Die Europasaison der WTCC ist vorbei und damit haben wir auch sieben der zwölf Saisonläufe hinter uns. Ein passender Moment also, um ein Zwischenfazit aus der Saison 2013 zu ziehen.
Muller führt die WM so deutlich an wie nie jemand zuvor
Die wohl bedeutendste Zahl der Saison sagt schon einiges aus: Yvan Muller führt die WM mit 122 Punkten an. So einen großen Vorsprung gab es in der Geschichte der Meisterschaft noch nie, dabei stehen sogar noch fünf Läufe auf dem Programm. Theoretisch kann der RML-Fahrer den Titel schon in Sonoma, Kalifornien klar machen, beim viertletzten Rennen. So früh wurde die Meisterschaft ebenfalls noch nicht entschieden. Kein Zweifel also, dass Muller sich seinen vierten WTCC-Titel holen wird. Die Frage ist bloß, wann es feststehen wird. Obwohl diese Fakten die Saison so langweilig klingen lässt, ist das eigentlich überhaupt nicht der Fall. Das wird spätestens klar, wenn man sich die zweite Zahl anschaut. In dieser Saison gab es bisher schon sieben verschiedene Laufsieger in 14 Rennen. Auch so viel Abwechslung gab es noch nie in der Meisterschaft. Dabei wird klar: Yvan Muller ist gar nicht mal sonderlich schnell, sondern in erster Linie konstant. Der Franzose ist der einzige Fahrer dieser Saison, der bisher in jedem Rennen punkten konnte.
Mit Platz Zwei für Nykjaer hatte wohl niemand gerechnet
Michel Nykjaer — die Überraschung der Saison
Fünf Rennsiege gingen an Muller, dahinter folgt Michel Nykjaer mit drei Rennsiegen. Obwohl der Däne letztes Jahr nur einen “Zufallseinsatz” absolvierte, als er Pasquale di Sabatino im bamboo-Chevrolet ablöse, schlug er 2013 ein wie eine Bombe. Direkt beim dritten Lauf in Marrakesch konnte er sich seinen ersten WTCC-Sieg holen, zwei weitere Siege und viele weitere Podiumsplatzierungen folgten. Michel Nykjaer ist wohl insgesamt auch die größte Überraschung der Saison und der einzige Fahrer, der im Gesamtpaket halbwegs mit Muller mithalten kann. Ihm fehlen allerdings die Erfahrung und die Abgebrühtheit, die Muller aus- und zum Weltmeister machen.
Tom Chilton hatte sich mehr ausgerechnet
Tom Chilton blieb bisher eher blass
Mullers Teamkollege Tom Chilton kam bisher gar nicht gut weg. Obwohl der Chevrolet gemeinhin immer noch als das schnellste Auto gilt und die RML-Fahrzeuge den größten Vorteil von allen haben sollten, gab es bisher nur zwei zweite Plätze, einen dritten Platz und einige “kleinere” Ergebnisse in den Punkten. Das Ergebnis ist auch nur der sechste Platz in der WM, der ihn deutlich in den Schatten von Muller stellt. Zwar kann man mit einer Art Stallorder argumentieren, dass es ja klär wäre, dass Muller den Vorzug von RML bekommen würde. Allerdings kann Chilton weder mit Muller noch mit Nykjaer mithalten. Der ganz große Wurf gelang ihm bisher jedenfalls nicht. Ob er noch kommen wird, bleibt abzuwarten.
Oriola konnte endlich seinen ersten Sieg holen
Pepe Oriola — der Youngster
Ein weiterer Chevrolet-Fahrer, der bisher für Furore sorgte, ist Pepe Oriola. Der Spanier war bis Porto im SEAT unterwegs, wechselte dann zu Chevrolet, wo er das dritte RML-Fahrzeug übernahm. Pepe Oriola konnte, wie auch Michel Nykjaer, in Marrakesch seinen ersten WTCC-Sieg holen und sich zum jüngsten WTCC-Sieger der Geschichte machen. Gerade einmal 19 Lenzen Pepe Oriola, dabei ist er schon in seiner dritten WTCC-Saison. In Porto holte er zwei vierte Plätze, obwohl er den Chevrolet noch nie zuvor gefahren war. Auch wenn er nur Neunter in der WM-Wertung ist, lassen seine Ergebnisse auf mehr hoffen. Wenn man bedenkt, dass die großen Namen wie Muller und Tarquini bereits um die 50 Jahre alt sind, steht aber jetzt schon fest: Oriola ist der Star der neuen Generation.
Der Weltmeister konnte zwar siegen; mehr ist aber derzeit nicht drin
Der Weltmeister backt 2013 kleinere Brötchen
Jemand, der den umgekehrten Weg ging, war Weltmeister Rob Huff. Für RML konnte er nicht genügend Geld mitbringen, um den Privateinsatz des letztjährigen Weltmeisterteams zu stemmen, also musste ein Wechsel her. Rob Huff suchte sich also einen neuen Arbeitgeber und fand ihn in all-inkl.com Münnich Motorsport. Das Team trat zusätzlich mit den deutschen Fahrern René Münnich und Marc Basseng. 2013 ist ihre erste Saison, aber unbekannt und unerfahren sind sie dennoch nicht. Immerhin wurde das Team letztes Jahr GT-1-Weltmeister. Bisher konnte Rob Huff allerdings nur einen Laufsieg am Hungaroring einfahren und ist von der Weltmeisterschaft weit entfernt. Trotzdem konnte er sich bisher als bester SEAT-Fahrer durchsetzen.
Für Honda ist 2013 eine Saison mit Höhen und Tiefen
Honda kämpft noch mit vielen Kinderkrankheiten
Neu in der WTCC ist das Werksteam von Honda unter der Leitung von JAS Motorsport. Mit den Fahrern Gabriele Tarquini und Tiago ist man zudem auch gut aufgestellt, mit Norbert Michelisz und Zengo Motorsport konnte man sich außerdem eines der besten Privatteams für das Kundenauto sichern. Die Saison der Hondas schwankt jedoch bisher stark. Aus den letzten drei Wochenenden 2012 konnte man zwar viele Erfahrungswerte mitnehmen, doch um die WM mitreden kann Honda noch lange nicht. Neben der Pole Position und dem Laufsieg in der Slowakei gab es auch etliche technische Pannen oder Unfälle, insbesondere bei Tiago Monteiro. Zudem ist die Leistung nicht wirklich konstant; in den letzten Rennen verschwanden die Fahrzeuge oft im Mittelfeld, u.a. eben wegen der technischen Probleme. Um sich an der Spitze zu etablieren, muss die JAS-Truppe noch einen Zahn zulegen. Zusammengefasst sind die Sieger also fast alle Chevrolet-Fahrer. Dabei gibt es einige, die sich gut anstellen (Muller, Nykjaer, Oriola, Nash) und zwei, die eher enttäuschen, falls man überhaupt etwas von ihnen mitbekommt (MacDowall und Chilton). Muller hat die WM schon so gut wie sicher; Nykjaer und Oriola werden uns diese und auch die nächsten Saisons wohl noch viel Freude bereiten.