Spielgefühl insgesamt und macht einen weiteren Schritt Richtung glaubhafter Simulation.
Toll sind auch die neuen, taktischen Möglichkeiten. Denn gerade in Sachen dynamischer Aufstellung können Taktikfans sich hier richtig austoben. So war es früher möglich, die Mannschaft von „sehr defensiv" bis „totaler Angriff" entsprechend aufzustellen. Nun kann man diese Abstufung auch noch individuell konfigurieren. Spielt man also bei Ballbesitz mit einem 3-5-2 kann man bei Ballverlust mit einem schnellen Tastendruck auf ein 5-3-2 umstellen. Vorab hat man die Spieler bestimmt, welche sich entsprechend verschieben sollen. Auch Dinge wie frühes Pressing oder Spieler zu doppeln ist direkt konfigurierbar. Endlich! Das was Pro Evolution Soccer schon länger bietet und damit einen großen Vorsprung hatte, gibt es bei FIFA nun endlich auch.
Grafisch hat sich an FIFA 19 im Vergleich zu FIFA 18 merklich nichts verändert. Die Frostbyte Engine tut ihr Übriges. Neben neuen Animationen, Facescans der Spieler und mancher Trainer, neuer Fan Choreos und Gesängen könnte man hier wohl auch einfach behaupten, dass die 18 auf dem Cover durchgestrichen und durch eine 19 ersetzt wurde. Frank Buschmann und Christian Wolff sind auch dieses Jahr wieder als Kommentatoren tätig und haben ein paar Champions League relevante Sprüche im Repertoire. Fussballfloskeln um sich schmeißend kommentieren sie jedes Spiel weiterhin mit wenig Witz und rutschen schell wieder in Monotonie ab. Also Spotify an und Kommentatoren aus.
Fazit
FIFA 19 trumpft mit neuen Lizenzen, realistischeren Bewegungen und mehr taktischer Tiefe auf. Auch die Vereinfachung von FUT kommen den Spielern entgegen, die kein Echtgeld für neue Spieler einsetzen wollen. Ich kann FIFA dieses Mal wirklich nur wenig Negatives abringen, außer alter Schwächen wie die Kommentatoren und der nicht vorhandene grafische Sprung. Was bei mir allerdings auf völliges Unverständnis trifft, ist die Tatsache, dass all die Anstoß-Modi lediglich lokal spielbar sind. Das Timed-Finishing und die neuen Bewegungsabläufe machen das Spiel deutlich glaubhafter und vor allem selbst einschätzbarer. Dinge wie das Momentum verschieben sich gefühlt verstärkt auf den Spieler am Gamepad als auf das Spiel.